Modell der Gartenanlagen von Schloss „Monplaisir“ (Foto: Magdalena Hell / SR)

Der Saarbrücker Halberg zur Fürstenzeit: Schloss Monplaisir und seine Gärten

 

Von Anika Meyer*, Mitarbeit Axel Buchholz

Der Saarbrücker Halberg ist heute weithin als Sitz des Saarländischen Rundfunks bekannt. Zugleich wird er als ein beliebtes Ausflugsziel und Naherholungsgebiet geschätzt. Im Wald an seinen Hängen kann man spazieren, auf seinem Plateau das Stummsche „Schloss Halberg“ bewundern und die Anlage des Saarländischen Rundfunks erkunden. Weniger bekannt ist jedoch, dass es hier vor dem Industriellen-Schloss schon das längst untergegangene Barock-Schloss „Monplaisir“ gab. Und auch noch Überreste gibt von dessen ausgedehnten Gärten. Kennt man die entsprechenden Orte, kann so manches aus längst vergangenen Zeiten vor dem geistigen Auge wiederaufleben.  

Um den Wald am Halberg kümmert sich seit 2015 Dipl.-Forstwirt Joachim Schneider: „Der gesamte Wald auf dem Halberg ist sehr alt, fast alle Bestände zählen über 100 Jahre und sind i.d.R. überaltert“, erzählt der Förster. „Es handelt sich im Wesentlichen um Laubholzbestände aus Bergahorn, Esskastanie, Buche, Eiche und Esche.“ Raritäten seien aber vor allem einzelne noch ältere Bäume. Sie stammen aus Pflanzungen, mit denen man hier einst die Landschaft gestaltete – Garten- und Parkanlagen schuf. Von diesen sind auch manche steinernen Zeugnisse noch erhalten. Könnten sie sprechen, sie hätten uns sicher viel zu erzählen… Doch sie schweigen. Zum Glück haben wir Förster Schneider dabei, der gesprächiger ist. Er kennt sein Zuständigkeitsgebiet Halberg wie die eigene Westentasche und hat sich auch mit der hiesigen Vergangenheit befasst. Zusammen mit ihm begeben wir uns auf eine Spurensuche zu den fast vergessenen Gärten des Halbergs.

Förster Joachim Schneider (Foto: Anika Meyer)
Betreut für den Saarländischen Rundfunk den Wald auf dem Saarbrücker Halberg: Förster Joachim Schneider.

Wir starten am westlichsten Punkt des Plateaus, hinter dem Stummschloss, in dem u. a. die SR-Intendanz ihre Büros hat. Hier steht man an einer massiven Böschungsmauer, hinter der es recht steil den Hang hinabgeht.
Nun begeben wir uns in Gedanken in die Zeit der ältesten hiesigen Gartenanlagen, setzen quasi eine „Zeitreisebrille“ auf: Wir landen in der Epoche der Saarbrücker Fürsten. Graf Ludwig Crato von Nassau-Saarbrücken (*1663; †1713) hatte den Halberg für sich entdeckt, als ruhig und idyllisch gelegenen Zufluchtsort. So ließ er hier 1709 bis 1711 nach Plänen des Architekten Joseph C. Motte dit la Bonté das Lustschlösschen Monplaisir errichten. Es war gestaltet nach dem Vorbild pittoresker Lustschlösschen im Park von Versailles wie dem Trianon de Porcelain. Monplaisir blieb auch bei den kommenden Generationen der Saarbrücker Fürsten äußerst beliebt.

Die Gartenterrasse vom heutigen Stumm’schen Schloss (Foto: Magdalena Hell / SR)
Die Gartenterrasse vom heutigen Stumm’schen Schloss von unten, vom Wald aus gesehen.

Durch unsere „Zeitreisebrille“ sieht es hier plötzlich ganz anders aus. Die Böschungsmauer steht ein Stück weiter rechts und hat ihre Form etwas verändert, schwingt mittig elegant vor. Dahinter sind die Bäume gewichen, sodass man durch eine breite Schneise geradewegs hinabblicken kann: auf die Saar, die Stadt und ihr Schloss. Dabei fällt auf, dass die große Gartenanlage des Saarbrücker Stadtschlosses mit einer Mauerrundung endet – ähnlich jener, an der wir stehen. Kein Zufall, sondern eine Art „Zitat“. Auch ist die ganze Lagerichtung der Schloss-und Gartenanlage auf dem Halberg mit ihrer betonten Mittelachse und Blick zum Stadtschloss hin ausgerichtet. Unten im Tal läuft vom südlichen Stadttor St. Johanns eine Straße zu Schloss Halberg, vom nördlichen Stadttor eine zu Schloss Ludwigsberg. So stehen das Stadtschloss und die beiden Lustschlösser in sichtbarer Beziehung zueinander.

