Luftaufnahme eines Neubaugebietes (Foto: picture alliance / Westend61 | Werner Dieterich)

Kommunen fürchten Einschränkungen bei Neubaugebieten

Emil Mura   17.03.2024 | 19:36 Uhr

Eine moderne Gesellschaft braucht Platz zum Wohnen, für Geschäfte und Straßen. Gleichzeitig will sie die Umwelt schonen und Flächen der Natur überlassen. Damit alle Interessen gewahrt werden, regelt ein Landesentwicklungsplan, was wo gebaut werden darf. Weil der alte nicht mehr zeitgemäß ist, hat die Landesregierung vergangenen Sommer den Entwurf für einen neuen vorgelegt. Doch an dem gibt es jede Menge Kritik.

Nach Nordrhein-Westfahlen ist das Saarland das Flächenbundesland mit der höchsten Bevölkerungsdichte. Umso wichtiger ist es für das Land, schonend mit der Ressource Boden umzugehen. Dass ein Landesentwicklungsplan regelt, wie mit Flächen umgegangen wird, ist nicht neu.

Im Saarland gibt es bereits einen Landesentwicklungsplan (LEP), der sich in die Teilabschnitte Umwelt und Siedlung aufteilt. Der Teilabschnitt Umwelt regelt beispielsweise den Schutz freier Landschaften, die Aufteilung von Gewerbe- und Windenergiegebieten, aber auch die räumliche Verteilung von Infrastruktur.

Der Teilabschnitt Siedlung legt unter anderem fest, wie viele und welche Flächen für Wohnraum gebraucht werden, ebenso wo sich der Einzelhandel ansiedeln darf.

Diskussionsbedarf – Entwurf des Landesentwicklungsplans in der Kritik
Video [SR Fernsehen, (c) SR, 14.03.2024, Länge: 04:56 Min.]
Diskussionsbedarf – Entwurf des Landesentwicklungsplans in der Kritik

Regierung will Teilabschnitte zusammenführen

Weil beide Bereiche ineinandergreifen können, will die Landesregierung die Teilabschnitte im neuen Landesentwicklungsplan zusammenführen. Der "LEP 2030" sieht als wesentliches Ziel vor, weiteren Flächenfraß zu verhindern. Im Juli 2023 hat die Landesregierung den von den Kommunen lang ersehnten ersten Entwurf für den neuen LEP vorgelegt.

Dieser Entwurf ist bei den Städten und Gemeinden aber nicht nur auf positive Resonanz gestoßen. Im Gegenteil: 50 von 52 saarländischen Städten und Gemeinden haben Kritik geäußert, insgesamt haben sie beim Innenministerium 359 Stellungnahmen eingereicht.

Mehrfamilien- statt Einfamilienhäuser?

Ein wesentlicher Kritikpunkt ist, dass die Städte und Gemeinden zu starke Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht fürchten. Konkret geht es unter anderem um die Ausweisung von Neubaugebieten. Der Entwurf sieht nämlich vor, die innerörtliche Entwicklung voranzutreiben.

Gleichzeitig sollen weniger neue Einfamilienhäuser gebaut werden, zugunsten von Mehrfamilienhäusern, die pro Wohneinheit deutlich weniger Fläche benötigen.

Dem Bürgermeister von Perl, Ralf Uhlenbruch (CDU) bereitet das Sorgen. Der neue LEP mache den Kommunen das Leben schwer, wenn es um die Beschaffung von Bauplätzen gehe. Dabei seien Einfamilienhäuser insbesondere im ländlichen Raum sehr begehrt.

Nachfrage nach Grundstücken dauerhaft hoch

Wie hoch die Nachfrage in der Gemeinde Perl ist, erklärt Uhlenbruch beispielhaft an einem kleinen Neubaugebiet, das vor rund anderthalb Jahren erschlossen wurde. In dem Gebiet in einer Höhenlage von Perl, mit Blick auf das benachbarte Luxemburg, seien damals sechs Grundstücke verkauft worden. Insgesamt habe es 40 Interessenten gegeben, in einer ersten Bewerbungsrunde sogar 100.

Uhlenbruch ist sich sicher, dass die Nachfrage in seiner Gemeinde, trotz stark gestiegener Zinsen und Kosten für Baumaterial, anhalten wird. Das lasse sich an der Bevölkerungszahl ablesen, die sich in Perl anders als im saarländischen Durchschnitt positiv entwickele. Insbesondere die Grenznähe zu Luxemburg mache die Gemeinde für Häuslebauer attraktiv.

"Neubaugebiete weiterhin möglich"

Das Innenministerium, das für den LEP verantwortlich ist, ist derzeit dabei, die Stellungnahmen der Kommunen auszuwerten. Die Sorge, dass es kaum noch Neubaugebiete geben werde, entbehrt laut Innenminister Reinhold Jost (SPD) aber jeglicher Grundlage. Es werde auch weiterhin möglich sein, Bauplätze auszuweisen. Dazu müssten die Städte und Gemeinden nur begründen, warum sie die Flächen brauchten.

Ein Beispiel dafür könne sein, dass Kommunen an unbebaute Privatgrundstücke innerhalb von Ortschaften nicht herankommen, weil Eigentümer nicht verkaufen wollen.

Ein weiterer Grund könne sein, dass Bebauungspläne keine großen Wohnkomplexe zulassen. In diesen Fällen müssten die Kommunen das Gespräch mit dem Ministerium suchen. Das könne zwar mit einem gewissen Aufwand einhergehen, diese Mühe müssten sich die Städte und Gemeinden allerdings machen.

Nachweise alle fünf Jahre

Konkret sieht der "LEP 2030" vor, dass die Nachweise, dass Grundstücke nicht bebaut werden können, über sogenannte Wohnsiedlungskonzeptionen erfolgen. Die müssen laut aktuellem Entwurf alle fünf Jahre erstellen werden. Und das ist ein weiterer wesentlicher Kritikpunkt der Städte und Gemeinden. Sie fürchten dadurch einen erheblichen bürokratischen Aufwand.

Stefan Spaniol, Geschäftsführer des Saarländischen Städte- und Gemeindetages, erklärt, dass für die Wohnsiedlungskonzeptionen alle betroffenen Grundstückseigentümer angeschrieben werden müssten. Zusätzlich müssten die Kommunen prüfen, ob eine sogenannte Grundsteuer C eingeführt werden kann, die unbebaute Grundstücke stärker belastet.

Unterm Strich sei es zwar richtig, dass die Innenentwicklung in den Dörfern und Städten vorangetrieben werden soll. Das dürfe aber nicht zulasten der Kommunen gehen.

Viele Fragen noch offen

Spaniol stellt sich beispielsweise ein Bonussystem vor, das Gemeinden, die schon viel für ihre Innenentwicklung getan haben, helfen kann, neue Bauplätze auszuweisen. Gleichzeitig bräuchten die Kommunen Übergangsregelungen, weil sich in der Zwischenzeit Gesetze und sonstige Rahmenbedingungen geändert hätten.

Insgesamt seien noch viele Fragen offen, auch, was die vom Innenministerium betonte Flexibilität beim Ausweisen von Neubaugebieten konkret bedeute.

Derzeit sind die Kommunen im, Austausch mit dem Innenministerium. Bis zum Sommer könnte der Entwurf des Landesentwicklungsplans überarbeitet sein.

Über dieses Thema hat auch Wir im Saarland - Das Magazin im SR Fernsehen am 14.03.2024 berichtet.


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Kritik von der CDU
Streit im Landtag um Landesentwicklungsplan
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359 Stellungnahmen eingegangen
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