SPD und CDU besorgt wegen rechtsextremen Straftaten, AfD zweifelt
Die Zahl rechtsextremer Straftaten hat in Deutschland zugenommen. Einen großen Anteil machen dabei Propagandadelikte aus. SPD und CDU im Saarland sehen darin eine große Bedrohung für die Demokratie, die AfD zweifelt an der Aussagekraft der Statistik. Das Adolf-Bender-Zentrum warnt davor, dass sich rechtsextreme Äußerungen nicht normalisieren dürften.
2024 hat die Zahl der rechtsextremen Straftaten laut Bundesinnenministerium einen neuen Höchstwert erreicht. Knapp 34.000 Delikte im Bereich "politisch motivierte Kriminalität – rechts" hat die Polizei im vergangenen Jahr bundesweit verzeichnet.
Die Gesamtzahl für das Jahr könnte nochmal höher liegen, denn der Dezember kommt in dieser Auswertung bislang noch nicht vor. Den größten Anteil der Straftaten machten 2024 Propagandadelikte (21.311) und Volksverhetzungen (5097) aus.
Auch im Saarland gab es in der Vergangenheit einen Anstieg bei rechtsextremen Straftaten. Man dürfe die Zahlen nicht schönreden, jedes Gewaltdelikt sei eines zu viel, sagt der stellvertretende AfD-Fraktionschef im Landtag, Christoph Schaufert. Für ihn ist die Statistik aber auch Panikmache.
Schaufert stört vor allem der große Anteil der sogenannten Propagandadelikte, also beispielsweise das Benutzen von rechten Parolen oder Hakenkreuz-Schmierereien, etwa auf Wahlplakaten. Wenn jedes dieser Delikte als rechtsextrem gelte, werde die Statistik aufgebläht, so Schaufert.
SPD und CDU sehen in Straftaten von rechts größte Bedrohung für Demokratie
Die SPD-Fraktion und Fraktionschef Ulrich Commerçon halten dagegen. Auch Propagandadelikte dürften nicht verharmlost werden, denn Straftaten von rechts seien – neben islamistischer Gewalt – die größte Bedrohung für die Demokratie. Für Commerçon gehört das Thema in den Mittelpunkt des Wahlkampfs.
Der stellvertretende Fraktionschef der CDU, Roland Theis, verurteilt alle Formen des Extremismus. Der Staat müsse dagegen wehrhafter gemacht werden. So sollen etwa Polizei und Justiz mehr Möglichkeiten zur Überwachung bekommen. Die Daten der Täter würden aktuell besser geschützt, als die Opfer selbst, so Theis.
Rechtsextreme Äußerungen in alltäglichen Situationen
Auch Michael Schley vom Adolf-Bender-Zentrum in St. Wendel warnt in Hinblick auf die gestiegenen Zahlen. "Man merkt schon, dass in den letzten Jahren die Hemmschwelle für solche Taten gesunken ist und sich der Diskurs doch auch recht stark verschoben hat."
Laut Schley kommen viele solcher Vorfälle schon in ganz alltäglichen Situationen vor: Das könne etwa sein, "dass man im Freundeskreis oder im Kollegium häufiger in Gesprächen rechtsextreme Parolen hört, die gewissermaßen normalisiert wurden mit der Zeit. Das kann aber auch soweit gehen, dass Menschen in unsere Beratungsstelle kommen, die zum Beispiel Eltern sind von einem jugendlichen Kind, das sich in die Szene orientiert hat, das mit rechtsextremen Erscheinungsformen auffällig geworden ist – es gibt da eine große Bandbreite", so Schley.
Vieles passiere aber auch im Internet, in Whatsapp-Gruppen oder über andere Social-Media-Plattformen, in denen Rechtsextremismus geteilt wird "und sich teilweise auch tarnt in Memes und anderen Erscheinungsformen", so Schley.
Problematische Inhalte nicht verharmlosen
Schley rät vor allem, solche Fälle nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. "Ich glaube, da wo wir anfangen, Dinge zu verharmlosen oder als normal hinzunehmen, da wird es schon schwierig." Besser sollte man problematische Äußerungen direkt ernstnehmen und moderieren.
Wichtig sei dabei auch, die Bindung und den Zugang zu der Person, die etwas Problematisches geäußert hat, zu behalten "und gleichzeitig aber deutlich zu machen, dass das Verhalten problematisch ist, vielleicht sogar strafbar ist."
Schley nimmt außerdem die Politik in die Verantwortung. Zwar sei in der Vergangenheit schon einiges passiert, wodurch das Problembewusstsein in den letzten Jahren viel größer geworden sei. "Gleichzeitig müssen wir aber gesellschaftlich und politisch schauen, dass wir die hitzigen Themen, weiterhin differenziert behandeln, dass wir nicht auf Vereinfachungen zurückgreifen, sondern dass wir die Komplexität ernst nehmen zum Beispiel wenn es um das Thema Migration geht, und dass wir eben nicht Parolen, die von rechtsextremen Kräften geäußert werden, kopieren", sagt Schley.
Social Media begünstigt Verbreitung von Propaganda
Social Media Plattformen seien eine besonders große Herausforderung. "Die sozialen Medien sind ein sehr großer Verstärker, sie dienen enorm dieser Mobilisierung, der Verbreitung dieser Inhalte. Und da ist es schwer, das Ganze zu begrenzen", begründet Schley. Es sei wichtig, Inhalte auch dort im Auge zu behalten und strafbare Äußerungen zu verfolgen. Gleichzeitig müsse man da, wo es geht, auch Gegenpositionen tätigen.
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen gebe es bereits. "Volksverhetzung ist strafbar und ob die jetzt im Alltag geschieht oder im Internet – es bleibt strafbar", so Schley. Die Verfolgung sei nur viel schwieriger im Internet.
Um dieses Thema ging es auch in der SR 3-Sendung "Region am Nachmittag" am 06.01.2025.