Die Gartenterrasse vom heutigen Stumm’schen Schloss (Foto: Magdalena Hell / SR)
Die Gartenterrasse vom heutigen Stumm’schen Schloss.

Neben der Sichtschneise liegt linkerhand ein Weinberg – keine Wiege edler Tropfen, wie der durch seinen Höflichkeitsratgeber berühmte Freiherr Adolph Knigge feststellte, als er hier am Hofe zu Besuch war.
Die Erträge waren sowohl quantitativ als auch qualitativ nicht berauschend, die Weingärten dienten eher als Kulisse für die fürstlichen Feste.

Mehr zum Weinberg auf dem Halberg
Der Saarbrücker Halberg als fürstlicher Weinberg

Wir drehen uns um. Statt des gewohnten Gebäudes des Stumm‘schen Schlosses  steht vor uns das barocke Schlösschen, bestehend aus einem Hauptpavillon, genannt Corps de Logis (Wohntrakt), und zwei separaten Nebenpavillons. Auf dem Gelände davor sind Terrassen angelegt, die sich an den natürlichen Begebenheiten, also dem Gefälle des Hangs, orientieren. Links und rechts liegen Alleen, die eher platzartig wirken.

Geht man um das Schloss herum, öffnet sich der Blick auf die eigentlichen Gartenanlagen. Gegliedert werden sie durch zwei breite Auffahrten, die von links und rechts auf das Schloss zuführen. „Broderieparterres“ liegen vor uns, das heißt, Beete mit niedrigen Hecken, die Muster (Ornamente)  bilden, zudem ein Orangerieparterre mit Orangenbäumen in Kübeln. Die Ornamentik solcher Beete lässt sich mit der von Stickereien (französ. „broderie“) vergleichen.

Wasser sprudelt in einem Bassin mit dem römischen Meeresgott Neptun als Brunnenfigur – eine noch neue Zierde, denn lange Zeit konnte man nur begrenzt Wasser auf den Berg leiten.

Der Freiherr von Knigge registrierte anerkennend ein Detail: „… ein würdiger Mann, fand eine Quelle, und nun ist vor dem Schlosse ein Bassin angelegt, in welches sich aus einer Urne die Quelle ergießt; auf der Urne aber ist zu lesen, daß der Freund (…) des Fürsten das Verdienst der Auffindung dieser Quelle habe, wofür ihm sein Herr hierdurch seine Dankbarkeit bezeugen wolle. Solch kleine Züge sind dem Beobachter um so willkommener, je gewöhnlicher es ist, daß Fürsten immer alles selbst getan haben wollen und die Geschichte mit den Inschriften um die Wette lügt…“

Adolph Freiherr von Knigge (Foto: Focke Museum Bremen)
Fürstenfreund und „Benimmpapst“ Adolph Freiherr von Knigge schrieb 1792 in Reisebriefen über seinen Besuch auf Schloss Monplaisir.

Das Bergplateau wird mittig von zwei großen rechteckigen, von geraden Wegen durchzogenen Gemüsegärten eingenommen. Rechts daneben liegen weitere Beete und nochmals daneben, an der rechten Auffahrt, Wirtschaftsgebäude – darunter die Orangerie zum Überwintern der Orangenbäume. Auf der linken Plateau-Seite hingegen erstreckt sich ein Irrgarten – in dieser Zeit äußerst beliebt. Zu den Hangbereichen hin schließt sich ein Landschaftspark an, mit einem fürstlichen Tiergarten mit Damwild, Baumschule sowie am Fuß Fasaneriepark und Weiher. In diese Parklandschaft ist auch die im Westhang gelegene Mithras-Grotte eingebunden, die  auch Heidenkapelle genannt wird. Sie hatte schon im Altertum den vor dem Halberg an einem Saar-Übergang siedelnden Römern als Mithras-Heiligtum gedient.  Im Mittelalter war sie zu einer Einsiedelei geworden. Die Grotte ist mit Figuren ausgeschmückt, die in Nischen in den Felswänden stehen, sowie mit einer Wasserinstallation.

