Viele Polizeianwärter durch Prüfung gefallen

Jeder Fünfte besteht Polizeigrundausbildung im Saarland nicht

Mit Informationen von Thomas Gerber und Barbara Spitzer   08.08.2024 | 19:39 Uhr

Es brodelt im saarländischen Landtag - die CDU-Fraktion wirft SPD-Innenminister Jost vor, überfordert zu sein und fordert ihn indirekt zum Rücktritt auf. Jost weist die Kritik zurück. Hintergrund ist die derzeit hohe Durchfall- und Abbruchsquote bei der Polizeiausbildung in Göttelborn.

Die hohe Durchfallquote und die hohe Zahl der Studienabbrecher an der Göttelborner Polizeihochschule sorgen für politischen Wirbel. Die CDU-Landtagsfraktion wirft dem saarländischen Innenminister Reinhold Jost (SPD) vor, bei der Ausbildung von Polizistinnen und Polizisten auf breiter Front versagt zu haben.

Hohe Durchfallquote in Göttelborn

Gut jeder fünfte Studierende des aktuellen Ausbildungsjahrgangs ist am Grundstudium gescheitert. 29 der 140 Anwärter schafften die geforderte Punktzahl nicht. Zwölf von ihnen bekommen eine zweite Chance.

Sie dürfen das Grundstudium wiederholen. Die anderen 17 aber werden aus dem Beamtenverhältnis entlassen.

Polizeigewerkschaft kritisiert Entlassungen

Die Deutsche Polizeigewerkschaft im Saarland hat vor den Folgen der vielen Entlassungen und Wiederholungen während der Ausbildung gewarnt. Gewerkschaftschef Markus Sehn sagte, der Verlust von 29 Studierende sei ein Warnsignal. Das dürfe nicht ohne Folgen bleiben.

"Die Polizei im Saarland hat viel zu wenig Personal, um seinen Aufgaben gerecht zu werden", so Sehn. Daher stelle sich die Frage, ob die Polizei auch in Zukunft ihrer Arbeit in Gänze nachkommen kann oder ob es Einschnitte braucht.

Um das Personalproblem bei der Polizei nicht weiter zu vergrößern, müsste der Polizeiberuf und das Studium im Saarland deutlich attraktiver werden. Das betreffe auch finanzielle Anreize, so Sehn. Laut Sehn sind künftig rund 150 Polizeianwärter notwendig, um die Personalsorgen bei der Polizei in den Griff zu bekommen.

Video [aktueller bericht, 08.08.2024, Länge: 3:15 Min.]
Hohe Durchfallquote bei den Polizeianwärtern in Göttelborn

Ministerium relativiert hohe Abbrecherquote

Das Innenministerium räumt ein, dass die Zahl der Abbrecher außergewöhnlich hoch sei. Jedoch habe es in der Vergangenheit immer wieder vergleichbare Ausreißer gegeben, etwa im Ausbildungsjahr 2021. Bundesweit liege die Abbrecherquote zwischen 15 und 25 Prozent. Die Quote in Göttelborn liege im Schnitt.

Warum aber immer mehr Kommissaranwärter scheitern, das begründete das Ministerium mit einer "allgemein abnehmenden Studierfähigkeit". An den Prüfungsstandards will das Ministerium nichts ändern.

Hohe Durchfallquoten bei Anwärter-Prüfung der Polizei
Audio [SR 3, Moderation: Gerd Heger/im Interview: Innenminister Reinhold Jost, 08.08.2024, Länge: 04:38 Min.]
Hohe Durchfallquoten bei Anwärter-Prüfung der Polizei

Regierung will künftig mehr Polizeianwärter einstellen

Jost kündigte im SR-Interview an, die Zahl der Neueinstellungen für das kommende Ausbildungsjahr zu erhöhen. Statt 115 wie bisher sollen künftig 145 junge Leute ihr Studium im Oktober in Göttelborn beginnen.

CDU-Innenpolitikerin Anja Wagner-Scheid forderte Jost unterdessen indirekt zum Rücktritt auf. Er sei überfordert, so Wagner-Scheid. "Man kann jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen und man sollte diese Durchfallquoten nicht als Einzelfall betrachten", sagt Wagner-Scheid. Sonst riskiere man, dass es in den nächsten Jahren wieder ähnlich hohe Quoten im Saarland geben könnte.

"Das kann sich die Innere Sicherheit im Saarland nicht erlauben, betont die CDU-Politikerin. Jost sieht diese Kritik aber gelassen. Er bescheinigte der CDU "Dummschwätzerei".

Über dieses Thema hat der aktuelle bericht am 08.08.2024 berichtet.


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