Tele-Notarzt im Saarland: Pilotphase startet am 1. Oktober

Rettungsdienst im Saarland führt ab Oktober testweise Tele-Notärzte ein

Martina Kind   21.07.2024 | 08:59 Uhr

Ab dem 1. Oktober können Notfallsanitäter an ausgewählten Standorten im Saarland bei Rettungseinsätzen Notärzte per Audio- oder Video-Call dazuschalten und sich aus der Ferne von diesen unterstützen lassen. Die sogenannten Tele-Notärzte könnten laut dem ZRF eine echte Entlastung für den Notarztdienst sein.

Der Rettungsdienst im Saarland soll künftig durch einen Tele-Notarzt bzw. eine Tele-Notärztin unterstützt werden. Das hat der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Saar (ZRF) dem SR auf Anfrage mitgeteilt.

Notfallsanitäter können dann bei ihren Rettungseinsätzen einen Notarzt per Audio- oder Video-Anruf dazu schalten und deren Handlungsempfehlungen oder konkrete Anweisungen umsetzen – der traditionelle Notarztdienst soll so entlastet, das Rettungsdienstpersonal bei seiner Diagnose und Behandlung unterstützt und Patienten schneller geholfen werden.

Pilotphase startet am 1. Oktober

Wie gut das funktioniert, wird nach Angaben des ZRF ab dem 1. Oktober in fünf Rettungswagen an den Standorten Dillingen, Siersburg und Tholey erprobt. "Der Tele-Notarzt wird in der Pilotphase zunächst in tageszeitlich wechselnden Zeitfenstern von jeweils vier Stunden zur Verfügung stehen", erklärt ZRF-Sprecher Lukas Hoor.

Die Pilotphase diene in erster Linie dazu, technische und organisatorische Abläufe zu etablieren und zu prüfen, wo gegebenenfalls Nachholbedarf bestehe. "Ein weiterer Ausbau des Systems kann aufbauend auf diesen ersten Erkenntnissen sukzessive erfolgen."

Tele-Notarzt soll Notfallsanitäter vor Ort unterstützen

In der Theorie soll der Tele-Notarzt hauptsächlich beratend zum Einsatz kommen, falls notwendig aber auch delegieren. Er könne etwa in seinem Arbeitszimmer Patientenzustände (mit)beurteilen, Therapie- und Behandlungsempfehlungen aussprechen oder auch Handlungsanweisungen geben, wenn (noch) kein Notarzt vor Ort ist – das sorge auch für eine erhöhte Rechtssicherheit für das Rettungsdienstpersonal, das sonst die Gesamtverantwortung für die getroffenen medizinischen Entscheidungen trägt.

"Über eine Datenverbindung wird sichergestellt, dass der Tele-Notarzt an seinem Arbeitsplatz die aktuellen medizinischen Messwerte, insbesondere das EKG-Live-Bild und alle bisher erhobenen Informationen, Maßnahmen und Parameter einsehen kann", so Hoor. Je nach Lage könne der Tele-Notarzt den Einsatz später per Mausklick verlassen oder den anschließenden Transport virtuell begleiten.

Entlastung für Notarztdienst

Der ZRF hofft, mit der Einführung des Tele-Notarztes die steigenden Einsatzzahlen auffangen zu können und "begrenzte Ressourcen optimal einzusetzen". Der bodengebundene Notarztdienst könnte so etwa für andere Anforderungen freigehalten werden und müsste nicht ausrücken, "wenn wie in vielen Einsatzfällen nicht der manuelle Eingriff des Notarztes wichtig ist, sondern vielmehr dessen Fachwissen und Entscheidungsbefugnis".

Der Geschäftsführer des ZRF, Timm Mathis, betont gleichwohl, dass es sich hierbei "ganz klar" um einer Ergänzung der vorhandenen Notarzt-Systeme handele. "Durch die Einführung des Tele-Notarztes sollen keine regulären Notarztstandorte wegfallen oder eingespart werden." Die Einführung des Tele-Notarzt-Systems sei in Sachen Digitalisierung vielmehr ein weiterer "zeitgemäßer Schritt".

Digitale Dokumentation bereits eingeführt

Ein erster Schritt diesbezüglich sei bereits mit der Einführung der Erstretter-App "Saarretter" Anfang des Jahres gemacht worden. Diese soll dabei helfen, die Zeit zu überbrücken, bis der Rettungsdienst eingetroffen ist – nach einer bundesweiten SWR-Recherche dauert es im Saarland im Schnitt elf Minuten, bis das der Fall ist. Registrierte Ersthelfer, die gerade in der Nähe eines medizinischen Notfalls sind, werden über die App alarmiert und können dann erste Maßnahmen einleiten. Inzwischen haben sich mehr als 2000 Ersthelfer registriert.

Im Juli sei dann die digitale Einsatzdokumentation eingeführt worden. Zuvor sei die Dokumentation medizinischer Daten zunächst analog erfasst und später in ein elektronisches System übertragen worden. Bei 90.000 Notfall-Protokollen und rund 100.000 Krankentransporten pro Jahr sei das extrem aufwendig gewesen, so Hoor. Inzwischen seien alle 37 Rettungswachen und 130 Einsatzfahrzeuge im Saarland mit der entsprechenden Technik ausgestattet worden, um das digital zu erledigen.

Geplant sei jetzt noch, die Protokolle der Rettungsdienste über die Befunde, Maßnahmen und Erstdiagnosen der Patienten auch digital an die Krankenhäuser zu übergeben. "Die Abstimmung der hierfür erforderlichen Schnittstellen und die Klärung rechtlicher Fragestellungen laufen bereits im Hintergrund", sagt Hoor.


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