Das leerstehende Pingusson-Gebäude in Saarbrücken (Foto: SR/Sebastian Knöbber)

Millionenkosten für Ausweichquartiere saarländischer Ministerien

Janek Böffel   13.10.2023 | 06:59 Uhr

Ab Anfang kommenden Jahres ist mehr als die Hälfte der saarländischen Ministerien in Ausweichquartieren untergebracht. Das Wirtschafts- und das Justizministerium residieren dauerhaft zur Miete. Jedes Jahr kostet das 5,8 Millionen Euro. Mit dem Finanzamt in seinem Ausweichquartier hinzu sind es sogar 6,9 Millionen Euro. Und der Sanierungsstau beläuft sich mindestens auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag.

Bis Anfang kommenden Jahres haben die rund 260 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Franz-Josef-Röder-Straße noch, dann müssen auch sie umziehen und ihren angestammten Arbeitsplatz verlassen. Und so mancher dürfte wohl gar nicht so unzufrieden sein, angesichts des Zustandes des Baus, in dem das Gesundheitsministerium und das auch fürs Bauen zuständige Innenministerium derzeit untergebracht sind.

Video [aktueller bericht, 13.10.2023, Länge: 3:04 Min.]
Sanierungsstau in den saarländischen Ministerien

Die neue Bleibe für die Ministeriumsmitarbeiter samt den beiden Ministern an der Spitze in der Saarbrücker Innenstadt, in den ehemaligen Gebäuden der Saarland-Versicherung, dürfte in deutlich besserem Zustand sein als das alte Ministerium. Denn das ist dringend sanierungsbedürftig. So wie es so viele im Land sind und längst auch die Gebäude, aus denen heraus dieses Land regiert wird.

Mehr als die Hälfte der Landesregierung anderweitig untergebracht

Von den insgesamt sieben Ministerien des Landes sind vier in Ausweichquartieren untergebracht oder ziehen bald um. Dazu kommen das Wirtschaftsministerium und das Justizministerium, die seit 2005 im eigens dafür gebauten Haus der Wirtschaft zur Miete sitzen.

Sanierungsstau in den saarländischen Ministerien
Audio [SR 3, Janek Böffel, 13.10.2023, Länge: 04:18 Min.]
Sanierungsstau in den saarländischen Ministerien

Addiert man alle Miet-Ministerien, kommen so 5,8 Millionen Euro jedes Jahr an Miete zusammen. Rechnet man das Finanzamt hinzu, das ebenfalls wegen dringenden Sanierungsbedarfs mit dem Finanzministerium auf den Eschberg gezogen ist, kommt man sogar auf 6,9 Millionen Euro.

Das Problem sei hausgemacht, so der Vorsitzende des saarländischen Bundes der Steuerzahler, Christoph Walter: „Das hätte nicht passieren müssen, wenn man sich rechtzeitig um dringend notwendige Instandhaltungen gekümmert hätte.“

Finanzministerium soll saniert werden

Es entbehrt dabei nicht einer gewissen Ironie, dass mit dem Finanzministerium und dem Innenministerium die Gebäude der beiden Ministerien dringend sanierungsbedürftig sind, die in den vergangenen Jahren fürs Bauen im Land zuständig waren. Wobei die Perspektiven für beide Gebäude durchaus unterschiedlich sind.

Beim Finanzministerium steht fest, dass es saniert und dann wieder Sitz des Ministeriums werden soll. Derzeit ist der denkmalgeschützte Bau aus den 1960er Jahren rundherum eingerüstet und abgesperrt, immer wieder drohten in den vergangenen Jahren Platten der Außenverkleidung abzufallen.

Die Ausschreibung für die Sanierung ist bereits erfolgt. Die Kosten dürften bei klar über 30 Millionen Euro liegen. Doch wie schnell die Arbeiten anlaufen können, ist offen. Der Mietvertrag des Ausweichquartiers im ehemaligen Telekom-Gebäude auf dem Saarbrücker Eschberg läuft über zehn Jahre.

Die Zukunft des angrenzenden Finanzamtes ist derweil ungeklärt, bisher gibt es kein Bekenntnis, auch dieses Gebäude in Schuss zu bringen.

