Juliette Paolucci - 17-jährige Autodidaktin aus Lothringen
Man könnte sie eigentlich direkt drucken - die Figuren, Geschichten und Schauplätze, die Juliette Paolucci zu Papier bringt. Seit sie einen Stift in der Hand halten kann, zeichnet sie. Ihr Talent hat Juliette nicht geerbt – in ihrer Familie gibt es bisher keine großen Künstlerpersönlichkeiten. Sie sieht sich voll und ganz als Auto-Didaktin.
Ich hatte früher immer imaginäre Freunde. Da hab ich irgendwann zuerst versucht, sie und ihre Geschichten zu beschreiben. Das hat mir aber nicht gereicht, denn ich wollte sie sehen, um sie besser beschreiben zu können.
So hat Juliette sich mit Hilfe von Büchern, YouTube-Videos und Zeichen-Workshops Stück für Stück die Kunst des Comiczeichnens selbst beigebracht. Inspiriert hat sie vor allem der Regisseur und Autor Tim Burton, der durch bizarre und skurrile Filme wie Alice im Wunderland bekannt wurde und selbst gezeichnet hat.
Auch die Klassiker wie Lucky Luke oder Asterix und Obelix kennt Juliette, ihre Figuren sind aber in einem deutlich schrilleren und düsteren Setting angesiedelt:
In einer futuristischen Stadt, wo die Figuren in einer Diktatur leben und vom System ständig überwacht und unterdrückt werden. Eine wichtige Figur ist ein Krimineller. Aber im Laufe der Zeit stellt er fest, dass die anderen Kriminellen und Abtrünnigen, die so sind wie er, viel menschlicher sind als diejenigen, die in der Gesellschaft das Sagen haben.
Erstmal Abi machen
Am liebsten würde Juliette von morgens bis abends zeichnen. Blöd, dass dazwischen ab und zu noch Schule ist. In den nächsten Monaten stehen Abitur-Prüfungen an. Natürlich haben auch ihre Schulfreunde Juliettes Talent bemerkt. Oft „bestellen“ sie Bilder bei ihr oder werden mit einem ihrer Werke zum Geburtstag überrascht.
So düster Juliettes Figuren in den Zukunfts-Geschichten sind, so strahlend und witzig sind sie in den Comics, die in der Vergangenheit spielen: In einer Geschichte versuchen zwei Ganoven, einen dritten zu vergiften. Doch DER hat einen Verbündeten, eine lebendige Straßenlaterne. Die durchkreuzt die Pläne der beiden, weil die Schurken am Ende das Gefühl haben, beobachtet und ertappt zu werden und sich von selbst aus dem Staub machen.
Auch in dieser Geschichte gibt es jemanden, der mir sehr ähnlich ist. Er ist Pianist. Auch ich spiele in meiner Freizeit manchmal Klavier, aber er, Voltaire, ist außergewöhnlich. Ihm fällt es schwer, sich zu integrieren, aber wenn man ihn besser kennt, dann geht’s. Oberflächlich gesehen wirkt er manchmal kalt, aber tief drinnen schlummert ein ganz weicher Kern.
Der Traum vom ersten Album
Wer ihre Figuren und Welten besser kennenlernen will, findet Entwürfe, Zeichnungen und Geschichten von ihr in den sozialen Netzwerken. Ausgelernt hat Juliette aber noch lange nicht. Neben den Abi-Prüfungen bereitet sie Probearbeiten für Kunsthochschulen vor:
An einer Schule in Lille bin ich schon genommen worden, aber ich würde lieber an eine Comiczeichenschule in Luxemburg. Das würde ich gerne nach dem Abi machen. Um am Ende in dem Bereich arbeiten zu können, muss man definitiv eine dieser Ausbildungen absolviert haben.
Einen eigenen Comicband in einem Verlag rausbringen, das ist Juliettes großer Traum. Die Konkurrenz in der Comic-Szene ist groß und vor allem männlich dominiert. Aber das schreckt die gerade mal 17-jährige nicht ab. Denn sie hat eindeutig Talent. Und mit ihrem großen Fleiß schon die besten Voraussetzungen geschaffen.
Konzept
Die Comicbegeisterung in Frankreich ist mit dem deutschen Comicmarkt nicht zu vergleichen. Aber sie schwappt auch über die Grenze: Gut die Hälfte aller frankophonen Bücher, die für Deutschland übersetzt werden, sind Comics. Von den Klassikern wie Asterix oder Lucky Luke bis zu heutigen Serien wie Largo Winch oder XIII, von Cartoongrößen wie Sempé oder Pénélope Bagieu bis hin zu den Zeichnern und Zeichnerinnen von Charlie Hebdo oder den Graphic Novels eines Guy Delisle.
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