Insgesamt erscheinen die Gartenanlagen auf dem Plateau weitgehend in typisch barockem Stil: mit geometrischen, vielfach symmetrischen Strukturen. Es ergibt sich ein Bild strenger Ordnung und bis ins Detail geformter Natur, in welcher sich die Allmacht des Fürsten spiegelt. Der Freiherr von Knigge erklärt: „Die Anlagen, welche hier gemacht worden, sind in einem andern Geschmacke (als die auf dem Ludwigsberg), und hie und da regelmäßiger.“ Das liegt daran, dass Schloss Ludwigsberg erst nach „Monplaisir“ gebaut wurde und damit seine Gartenanlagen bereits einem neueren, eher lockeren und phantastisch anmutenden Stil entsprechen.

Noch einmal später entstanden dann die Erweiterungen der  ursprünglichen Barock-Gärten auf dem Halberg. Sie erfolgten in der Art der englischen Landschaftsgärten. Dieser Stil, der sich durch scheinbar natürliche, aber besonders idyllische Szenerien und Blickachsen auszeichnet, war dann also nochmals neuer als der vom Schloss Ludwigsberg.

Jenseits der Gestaltung haben alle fürstlichen Gärten Saarbrückens eine Besonderheit: Sie sind für die Bevölkerung frei zugänglich – jeder darf hier spazieren gehen. Dahinter steckt eine Gesinnung, für die Knigge den Fürsten Ludwig besonders lobte: „Das Schloss ist klein, aber artig eingerichtet. Der menschenfreundliche Fürst hat über ein Camin im Speisesaal eine Inschrift setzen lassen, wovon ich nur die letzte, einladende Zeile behalten habe: Je veux que mon plaisir soit le plaisir des autres.“ – „Ich wünsche, das ‚Monplaisir‘/‘Meine Freude‘ auch die Freude anderer sei.“

Johann Friedrich Christian Köllner (Foto: Sammlung K. Lohmeyer)
Johann Friedrich Christian Köllner: Hofgärtner und Gartendirektor in Saarbrücken.

Bei der Gestaltung der fürstlichen Gartenanlagen waren maßgeblich Friedrich Joachim Stengel und seine Söhne für die architektonischen Elemente verantwortlich, die Gärtnerfamilie Köllner, insbesondere Johann Friedrich Christian Koellner (*7.11.1733 in Rappoltsweiler; † 16.12.1809 in Saarbrücken), für die gärtnerischen Elemente.

Wir ziehen es vor, die „Zeitreise-Brille“ jetzt abzulegen – bevor die französischen Revolutionstruppen kommen und Monplaisir zu einem „untergegangenen“ Schloss wird.

Zurück im Jahr 2024 fragt man sich: Was mag wohl geblieben sein von den fürstlichen Anlagen? Noch zu besichtigen ist eine Nischenfigur wohl aus der Mithrasgrotte. Fürst Ludwig hatte 1772 die ehemaligen Kultstätte der Römersiedlung unten am Halberg figürlich ausstatten lassen. Der weibliche Torso mit Ährenbündeln in der Hand stellt offenbar eine Ernte- und Fruchtbarkeitsgöttin (Ceres) dar. Sie steht heute im Foyer des Stummschen Schlosses.

Schmuckfigur aus der Mithrasgrotte: ein weiblicher Torso (Foto: Magdalena Hell / SR)
Schmuckfigur aus der Mithrasgrotte: ein weiblicher Torso.

Nicht zu sehen sind Überreste vom Schloss Monplaisir und von der Orangerie. Archäologen haben sie bei zwei Notgrabungen des Landesdenkmalamtes    entdecken und dokumentieren können. Sie wurden aber nur vorübergehend freigelegt.

Unter der Erde haben Archäologen Mauerreste von der „Montplaisir“-Schlossanlage gefunden (Foto: Landesdenkmalamt)
Unter der Erde haben Archäologen Mauerreste von der „Montplaisir“-Schlossanlage gefunden.

In der Natur blieb ein Stückchen Fürstenpark recht gut erhalten: eine Waldlichtung am Nordhang. Sie liegt links unterhalb der Franz-Mai-Straße auf etwa halbem Weg hoch zum Saarländischen Rundfunk. Die Lichtung war einst größer als heute. Seit fürstlichen Zeiten nie vergessen, wird sie noch heute „Hirschwiese“ genannt. Zu einem großen Teil war sie damals mit Mauern und Palisaden eingezäunt. In dem Wildgehege („Wildgarten“) mit einem großen Futterhaus wurde Damwild gehalten.  

