Wenn Mieter sich im Stich gelassen fühlen
Seit fast neun Jahren wohnt Dunja Fuhrmann in einer Mietwohnung in Saarbrücken – ohne ihren Vermieter zu kennen. Das Haus wurde in dieser Zeit schon zweimal weiterverkauft. Persönlich hat die Mieterin die neuen Eigentümer noch nie kennengelernt. Mit der zuständigen Hausverwaltung hat sie immer wieder massive Probleme.
Kein Strom, kein Wasser, keine Heizung. So ging es Dunja Fuhrmann im vergangenen Jahr in ihrer Wohnung – und das im Wintermonat Februar. Der Grund: In der Tiefgarage des Mietshauses in Saarbrücken St. Arnual hatte es gebrannt. Die Wohnung von Dunja Fuhrmann war in der Folge mehrere Wochen nicht bewohnbar.
Mit der zuständigen Hausverwaltung hatte die Mieterin während dieser Zeit Probleme: So brauchte diese beispielsweise über eine Woche, um der Hausratversicherung die Unbewohnbarkeit der Wohnung zu bestätigen. In dieser Zeit musste Fuhrmann die Hotelkosten aus eigener Tasche vorstrecken. Außerdem wurden die betroffenen Mieter kaum über den Ablauf der Schadensbeseitigung in ihren Wohnungen informiert und mussten die Kommunikation mit den Handwerkern selbst übernehmen.
Bis heute bekommt Dunja Fuhrmann zudem immer noch Mahnungen von ihrer Hausverwaltung. Denn weil die Wohnung zeitweise nicht bewohnbar und die Tiefgarage nicht nutzbar war, hatte sie ihre Miete gekürzt. Ihre Anwältin versuchte, den Mahnungen auf den Grund zu gehen. Auch sie bekam keine Antwort von der Hausverwaltung.
Und auch mit ganz alltäglichen Problemen, wie etwa fehlenden Rauchmeldern oder Schädlingsbefall im Garten des Hauses, fühlt sich Fuhrmann von der Hausverwaltung alleine gelassen: „Da ist niemand mal hier und macht sich ein Bild vor Ort. Ich glaube, die wissen gar nicht, wie hier das Objekt aussieht.“
Kein Kontakt zum eigentlichen Eigentümer
Den eigentlichen Eigentümer des Hauses hat Dunja Fuhrmann noch nie gesehen. Einziger Anhaltspunkt, der sich bei der Bürgerrecherche von SR und dem Recherchenetzwerk Correctiv ergeben hat : Ein Schreiben aus dem Jahr 2018, in dem sie über den Eigentümerwechsel informiert wurde. Demnach gehört ihre Wohnung seitdem der „Union Investment Institutional Property GmbH“. Der Immobilienfonds für institutionelle Anleger ist Teil der DZ Bank Gruppe – die auch zuständig für die deutschen Genossenschaftsbanken ist.
Auf eine SR-Anfrage bei der Union Investment Institutional Property GmbH antwortet wiederum eine andere Firma, die „Deutsche Asset One“. Diese betreut nach eigenen Angaben rund 6000 Wohnungen deutschlandweit für Union Investment, darunter auch die Immobilien in Saarbrücken.
Zu den Problemen der Mieter mit der Hausverwaltung heißt es, man stehe in regelmäßigem Austausch. Eine zügige Erledigung von Mieteranliegen sei selbstverständlich. Aufgrund der hohen Fluktuation in den Wohnungen in Saarbrücken und der Corona-Pandemie sei die Verwaltung allerdings einer höheren Belastung ausgesetzt. Die Probleme von Dunja Fuhrmann traten allerdings bereits vor dem ersten Lockdown im Jahr 2020 auf.
Mieter leiden unter Intransparenz
SR-Recherchen, unter anderem im Grundbuchamt, haben ergeben: Die Union Investment Institutional Property GmbH besitzt und vermietet insgesamt knapp 240 Wohnungen in Sankt Arnual und Alt-Saarbrücken. Diese Immobilien wurden in den vergangenen Jahren im Paket mehrfach gewinnbringend weiterverkauft.
Im Jahr 2013 gingen die Wohnungen von der Luxemburger „Modim S.A.“ für einen Preis von gut 22 Millionen Euro an die „Patrizia GewerbeInvest“. Fünf Jahre später folgte dann der Verkauf an den Fonds der Union Investment – für rund 28 Millionen Euro. Eine Preissteigerung von über 27 Prozent und damit wohl eines der größten Geschäfte für Wohnimmobilien in den letzten Jahren in Saarbrücken.
Wer genau in den Fonds investiert, der als Vermieter von Dunja Fuhrmanns Wohnung eingetragen ist, bleibt unklar. Der zuständige Investment Manager will aus Gründen der Vertraulichkeit keine genaueren Angaben zu den konkreten institutionellen Anlegern machen, spricht lediglich von einer Rendite zwischen drei und fünf Prozent.
Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit vermutet, dass beispielsweise Lebens- oder Rentenversicherungen investieren. Das sei per se nicht schlecht oder problematisch. Aber: „Es stellt sich die Frage, wer hier von wem profitiert. Das muss einfach sehr viel transparenter sein. Es muss sichtbar sein für den Rentensparer, in welche Investmentprodukte er investiert.“
Außerdem müsse der Mieter wissen, wer konkret in den Fonds investiert, der als Vermieter auftritt. Trautvetter setzt sich daher für ein globales, öffentlich zugängliches Transparenzregister ein, in dem die Investoren hinter Finanzprodukten erfasst werden.
Kommunikation zwischen Mietern und Vermietern bleibt schwierig
Da es ein solches Register bisher nicht gibt, leiden die Mieter unter den langen und undurchsichtigen Ketten zwischen ihnen und den Investoren. Im Rahmen der Bürgerrecherche „Wem gehört das Saarland“ haben uns viele Mieter davon berichtet, dass sie keinen Kontakt zum eigentlichen Vermieter haben und stattdessen aber Probleme mit der Hausverwaltung bestehen – gerade wenn es um Schäden und Mängel in den Wohnungen geht.
Im Fall von Mieterin Dunja Fuhrmann aus Saarbrücken gibt es zumindest einen Lichtblick: Nach unserer Anfrage an den Fonds hat sich eine Firma bei ihr gemeldet, die einen fehlenden Brandmelder installieren will.
Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 05.02.2021 berichtet.
Wenn Sie Fragen haben oder uns Informationen zukommen lassen möchten, schreiben Sie uns an: wemgehoert@sr.de
„Wem gehört das Saarland?“ ist eine Kooperation von SR und Correctiv und Teil einer Recherche-Serie für mehr Transparenz auf dem Wohnungsmarkt.