Eine Frau blickt in einem Frauenhaus aus dem Fenster.  (Foto: picture alliance/dpa | Sophia Kembowski)

Hohe Auslastung in saarländischen Frauenhäusern

  08.03.2023 | 13:37 Uhr

In den vergangenen fünf Jahren ist die Zahl der Fälle häuslicher Gewalt im Saarland gestiegen. Frauen, die Hilfe suchen, können sich unter anderem an die vier Frauenhäuser der Arbeiterwohlfahrt im Saarland wenden. Doch die kommen an ihre Grenzen.

Von Gewalt gefährdete oder betroffene Frauen und ihre Kinder sollen Schutz in Frauenhäusern finden. Doch was, wenn alle Frauenhäuser in der Umgebung bereits voll belegt sind? Das ist offenbar nicht die Ausnahme, sondern die Realität in Deutschland.

Einer Analyse des Recherchenetzwerks "Correctiv" zufolge waren viele Frauenhäuser in Deutschland im vergangenen Jahr überlastet. Besonders schlecht sei dabei die Situation in Hessen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein gewesen. Dort waren die Frauenhäuser an neun von zehn Tagen voll ausgelastet. Bundesweit fehlen laut dem Bericht knapp 3500 Frauenhausplätze.

Hohe Auslastung auch im Saarland

Wie sieht es aktuell im Saarland aus? "Stand heute sind wir im Saarland bis auf zwei freie Zimmer plus das Notaufnahmezimmer voll belegt", sagt Mascha Nunold. Sie koordiniert die Arbeit der vier AWO-Frauenhäuser im Saarland. Insgesamt stellen diese 33 Zimmer zur Verfügung, in denen hilfesuchende Frauen mit ihren Kindern unterkommen können. "Die Bedarfslage und Nachfrage nach Aufnahme ist hoch." Freie Zimmer werden laut Nunold schnell wieder belegt.

In den vergangenen Jahren habe die Auslastung der Frauenhäuser im Saarland bei rund 84 Prozent im Jahr 2018 und rund 90 Prozent im Jahr 2019 gelegen, berichtet Nunold. Während der Corona-Pandemie sei die Belegung dann wieder um elf und zwölf Prozent in den Jahren 2020 bzw. 2021 zurückgegangen.

Rückgang während Pandemie

Diese Zahlen legen allerdings nicht den Schluss nahe, dass es im Corona-Lockdown weniger Gewalt gegen Frauen gegeben hat. Vielmehr dürfte dahinter ein hoher Anteil von verdeckter Gewalt stecken. Existenzängste, Auflehnung gegen die Corona-Verordnungen sowie gestiegener Alkoholkonsum hätten demnach besonders in gewaltgeprägten Partnerschaften vermehrt zu Eskalationsmomenten geführt, erklärt Nunold. Auch die Kinder seien stärker mitbetroffen gewesen.

"Aufgrund von Kurzarbeit und Homeoffice gab es Familienkonstellationen, in welchen die Frau verstärkt unter Beobachtung des Partners war und schlecht den Ausstieg planen oder vollziehen konnte. Dies wurde erst über die Lockerungen der Maßnahmen wieder leichter", erklärt Nunold.

Zudem hätten viele Frauen den Weg in ein Frauenhaus als „stationäre Einrichtung“ mit gemeinschaftlichem Wohnen aufgrund der Ansteckungsgefahr vermieden.

Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen
An wen sich von Gewalt betroffene Frauen wenden können

Was passiert bei voller Belegung?

"In 2022 hat sich die Auslastung wieder auf unser „normales Niveau“ zu rund 87 Prozent reguliert und setzt sich in 2023 auf diesem Niveau weiter fort", so Nunold. Zu beachten sei an dieser Stelle, dass Frauenhäuser als Kriseneinrichtungen eigentlich nie voll belegt sein sollten, um Kapazität für die Aufnahme in Notsituationen vorzuhalten.

Und wenn das eben doch vorkommt? "Hilfesuchende Frauen werden von uns in diesem Fall immer beraten und weitervermittelt." Da die AWO-Frauenhäuser im Saarland eng zusammenarbeiteten, könnten Betroffene auch für wenige Tage in einem speziellen Notaufnahmezimmer in Saarlouis unterkommen, wenn klar ist, dass ein geplanter Auszug in einem anderen Haus anstehe.

"Mehr Plätze wären wünschenswert"

In Einzelfällen könnten außerdem Übergangslösungen im sozialen Umfeld gefunden werden. Auch könne das Gewaltschutzgesetz in Anspruch genommen und eine Verfügung gegen den gewalttätigen Partner erwirkt werden. "Wir unterstützen darüber hinaus bei der Suche eines Frauenhauses bundesweit", so Nunold. Doch ideal sei das alles natürlich nicht. Mehr Plätze für die hiesigen Frauenhäuser seien daher wünschenswert. Das muss aber auch alles finanziert werden.

Im Schnitt liege die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in einem Frauenhaus im Saarland bei etwa sieben Wochen – wobei dieser Wert auch durch viele Kurzzeitaufenthalte zustandekomme. "Der Schwerpunkt liegt bei Aufenthalten bis zu drei Monaten, in der Regel maximal einem halben Jahr."

Über dieses Thema hat auch der SR 3 Kiosk am 08.03.2023 berichtet.

Zum Thema

Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen
Femizid – Getötet, weil sie sich trennen wollte
Wenn Frauen von ihren Partnern oder Ex-Partnern getötet werden, dann sind das keine Einzelfälle. Das zeigen polizeiliche Statistiken. Jedes Jahr sterben mehr als 100 Frauen, weil sie sich von ihrem Partner getrennt haben oder trennen wollten. Dieses Phänomen hat einen Namen: Femizid.


Weitere Themen im Saarland

Equal Pay Day
Land will gegen Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern vorgehen
Frauen verdienen im Saarland weiterhin weniger als Männer. Darauf hat Frauen-Staatssekretärin Bettina Altesleben (SPD) anlässlich des heutigen Equal Pay Days hingewiesen. Auf der Landespressekonferenz in der Staatskanzlei gab sie einen Einblick, wie die Landesregierung für mehr Gleichstellung sorgen will.
Voller Terminplan
Steinmeier ist heute unter anderem zu Besuch bei Saarstahl
Bundespräsident Steinmeier setzt heute seinen dreitägigen Aufenthalt in Völklingen fort. Er wird zunächst das Werk von Saarstahl besichtigen, bevor er nach einem Besuch der Innenstadt zu einer Diskussionsrunde mit Bürgern im Alten Rathaus zusammen trifft. Was noch auf dem Programm steht.

Artikel mit anderen teilen


Push-Nachrichten von SR.de
Benachrichtungen können jederzeit in den Browser Einstellungen deaktiviert werden.

Datenschutz Nein Ja