Jedes dritte Saar-Krankenhaus laut Studie verzichtbar
Die Patientenversorgung wird für Krankenhäuser immer mehr zur Herausforderung. Eine aktuelle Studie zeigt: Abhilfe könnte schaffen, wenn Kliniken im Saarland zusammengelegt werden. Die Saarländische Krankenhausgesellschaft sieht die Ergebnisse kritisch.
Wie kann die Krankenhausversorgung für die Zukunft gesichert werden? Mit dieser Frage hat sich eine von Krankenkassen in Auftrag gegebene Studie der Institute for Health Care Business (HCB) GmbH beschäftigt.
Sie kommt zum Ergebnis, dass die Patientinnen und Patienten in den saarländischen Krankenhäusern grundsätzlich gut versorgt sind, vor allem auch im Notfall. Im Moment könnten die Menschen im Saarland innerhalb von 30 Minuten ein Krankenhaus erreichen, sagt der Geschäftsführer der HCB, Boris Augurzky. Das sei besser als an vielen Orten in der Bundesrepublik.
Schwerpunkte bilden
Damit die Patientenversorgung auch in Zukunft gut ist, muss es nach den Ergebnissen der Studie aber Veränderungen geben. Denn Fachkräftemangel, demografischer Wandel und Digitalisierung stellten das System auf die Probe.
Die HCB empfiehlt deshalb, mehr Schwerpunkte zu bilden. Die Krankenhäuser sollten sich abstimmen, wer welche Leistung übernimmt. "Also wer macht mehr Kardiologie, mehr Orthopädie, mehr Geburtshilfe und dann die Leistungen zu bündeln", sagte Augurzky dem SR.
Weniger Standorte
Es sei auch wichtig zu schauen, ob kleinere Standorte zu größeren zusammengelegt werden könnten. Die Standorte müssten teilweise neu gebaut werden.
Derzeit gebe es im Saarland 18 Krankenhausstandorte. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass das Saarland auch mit weniger auskäme - etwa mit zwölf Standorten. Die Erreichbarkeit müsse aber immer gewährleistet sein.
Hohe Kosten für Zentralisierung
Die Krankenhäuser könnten so wirtschaftlicher arbeiten. Auch die medizinische Qualität könnte auf diesem Weg verbessert werden. Die Kosten für die mögliche Zentralisierung im Saarland schätzt die HCB auf rund 880 Millionen Euro.
Hier verweist das Gutachten auf Mittel aus der geplanten Krankenhausreform. Das Saarland werde es alleine nicht schaffen, so Augurzky.
"Aber durch die Bundesreform flankiert, wenn dieser Transformationsfonds kommt, mit mehreren Milliarden Euro pro Jahr, dann wird auch das Saarland einen Anteil bekommen. Und das müsste dann fast reichen."
Gesundheitsministerium wartet auf eigenes Gutachten
Umgerechnet wären das rund 600 Millionen Euro - bliebe ein Lücke von etwa 300 Millionen. Diese hohen Kosten sind nur ein Grund, warum das Gesundheitsministerium sich erstmal zurückhaltend zu den Vorschlägen äußert.
Leistungen zu konzentrieren, decke sich grundsätzlich auch mit den Zielen der Krankenhausreform, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Man erwarte aber ein eigenes Gutachten im Herbst.
"Aktuell haben wir keine Standort-Schließungen in der Planung. Wir sind im Gespräch mit den Trägern, wie wir die Angebotsseite insgesamt verbessern können", erläutert der saarländische Gesundheitsminister, Magnus Jung (SPD).
SKG hält Studie für "Gedankenspiel"
Die Saarländische Krankenhausgesellschaft (SKG) sieht das aktuelle Gutachten zur Kliniklandschaft im Saarland kritisch. SKG-Geschäftsführer Jakobs sprach im SR von einem "Gedankenspiel".
Das Gutachten lasse die Realitäten vor Ort außer Acht. Es sei unklar, was davon realistisch umzusetzen sei. "Ich sehe im Augenblick keine Möglichkeit auf der grünen Wiese ein Krankenhaus zu bauen und damit ein neues Zentralkrankenhaus zu schaffen, egal in welchem Landkreis oder auch im Regionalverband Saarbrücken", so Jakobs.
Veraltete Zahlen?
Zudem arbeite die Studie mit veralteten Zahlen - etwa mit einer Bettenauslastung von 67 Prozent im Jahr 2021. Im zweiten Coronajahr sei die Bettenauslastung bundesweit niedrig gewesen.
Vor 2020 habe das Saarland mit die höchste Auslastung bundesweit gehabt mit "85 Prozent, manchmal auch 88 Prozent". Sie sei auch nach Corona wieder deutlich gestiegen.
Kräfte bündeln
Jakobs geht davon aus, dass in der Zukunft Kompetenzen mehr gebündelt werden müssten. Auch ein Zusammenschluss zu Verbünden sei denkbar, damit die Versorgungsqualität auf einem guten Niveau bleibe.
Dafür sollten zunächst benachbarte Krankenhäuser über Zusammenarbeitsmöglichkeiten sprechen. Außerdem brauche es einen strategischen Plan vom Ministerium, welche Leistungen an wie vielen Standorten gewährleistet werden sollen.
HCB 2006 gegründet
Die Institute for Health Care Business GmbH wurde im Jahr 2006 gegründet. Ziel ist die Schaffung von Transparenz im deutschen Gesundheitswesen.
Über dieses Thema hat auch die SR info Rundschau im Radio am 20.06.2024 berichtet.