Schüler während einer Unterrichtsstunde (Foto: picture alliance / photothek | Florian Gaertner)

Pisa-Studie: Schüler so schlecht wie nie

  05.12.2023 | 17:15 Uhr

Deutsche Schülerinnen und Schüler sind nach der am Dienstag veröffentlichten Pisa-Studie so schlecht wie noch nie. Vor allem in Mathematik, im Lesen und in Naturwissenschaften liegen sie hinten. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Im Saarland sehen Lehrer politische Ideologie als Haupthindernis.

Das Ergebnis der internationalen Leistungsstudie Pisa aus dem Jahr 2022, das am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde, ist für die deutschen Schülerinnen und Schüler ein Desaster. Sowohl im Lesen als auch in Mathematik und weiteren Naturwissenschaften erreichten sie die niedrigsten Werte, die jemals für Deutschland bei der Pisa-Studie gemessen wurden.

Sprache und Naturwissenschaften Hauptprobleme

Besonders in Mathematik stürzten die Schüler ab: Kamen sie 2019 noch auf 500 Punkte, sind es jetzt nur noch 475. Damit liegen sie etwa gleichauf mit dem internationalen Durchschnitt (472).

Ähnlich sieht es beim Lesen aus, hier kommen die Deutschen auf 480 Punkte, gegenüber international 476. Dazu merkte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Dienstag in Berlin allerdings an, dass auch international das Leistungsniveau drastisch gesunken sei. Die Studie ist das erste „Pisa-Zeugnis“ seit der Corona-Pandemie.

Nur noch in Naturwissenschaften liegt Deutschland noch signifikant über dem OECD-Schnitt (492 zu 485 Punkten), ist allerdings gegenüber 2019 (503 Punkte) ebenfalls zurückgefallen. Auch liegen sie noch unter dem Niveau von 2000, als die erste Vergleichsstudie den „Pisa-Schock“ und damit eine heftige Bildungsdebatte ausgelöst hatte.

VRB: Politische Ideologie steht Realität im Weg

Für den Verband Reale Bildung (VRB) Saarland kommt dieses Ergebnis nicht überraschend. Die Studie offenbare, dass die Bildungspolitik auch im Saarland in den letzten Jahren trotz zahlreicher Forderungen nicht die richtigen Maßnahmen eingeleitet habe, um die Weichen für eine gute Vermittlung von Allgemeinbildung in den Schulen zu stellen. „Politische Ideologie steht der Realität im Schulalltag im Weg“, stellt der Verband fest.

Der VRB fordert vor allem eine am Bedarf orientierte Erhöhung der Lehrer-Planstellen. Die Digitalisierung sei den Lehrkräften aufgebürdet, das Fach Informatik überstürzt eingeführt worden. Sprachförderkonzepte habe die Politik durch zu wenig Personal kaputt gemacht.

Inklusion könne ebenfalls nur mit einer ausreichenden personellen Ausstattung gelingen, heißt es vom VRB weiter – verbunden mit der Aufforderung an die Politik zur Zusammenarbeit. „Unsere Lehrkräfte laufen am Limit, und unser Schulsystem kann keine Ausfälle verkraften.“

Saar-Lehrerverband fordert mehr Lehrkräfte

Der Saarländische Lehrerinnen- und Lehrerverband (SLLV) spricht sich angesichts der Ergebnisse der aktuellen Pisa-Studie für deutliche Veränderungen in der Bildungspolitik aus. Demnach müssten mehr Lehrkräfte beschäftigt werden. Es müsse auch Bürokratie in Schulen abgebaut werden, damit sich das Lehrpersonal mehr auf den Unterricht konzentrieren könne.

Zudem brauche es mehr Wertschätzung für Lehrerinnen und Lehrer. Ihr Engagement habe in der Corona-Pandemie verhindert, dass die Pisa-Ergebnisse nicht noch schlechter ausgefallen seien.

CDU will Wende bei Sprachförderung

Die CDU fordert als Reaktion auf die Studie eine verpflichtende Sprachförderung und frühere Tests. „Wenn wir die Kinder nicht frühzeitiger und konsequent auch in kleinen Gruppen fit in Deutsch machen, fehlt ihnen das Rüstzeug für eine erfolgreiche Schullaufbahn“, sagte die bildungspolitische Sprecherin Jutta Schmitt-Lang.

Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) will prüfen lassen, wie der Schulunterricht insgesamt attraktiver werden kann. Die Pisa-Studie habe gezeigt, dass Kindern oft Lernanreize fehlen. Beispielsweise würden sich viele Schülerinnen und Schüler regelrecht vor dem Mathematikunterricht fürchten.

Die saarländische Bildungsministerin zur aktuellen Pisa-Studie
Audio [SR 3, Interview: Dorothee Scharner / Christine Streichert-Clivot, 05.12.2023, Länge: 04:36 Min.]
Die saarländische Bildungsministerin zur aktuellen Pisa-Studie

Zudem sollen mehr Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen beschäftigt werden. Streichert-Clivot betonte aber auch, die Landesregierung habe bereits viel in der Bildung bewegt. So sei etwa die Sprachförderung an Schulen personell gestärkt worden.

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten vom 05.12.2023 berichtet.


Mehr zur Bildung im Saarland

"Streiktag Bildung"
Lehrkräfte waren am Dienstag zum Streik aufgerufen
Im Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst sind am Dienstag die Beschäftigten aus dem Bildungsbereich auf die Straßen gegangen. Angestellte Lehrkräfte, pädagogische Fachkräfte und Co. waren aufgerufen, ihre Arbeit niederzulegen.
Halbe Milliarde Euro für die Kindertagesbetreuung
Bildungsministerium will Deutschkenntnisse der Grundschüler verbessern
In saarländischen Grundschulen sollen Sprachförderung und normaler Unterricht verstärkt in einem stattfinden. So versucht das Bildungsministerium den schlechten Deutschkenntnissen der Grundschüler entgegenzuwirken.
Startchancen-Programm des Bundes
Millionenförderung für "Brennpunkt-Schulen" im Saarland
Aus dem „Startchancen“-Programm fließen in den kommenden zehn Jahren rund 120 Millionen Euro ins Saarland. Davon sollen Schulen mit besonderen Herausforderungen profitieren. Mit dem Geld sollen Ausstattung und Lehre verbessert werden.

 

Artikel mit anderen teilen


Push-Nachrichten von SR.de
Benachrichtungen können jederzeit in den Browser Einstellungen deaktiviert werden.

Datenschutz Nein Ja