Saar-Fraktionen sehen noch Handlungsbedarf bei Frankreichstrategie
Die Frankreichstrategie des Saarlandes soll erweitert und ausgebaut werden. Von der perfekten Zweisprachigkeit hat man sich verabschiedet, dafür soll es für die Menschen im grenzüberschreitenden Alltag insgesamt einfacher laufen. Am Mittwoch hat sich nun auch der Landtag mit den Plänen befasst.
Vor elf Jahren wurde die Frankreichstrategie ins Leben gerufen. Seither gab es immer wieder mal Fragezeichen dahinter und auch Kritik, aber auch Anerkennung. Nachdem am Dienstag Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) Details einer Neuauflage vorgestellt hatte, hat am Mittwoch auch der saarländische Landtag darüber debattiert. SPD- und CDU-Fraktion hatten einen entsprechenden Antrag gemeinsam eingebracht. Sie begrüßen die neue „Frankreichstrategie +“, sehen aber auch noch viel Handlungsbedarf.
Fraktionen stimmen Antrag zu
Das Saarland sei auch wegen der Frankreichstrategie ein wichtiger Brückenbauer für die deutsch-französische Freundschaft und die wiederum sei das Fundament für ein starkes Europa, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Pascal Arweiler. Im Rahmen der Frankreichstrategie sei seit der Einführung 2014 schon viel beschlossen worden, jetzt müssten konsequent Taten folgen.
Die fordert der stellvertretende CDU-Fraktionschef Roland Theis vor allem, wenn es um die Zweisprachigkeit auf beiden Seiten der Grenzen geht. Niemand müsse perfekt die Sprache des Anderen sprechen, aber man müsse sich im Alltag verständigen können. Eine gute deutsch-französische Zusammenarbeit sei außerdem eine Kernverantwortung des Saarlandes, deshalb habe auch die oppositionelle CDU-Fraktion dem Antrag zugestimmt, so Theis.
Der AfD-Fraktionschef Josef Dörr sieht keine Fortschritte, aber viele Rückschritte der Frankreichstrategie. Gerade was die Zweisprachigkeit angeht, sei bisher zu wenig und zu halbherzig gehandelt worden. Am Ende stimmten alle Fraktionen im Landtag dem Antrag zu.
Frankreichstrategie als Marke
Wie Rehlinger am Dienstag verkündete, soll die Strategie unter anderem mehr Bezug zum täglichen Leben und dem Alltag der Menschen im Saarland haben. „Das soll kein Eliteprojekt sein“, erklärte die Politikwissenschaftlerin Claire Demesmay dazu im SR-Interview. Sie hat die Expertenkommission geleitet, die für die „Frankreichstrategie +“ verantwortlich war, und übernimmt im Sommersemester eine Europa-Gastprofessur an der Universität des Saarlandes.
„Die Frankreichstrategie ist zur Marke geworden“, so Demesmays Bilanz. Sie werde im Saarland, vor allem aber außerhalb wahrgenommen, und verleihe dem grenzüberschreitenden Zusammenleben eine Kohärenz – auch wenn sie, wie Demesmay einräumt, den meisten Franzosen eher unbekannt sein dürfte. Bei der Neuauflage soll es nun darum gehen, zu wissen, „wie der Nachbar tickt“.
Verständnis statt perfekter Zweisprachigkeit
„Die unterschiedlichen Aspekte der ‚Frankreichstrategie +‘ sollen den Menschen im Alltag helfen, ohne dass sie unbedingt wissen, dass es die Frankreichstrategie ist.“ Dazu gehört für die Politikwissenschaftlerin beispielsweise, dass die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung und die polizeiliche Zusammenarbeit vereinfacht werden.
Um unsere Nachbarn und das Land zu verstehen, müsse niemand im Saarland fehlerfrei Französisch sprechen, erklärte Ministerpräsidentin Rehlinger am Dienstag. Die Neuauflage der Frankreichstrategie setzt daher auch nicht mehr auf die perfekte Zweisprachigkeit, sondern unter anderem darauf, das Angebot zum Erlernen der französischen Sprache so niedrigschwellig wie möglich zu gestalten.
Französisch in der ersten und zweiten Klasse geplant
Dafür will die Landesregierung perspektivisch Französischunterricht in der ersten und zweiten Grundschulklasse einführen und somit die Lücke zwischen dem spielerischen Französischangebot in Kitas und dem Unterricht ab der dritten Klasse schließen. Einen Zeitplan dafür gibt es aber noch nicht und noch fehlen auch die Lehrer.
Daran wolle man arbeiten, so Rehlinger. Außerdem sollen Französischlernangebote für Auszubildende, Studierende und Menschen, die schon im Beruf stehen, stärker ausgebaut werden.
Engere wirtschaftliche Zusammenarbeit
Auch wirtschaftlich will das Saarland in Zukunft noch enger mit Frankreich und auch dem gesamten frankophonen Raum zusammenarbeiten. Rehlinger sieht in der Frankreichstrategie ein Alleinstellungsmerkmal des Saarlandes innerhalb der Bundesrepublik. Das müsse man nutzen, um zum Beispiel Fachkräfte aus Deutschland, aber auch aus Frankreich und anderen französischsprachigen Ländern ins Saarland zu ziehen.
Finanziert werden soll die Neuauflage der Frankreichstrategie wie bisher aus dem Landeshaushalt. Ein künftiges eigenes Budget für einzelne Projekte der Frankreichstrategie wollte Rehlinger aber nicht ganz ausschließen.
Über dieses Thema haben die SR 3 Region am Nachmittag und die Bilanz am Abend auf SR kultur am 21.01.2025 berichtet.