Neue Konzepte gegen Hochwasser und Starkregen

Starkregenkonzepte in saarländischen Gemeinden gefordert

Barbara Lindahl / Onlinefassung: Kasia Hummel   15.06.2024 | 12:59 Uhr

Die Jahrhundertflut an Pfingsten hat es deutlich gemacht: Hochwasserschutz ist wichtiger denn je. In vielen Gemeinden gibt es Starkregenkonzepte – allerdings vielerorts nur auf dem Papier. An der zügigen Umsetzung hapert es oft. Woran liegt das?

Das Hochwasser soll sie nicht mehr überraschen. In Marpingen begutachten Bürgermeister und Bauamtsmitarbeiter den Standort einer zukünftigen Großbaustelle. Hier soll eine aufwendige Fremdwasserentflechtung gebaut werden, damit der Ortsteil Bergweiler beim nächsten Starkregen geschützt ist. Seit Monaten planen sie, doch die Umsetzung dauert.  

„Man muss gucken, wer es finanziert und was naturschutzfachlich auch erlaubt ist“, erklärt der Marpinger Bürgermeister Volker Weber. „Wir müssen Grundstücksverhandlungen führen, damit wir überhaupt diese Maßnahme umsetzen können. Dann muss es geplant werden.“

Außerdem müsse sich ein Ingenieurbüro mit dem Thema auseinandersetzen und zusätzlich auch der Gemeinderat beteiligt werden. „Es sind auch politische Gremien mit eingebunden“, so Weber. In Deutschland dauere es an manchen Stellen etwas länger. „Das muss man ehrlicherweise zugeben.“

Alsbach verwandelte sich in einen reißenden Fluss

Unterdessen holt die Realität sie ein. Das Hochwasser an Pfingsten hat es den Marpingern noch einmal schmerzlich bewusst gemacht. Der Alsbach verwandelte sich in einen reißenden Fluss. Innerhalb weniger Stunden standen große Teile der Gemeinde unter Wasser. Einsatzkräfte und Bürger kämpften gemeinsam gegen die Wassermassen.

Nach den Aufräumarbeiten geht es im Rathaus jetzt darum, die Schäden zu beziffern. Und sie wollen endlich die Baumaßnahmen zum Schutz vor Hochwasser und Starkregen auf den Weg bringen. Für das neue Kanalsystem in Berschweiler übernimmt das Umweltministerium 80 Prozent der Kosten. Weitere Pläne liegen in der Schublade. Doch teilweise fehlt noch das Geld. 

„Es sind auch viele Maßnahmen, die man machen kann oder auch sollte. Ich kann aber nicht von heute auf morgen 200 Maßnahmen auf einmal umsetzen", erklärt Weber. Das müsste jedem klar sein.

Informationskampagne geplant

Erste Baumaßnahmen haben sie bereits in Angriff genommen. Stück für Stück wurden in den letzten zwei Jahren die Einlaufbauwerke erneuert. Deren Finanzierung kann die Gemeinde allein stemmen. Doch auch die Bürger müssten mehr eigene Maßnahmen vornehmen, sagt der Bürgermeister.

Geplant sei eine Informationskampagne, um die Menschen nochmal zu sensibilisieren und darauf hinzuweisen, dass sie auch Eigenschutz betreiben müssten, weil es ansonsten nicht funktionieren werde.

Hochwasser auch in Kleinblittersdorf Dauerthema

Auch in Kleinblittersdorf sind Hochwasser und Überschwemmungen seit Jahren ein Dauerthema. Erste Maßnahmen, um ausgespülte Bachläufe wieder zu befestigen, haben sie in den letzten Tagen bereits vorgenommen.   

Der Scherbach hatte in der Grenzgemeinde weite Teile der Elsässer Straße unter Wasser gesetzt, die gesamte Fahrbahn überschwemmt. Bei den Reparaturarbeiten versuchen sie aus früheren Fehlern zu lernen.

So wurden nach Angaben des Bürgermeisters in der Scherbachstraße die Straßenrandbereiche links und rechts wieder mit Schotter befüllt, der weggespült wurde. "Dieses Mal haben wir noch eine zehn Zentimeter dicke Betonschicht aufgebracht", so Rainer Lang. Beim letzten Mal sei noch darauf verzichtet worden, weil in diesen Straßenrandbereichen Leitungen liegen, Gas, Strom, Wasser und ähnliches.

Mehr Schutz vor Überschwemmungen

Mehr Arbeit und mehr Kosten, dafür aber mehr Schutz vor Überschwemmungen. Auch aus den Waldgebieten oberhalb der Kommune strömte das Wasser an Pfingsten ungehindert ins Ortszentrum. Bisher gibt es hier ein Staubauwerk. Das wurde bereits nach den Unwettern 2018 verstärkt, aber das reicht nicht mehr aus.

Nach Angaben der Gemeindeförsterin wird man deshalb auch im Wald tätig. "Wir stellen entsprechende Gräben und auch Retentionsbecken wieder her, um das Wasser zu halten und auch entsprechend zu lenken", erklärt Martina Herzog.

Zusätzlich soll in diesem Waldstück ein zweites Rücklaufbecken entstehen. Zusammen mit weiteren Maßnahmen im Ortsteil Bliesransbach belaufen sich die Kosten dafür auf geschätzte 1,1 Millionen Euro. Auch hier fördert das Umweltministerium. Aber die Genehmigungsverfahren sind nicht immer einfach.

„Wenn unsere Maßnahmen, so wie wir sie vorsehen, genehmigt werden, hoffe ich, dass wir auch noch in diesem Herbst mit den Maßnahmen beginnen können.“

Weitere größere Baumaßnahmen in Marpingen geplant

In Marpingen wurde bereits 2013 ein Dammbauwerk errichtet. Es ermöglicht einen kontrollierten Durchlauf des Kimp-Baches. Eine Maßnahme, die diesmal einige Ortsteile geschützt hat, aber sie wissen auch, dass das wohl nicht ausreichen wird. 

„Wir müssen davon ausgehen, dass ein Starkregenereignis immer Schäden verursachen wird. Wir können uns dagegen nicht hundertprozentig wappnen", so Marpingens Bürgermeister Volker Weber.

In Marpingen hoffen sie nun, dass das Pfingsthochwasser zumindest die Genehmigungsverfahren beschleunigt und vereinfacht. Dann sollen hier im Herbst weitere größere Baumaßnahmen zum Starkregenschutz starten.  

Über dieses Thema wurde auch in der Sendung "Wir im Saarland - Das Magazin" am 13.06.2024 berichtet.


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