Außerhalb des Geheges gab es auch viel freilebendes Wild. Die Fürsten gingen deshalb im Halberg-Wald gern auf Jagd. Noch heute lassen sich dort u. a. Rehe beobachten,  Hirsche allerdings nicht mehr. Wildschweine, die heutzutage auf der Futtersuche deutliche Spuren hinterlassen, spielten zu Fürstenzeiten wohl weniger eine Rolle. 

Nach der französischen Revolution (und der Zerstörung von Monplaisir) kamen die Saarbrücker gern auf die dann nicht mehr eingezäunte  Hirschwiese, auch für Volksfeste. In den 1960er/70er Jahren wurde sie immer wieder mal vom SR-Fernsehen als Naturkulisse für Schlager- und Chanson-Darbietungen genutzt.

Die „Hirschwiese“ im Halberg-Wald. (Foto: Reiner Buhl)
Die „Hirschwiese“ im Halberg-Wald.

Die Fürsten von Nassau-Saarbrücken haben im Stadtschloss residiert („Residenzschloss“). Das Lustschloss Monplaisir auf dem Halberg nutzten sie nur gelegentlich im Sommer –  etwa für Feste und Jagden. Allerdings diente es nicht durchgehend gleichermaßen zur fürstlichen Erbauung. Zeitweise war es auch dafür in keinem sehr geeigneten Zustand.

Den Fürsten Wilhelm Heinrich (*9.3.1718 in Usingen; †1768 in Saarbrücken) interessierte Monplaisir wohl so wenig, dass es langsam baufällig wurde. Von wirtschaftlicher Bedeutung waren für ihn dagegen die Einnahmen aus der Land- und Forstwirtschaft auf dem Halberg. So legte er die Schlossanlage mit weiteren Äckern, Weideland und Wiesen zu einem Hofgut zusammen. Dies verpachtete er gemeinsam mit dem am Fuße des Halbergs nach Brebach hin gelegenen Eisenwerk. Als Folge davon wurden dann zum Schloss-Ensemble gehörende Gebäude landwirtschaftlich genutzt. Auch der Hofbeständer (Pächter) hatte sein Hofhaus oben auf dem Halberg- Plateau.

Mehr Infos zur Geschichte des Halbergs finden sich im Fundstück von Roland Schmitt
Der Halberg: vom Mythen- zum Medienberg

Wilhelm Heinrichs Sohn, Fürst Ludwig von Nassau-Saarbrücken (3. 1.1745 in Saarbrücken; †2.3.1794 in Aschaffenburg) zeigte dagegen mehr Interesse an Monplaisir. Unter seiner Regentschaft begannen im Jahr 1770 Sanierungsarbeiten am Schloss. Monplaisir und seine Gärten waren zum Refugium seiner Frau, der Fürstin Wilhelmine von Schwarzburg-Rudolstadt (*22.01.1751 in Rudolstadt; † 17.07.1780 in Saarbrücken), geworden. Nach der Geburt  des gemeinsamen Sohnes, Erbprinz Heinrich Ludwig,  zog sie sich ab 1768 immer mal wieder dorthin zurück, ab 1773 dann auf Dauer. Das kam nicht von ungefähr.  

Ihr Gemahl, Fürst Ludwig, war der ehelichen Treue wenig zugetan. Noch während Freifrau Frederike Amalie von Dorsberg als offizielle Maitresse den Fürsten beglückte, entwickelte sich seine Beziehung zu deren Nachfolgerin. Sie hieß Katharina Kest (2.3.1757, * in Fechingen; †1.12.1829 in Mannheim) und diente der Maitresse als Kammerzofe und  Kindermädchen. Die Leibeigene war eine Bauerntochter aus dem nahen Dorf Fechingen. Mit ihr ging Fürst Ludwig schließlich 1774 eine „Ehe zur linken Hand“ ein, eine Art Nebenehe.

Katharina „schenkte“ ihm sechs Kinder. Der Fürst machte sie erst zur Freifrau von Ludwigsberg, später dann zur Reichsgräfin Catharina von Ottweiler und Herzogin von Dillingen. Für die fürstlichen Untertanen blieb sie die „Gänsegretel von Fechingen“. Bis heute erinnert im ehemaligen Dorf ein Denkmal an das arme Bauernmädchen, das einst die Gänse ihres Vaters hütete und zu einer Gräfin emporstieg.