Zukunft des Innen- und Gesundheitsministeriums offen

Genauso lange haben sich auch das Innen- und das Gesundheitsministerium in den Räumen der Saarland-Versicherung in der Saarbrücker Innenstadt eingemietet. Nachdem das Ministerium erst keine Summe nennen wollte, rückte es dann doch mit einer Zahl raus: 1,6 Millionen Euro fließen jährlich. Eine „ortsübliche Miete“ sei das, heißt es.

Doch wie es am aktuellen Standort weitergeht, ist offenbar vollkommen offen. Eine Planung könne erst durchgeführt werden, wenn Art und Umfang der Folgenutzung feststehen, heißt es, und dies sei noch nicht der Fall. Der Mietvertrag am Ausweichstandort wurde dann auch gleich über zehn Jahre abgeschlossen. Ob die beiden Ministerien zurückkehren, ist also offen.

Planmäßige Mieter

In direkter Nachbarschaft zu Innen- und Gesundheitsministerium sind das Wirtschafts- und das Justizministerium im sogenannten „Haus der Wirtschaft“ untergebracht. Es sind die beiden einzigen planmäßigen Miet-Ministerien.

Das Haus der Wirtschaft war von Anfang an als ÖPP-Projekt (öffentlich-private Partnerschaft) zur Unterbringung des Ministeriums geplant, das seit 2005 ebenso wie das Justizministerium dort residiert. Zusammen kommen beide auf jährliche Mietkosten von 2,4 Millionen Euro.

Dauerthema Pingusson

Und dann ist da noch das Bildungsministerium: das erste Ministerium, das sein Haus wegen Sanierungsbedürftigkeit verlassen musste. 2014 ist das Ministerium in der alten Post in Bahnhofsnähe eingezogen. Die jährlichen Mietkosten liegen bei 1,4 Millionen Euro.

Kommendes Jahr läuft der Vertrag aus, doch die Wahrscheinlichkeit, dass er verlängert werden muss, ist groß. Denn der eigentliche Sitz, das Pingusson-Gebäude an der Stadtautobahn, spaltet wie wenige andere die Gemüter.

„Für Ministeriumsbetrieb ungeeignet“

Dass Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD), wie schon ihr Vorgänger Ulrich Commerçon (SPD) gerne wieder dort einziehen würde, ist kein Geheimnis. Doch das geschichtsträchtige Gebäude, einst Sitz der französischen Botschaft im Saarland, zerfällt zusehends. Die letzte Schätzung der Sanierungskosten stammt aus dem Jahr 2019 und belief sich auf rund 53 Millionen Euro. Kaum jemand glaubt, dass diese Summe noch Bestand hat.

Doch grundsätzlich gibt es einen noch gültigen Ministerratsbeschluss, das Gebäude zu sanieren. Doch dazu braucht es ein Nutzungskonzept. Eigentlich wollte das Bildungsministerium das bis Ende vergangenen Jahres vorlegen, dann bis zum Sommer, mittlerweile spricht Streichert-Clivot von "Ende des Jahres". Doch der Bund der Steuerzahler zeigt sich kritisch. „Den Aussagen traue ich nicht. Ich gehe davon aus, da wird nichts kommen. Das Gebäude ist ja für einen Ministeriumsbetrieb eigentlich gar nicht geeignet.“

Das saarländische Problem

Doch losgelöst von der Frage nach dem einzelnen Ministerium und auch von der auflaufenden Miete, geht es bei der Situation um mehr, sagt auch Steuer-Zahler-Chef Walter: „Das ist dieses saarländische Problem, dass diese Immobilien so verrottet sind, dass man sie gar nicht mehr nutzen kann und dringend Ausweichquartiere braucht und das verursacht diese enormen Kosten.“ Es hätte mehr investiert werden müssen in den vergangen Jahren und Jahrzehnten, sagt er.

Die Sanierungskosten, die mit jedem Jahr der Nicht-Nutzung und des weiteren Verfalls noch weiter steigen, dürften nämlich deutlich teurer sein als es die Instandhaltung gewesen wäre: „Das kanns ja nicht sein, dass das Land nach 40 Jahren auszieht und sagt, nach mir die Sintflut“.

Über dieses Thema berichteten die SR-Hörfunknachrichten am 13.10.2023.


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