Polizei-Razzia in Saarlouis (Foto: Barbara Spitzer/SR)

Nach Razzia in Saarlouiser Eiscafé: Verdächtige in Italien vor Gericht

Barbara Spitzer / Onlinefassung: Anne Staut   23.08.2024 | 21:12 Uhr

Es war der bisher größte Einsatz gegen die kalabrische Mafia in Europa: Die europaweite Operation Eureka im vergangenen Jahr. Einer der Schwerpunkte: Ein Eiscafé in Saarlouis, der Betreiber und ein mutmaßlicher Komplize wurden festgenommen. Sie stehen nun in Italien vor Gericht.

Vom Eiscafé Bellitalia in Saarlouis ist nur noch die Leuchtreklame übrig. Längst hat hier ein neues Café aufgemacht, mit anderer Aufmachung und unter neuer Leitung.

Bei einer Razzia am 3. Mai 2023 durchsuchten Polizisten das Bellitalia stundenlang, transportierten sogar große Teile der Einrichtung ab, um Vermögenswerte abzuschöpfen. Auch in Saarbrücken-Rußhütte wurde durchsucht – eine Wohnung des damaligen Betreibers der Eisdiele Ivano P.

Vorwurf des Drogenschmuggels und der Geldwäsche

Der 48-Jährige steht nach Informationen des Mafia-Experten Sandro Mattioli nun in Kalabrien vor Gericht. Ihm werde vorgeworfen an einem Drogendeal beteiligt gewesen zu sein. Dabei gehe es um 50 Kilo Kokain, die von Südamerika nach Europa gegangen sein sollen.

Ivano P. wird neben Drogenschmuggel auch Geldwäsche im sechsstelligen Bereich zur Last gelegt. Mattioli geht davon aus, dass er alles andere als ein kleines Rädchen im kalabrischen 'Ndrangheta-Clan  war.

"Ich würde sagen, Ivano P. ist definitiv ein dicker Fisch, denn er hatte Kontakte zu sehr wichtigen Leuten in der 'Ndrangheta, die Leute kamen auch zum Teil nach Deutschland."

Sebastiano R., der zeitweise über der Eisdiele in Saarlouis gewohnt haben soll, steht als mutmaßlicher Komplize ebenfalls in Italien vor Gericht. Verschlüsselte Chats, die von Ermittlern geknackt wurden, sollen die beiden und über 100 weitere Angeklagte belasten.

Diese Kryptochats zeigten auch Ivano P.s Rolle in dem Clan, so Mattioli. Er sei auch wichtig, um Gelder aus dem Drogenhandel in Italien in Deutschland zu investieren. "Den Akten zufolge ist ein knapp sechsstelliger Betrag von Italien nach Deutschland geflossen und unter anderem in dieses Eiscafé investiert worden."

Langjährige Haftstrafen

Nach Informationen von Mattioli will die Anklage für Ivano P. 16 Jahre Haft beantragen, für Sebastiano R. zehn Jahre. Ob damit die organisierte Kriminalität nachhaltig gestört werde, müsse sich zeigen, sagt der Bund  Deutscher Kriminalbeamter.

Aufwendige weitergehende Ermittlungen seien wegen der dünnen Personaldecke schwierig. Die Prioritäten seien oft sehr politisch geprägt. Der Fokus sei derzeit im Bereich der Kinderpornografie, sagt Maurice Maralli.

Gefahr für deutsche Unternehmen durch Mafia

Laut Mattioli hat sich in den letzten zehn Jahren die Zahl der Mafiosi in Deutschland verdoppelt - auf rund 1000. Fürs Saarland geht er von einer deutlich zweistelligen  Zahl aus. Er warnt eindringlich vor den Folgen einer weiteren Ausbreitung.

 "Wenn die kritische Masse erreicht ist, dann wird es wirklich gefährlich für Deutschland, dann werden ehrliche Unternehmen aus dem Markt gedrängt, weil sie nicht mit Geldern aus Drogen- und Waffenhandel arbeiten können."

Die zwei Festnahmen im Fall Bellitalia haben mutmaßlich einige Kanäle lahm gelegt. Doch ohne mehr Verfolgungsdruck dürfte das Geschäftsmodell der N'drangheta  weiterhin attraktiv bleiben - auch im Saarland.

Über dieses Thema hat auch der aktuelle bericht im SR Fernsehen am 23.08.2024 berichtet.


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