Seelsorgerin für Polizei und Gefängnisinsassen
Carmen Folz kümmert sich um das psychische Befinden von Polizistinnen und Polizisten im Saarland. Gleichzeitig ist sie auch Seelsorgerin für Gefängnisinsassen. Wie sieht ihre Arbeit hinter Gittern und auf der Wache aus? Der SR hat sie begleitet.
Bei der Polizeiinspektion in Sulzbach ist Carmen Folz seit Kurzem die zuständige Seelsorgerin. Dort macht sie sich auch vom Alltag der Beamten ein Bild. Das ist für die 47-Jährige aus Heusweiler eine zusätzliche Herausforderung – denn ihre bisherige Tätigkeit als Gefängnisseelsorgerin will sie nicht aufgeben.
Alltag - das ist bei der Polizei aber gar nicht so einfach zu bestimmen, denn wie oft die Beamtinnen und Beamten in Extremsituationen geraten, ist sehr unterschiedlich: „Das ist schwierig zu sagen. Das ist das Verrückte und auch Spannende im Polizeialltag, dass manchmal eine Abfolge von Extremsituationen in kurzer Zeit stattfindet“, sagt eine Beamtin.
Bedeutung der Seelsorge bei Polizei nimmt zu
Ihre Aufgabe sieht Folz darin, die Polizisten stark zu machen – nicht einfach, wenn man hört, womit die Beamten umgehen müssen: „Man lebt ja in seinem privaten Umfeld auch als Vater, als Ehemann. Dann greift das nach einem, wenn man ein totes Kind vor sich sieht. Oder auch Kollegen, die sich, was ich selbst erlebt habe, im Dienst suizidieren. Das bekommt man mit den eigenen sozialen Gruppen nicht mehr in den Griff“, sagt Dienststellenleiter Markus Müller.
Und auch wenn Seelsorge nicht für alle etwas sei, so habe bei der Polizei diese Form des Umgangs mit psychischem Druck aber an Bedeutung gewonnen: „Früher war das Bild eines Polizeibeamten schon geprägt von einem eher harten Menschen. Das ist zum Glück heute eine andere Situation. Es wird anerkannt, dass ein Polizeibeamter nicht alle Dinge, die er erlebt, auch selbst verarbeiten muss.“
Die Seelsorgerin Carmen Folz hat ihr eigenes Vorgehen, wenn sie mit den Beamtinnen und Beamten spricht: „Ich setze bei der Situation an, die Polizisten mir erzählen, und gehe dann mit ihnen auf Spurensuche. Weil es sie oft auch in ihrer Persönlichkeit antriggert. Die Situation, je nachdem, was sie erleben, das macht ja etwas mit ihnen – als Polizist, aber auch als Mensch.“
Seelsorgerin und Leiterin des Gefangenenchors
Von der Wache geht es für Folz dann zu ihrem anderen Arbeitsplatz – in die Justizvollzugsanstalt Saarbrücken. Hier kümmert sie sich nicht nur um die Seelsorge bei Insassen, sie leitet auch einen Gefangenchor. Der ist für die Gefangenen auch eine Flucht aus dem Haftalltag.
„Weh tun halt immer die Momente, wenn abends Einschluss ist, man ist allein, und da ist man komplett auf sich selbst gestellt. Und dann braucht man ab und zu einen Menschen, der einem Mut gibt, wo man Kraft draus schöpfen kann“, berichtet einer der Häftlinge.
Häftlingen ohne Vorurteile begegnen
Mit einigen Gefangen führt Folz Einzelgespräche. Darin geht es auch darum eine Perspektive für die Zeit nach der Haft aufzubauen, aber auch um alltägliche Sorgen, um Schuldgefühle, Reue.
Dabei ist es für die Seelsorgerin wichtig, den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen: „Inhaftierte kommen aus allen gesellschaftlichen Schichten. Die werden natürlich auch hier abgebildet. Sie haben ihr Urteil, wir verurteilen sie nicht. Wir begegnen ihnen unvoreingenommen und begleiten sie so, wie sie nun mal da sind.“
Die Haft kann den Blick der Häftlinge auf sich selbst und ihre Vergangenheit ändern: „Man beginnt sich für gewisse Taten zu hassen, wo man dann denkt, Mensch, das hätte alles gar nicht sein müssen, du hast Taten begangen, um anderen zu imponieren, dass du einen Stellenwert bekommst. Und das sind die ersten Menschen, die sich von dir verabschiedet haben.“
Orgelspielen zum Ausgleich und zur Enstpannung
Um abzuschalten, geht Carmen Folz ein bis zweimal die Woche zum Orgelspielen in die Riegelsberger St.-Josef-Kirche. Hier kann sie ihrer eigenen Seele etwas Gutes tun. „Nach einem gefüllten Tag hier in die Kirche zu kommen, wo Stille und Ruhe herrscht, da merke ich selbst, wie ich nochmal runterkomme, ein Stück geerdet bin.“
Gedenkstätte soll für Polizisten ein Ankerpunkt sein
Polizisten arbeiten unter Einsatz ihres Lebens. Sterben sie im Dienst, ist das ein Schock für die Kollegen. Deshalb planen Carmen Folz und Innenminister Reinhold Jost (SPD) auf dem Gelände des Landespolizeipräsidiums eine Gedenkstätte.
„Sie soll ein Ankerpunkt sein, in dem man dann auch die Möglichkeit hat zu gedenken, auch ein Stück weit zu trauern. Es ist aber auch ein Bekenntnis der Polizeifamilie, dass man auch über den Tod hinaus zusammensteht“, so der Innenminister.
Der Seelsorgerin unterstreicht die Bedeutung der geplanten Stätte: „Ich glaube, dass es in der heutigen Zeit ganz wichtig ist, wo die Verrohung der Gesellschaft und die Gewaltbereitschaft auch zunimmt, dass wir einen solchen Erinnerungsort haben.“
Über dieses Thema hat auch die SR-Fernsehsendung "Das Magazin" im SR Fernsehen am 28.11.2024 berichtet.