Missbrauchsprozess: Bewährungsstrafe für Freisener Ex-Pfarrer
Im Prozess um den mutmaßlichen Missbrauch eines Messdieners ist der ehemalige Freisener Pfarrer zu einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Am Mittwoch hatten noch Freunde und der Bruder des Angeklagten ausgesagt.
Das Landgericht Saarbrücken hat den ehemaligen Pfarrer von Freisen zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der heute 69-Jährige im Jahr 1997 einen damals 14-jährigen Messdiener sexuell genötigt hat.
Gegen den ehemaligen Pfarrer waren bereits in der Vergangenheit Missbrauchsvorwürfe laut geworden. Das Gericht beruft sich in seiner Entscheidung vor allem auf die Aussagen des Opfers. Demnach soll der 39-Jährige, heute selbst Pfarrer im Saarland, in der Tatnacht zunächst mehrere Gläser Wein verabreicht bekommen haben. Kurz vor dem Zubettgehen kam es dann zum Übergriff.
Die Aussagen des Zeugen seien überzeugend, so die Begründung der Richter. Der 69-Jährige hatte die Tatvorwürfe bis zuletzt bestritten.
Freunde und Bruder verteidigen Angeklagten
Am Mittwoch hatten einige Freunde des Angeklagten sowie dessen Bruder ausgesagt. Sie berichteten, dass der Nebenkläger und der Angeklagte auch als Erwachsene gut befreundet gewesen seien. Eine solche Freundschaft sei für sie nicht vorstellbar, wenn vorher ein sexueller Übergriff stattgefunden haben soll.
Weiter sagten sie aus, der Nebenkläger solle den Angeklagten vor einigen Jahren im persönlichen Gespräch verteidigt haben, nachdem im Ort Missbrauchsvorwürfe gegen den Priester laut geworden waren. In den Zeugenaussagen ging es auch um ein mögliches Alibi für die vorgeworfene Tat.
Mehrere Zeugen berichten von ähnlichen Übergriffen
An den insgesamt sieben Verhandlungstagen sagten mehr als ein Dutzend Zeugen aus. Mehrere erwachsene Männer berichteten dem Gericht von sexuellen Übergriffen des Angeklagten, die sie als Jugendliche erlebt haben sollen. Die Aussagen ähneln in Teilen dem, was über die Vorwürfe des Nebenklägers bekannt ist; für dessen Aussage war die Öffentlichkeit ausgeschlossen.
Wiederholt war von Berührungen durch den Angeklagten im Intimbereich die Rede, außerdem von grenzüberschreitendem Verhalten, von Urlaubsreisen des Angeklagten mit Jugendlichen sowie von emotionalem Druck.
Im Prozess sagten zudem Verwandte und Bekannte sowohl des Nebenklägers als auch des Angeklagten aus – außerdem Polizisten und Kirchenvertreter. Von Seite der Kirche waren in der vergangenen Woche der Trierer Bischof Stephan Ackermann und der Vizeoffizial des Kölner Kirchengerichts, Thomas Weitz, als Zeugen geladen.
Frühere Verfahren gegen Beschuldigten eingestellt
Weitz leitet das seit 2018 laufende kirchliche Strafverfahren gegen den Beschuldigten. Gegen den Angeklagten wurde in der Vergangenheit mehrfach unter anderem aufgrund von Beschuldigungen wegen sexueller Übergriffe ermittelt. Die Staatsanwaltschaft stellte diese Verfahren allerdings wegen Verjährung oder fehlender Nachweise ein.
Gegen den Pfarrer läuft seit mehr als fünf Jahren auch ein kirchenrechtlicher Prozess im Erzbistum Köln. Ein Ende ist dort noch nicht absehbar.
Über dieses Thema berichtete aktuell im SR Fernsehen am 22.02.2023.