Vom leibeigenen „Gänsegretel“ zur Gräfin: In ihrem Geburtsort Fechingen erinnert ein Brunnen an Katharina Kest (Foto: Magdalena Hell / SR)
Vom leibeigenen „Gänsegretel“ zur Gräfin: In ihrem Geburtsort Fechingen erinnert ein Brunnen an Katharina Kest.

Plakette des „Gänsegretel“-Brunnens in Fechingen (Foto: Magdalena Hell / SR)
Plakette des „Gänsegretel“-Brunnens in Fechingen.

Ludwigs Ehefrau, die Fürstin Wilhelmine, war auf dem Halberg diesen amourösen Dauer-Eskapaden ihres Gatten aus dem Wege gegangen. Von ihm zwar verschmäht, wurde die stets freundliche und freigiebige Fürstin im Volk aber weiterhin fast wie ein Engel verehrt. Sie hatte nie die strahlende Fürstin im Stadtschloss geben wollen oder können – sie galt als matt, schwächlich und stets kränkelnd. Auch soll sie von den Pocken gezeichnet gewesen sein.

Im Halberg-Schlösschen Monplaisir fühlte Fürstin Wilhelmine sich offenbar wohl – widmete sich der Erziehung ihres Sohnes, des Erbprinzen Heinrich Ludwig (*9.3.1768 in Saarbrücken; †27.4.1797 bei Cadolzburg) und zeigte große Motivation für die Gestaltung der Parkanlagen. Im Weiher des Hüttenwerks ließ sie sogar unten am Berg eine Insel anlegen. Zwischen dem landwirtschaftlichen Gutsbetrieb und der fürstlichen Hofhaltung wurde nun wieder standesgemäß getrennt.
Die Fürstin und der Erbprinz waren so die ersten und zugleich einzigen ständigen fürstlichen Bewohner des Halbergs, von denen wir wissen.

Halbergweiher (Foto: SR)
Der ehemalige Weiher am Fuß des Halbergs unterhalb der Hirschwiese.

Diese offenbar für die Fürstin und den Erbprinzen schöne Zeit ging 1793 durch die einfallenden französischen Revolutionstruppen zu Ende. Die fürstliche Familie suchte zuerst Zuflucht in ihrem Neunkircher Jagdschloss Jägersberg. Nach einem halben Jahr war es  auch damit vorbei.

Rekonstruktion von Schloss Jägersberg in Neunkirchen: ab 1792 der erste Zufluchtsort der fürstlichen Familie (Foto: Stadtarchiv Neunkirchen / Dieter Heinz )
Rekonstruktion von Schloss Jägersberg in Neunkirchen: ab 1792 der erste Zufluchtsort der fürstlichen Familie. Angefertigt wurde die Rekonstruktion von Dieter Heinz im Jahre 1952 im Auftrag des Neunkircher Bürgermeisters Brokmeier für die Stadt.

Am 13. Mai 1793 floh Fürst Ludwig von dort nach Aschaffenburg, der Erbprinz flüchtete einen Tag später, als das Neunkircher Schloss überfallen, geplündert und schließlich niedergebrannt wurde. Ein ähnliches Schicksal ereilte bald das Saarbrücker Stadtschloss (7.10.1793) und das Halberg-Schlösschen Monplaisir (am 17.11.1793). Die französischen Truppen besetzten auf ihrem Siegesmarsch durch Europa nach dem Territorium des heutigen Saarlandes nach und nach das gesamte linksrheinische Gebiet des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Die Zeit der Fürsten von Nassau-Saarbrücken an der Saar fand damit ein Ende.   

Der Erbprinz Heinrich Ludwig  beteiligte sich nach der Flucht aus Neunkirchen zuerst als Oberst der preußischen Kavallerie an den vergeblichen Versuchen, den französischen Revolutionstruppen Widerstand entgegenzusetzen und floh dann über   Rheinhessen ins Schloss Cadolzburg in Mittelfranken. Dort hatte ihm der preußische König Asyl gewährt.

Burg Cadolzburg (Foto: IMAGO / imagebroker)
Schloss Cadolzburg: Der Asylort von Erbprinz Heinrich Ludwig.

Nach dem Tod seines Vaters 1794  im Aschaffenburger Exil  war Heinrich Ludwig noch für drei Jahre der letzte – aber nicht mehr regierende – Fürst von Nassau-Saarbrücken. Er starb 1797 im Alter von nur 29 Jahren nach einem Sturz vom Pferd  in der Nähe von Cadolzburg. Dort wurde er auch beigesetzt. Die Gruft vor dem kleinen Altar der Schlosskapelle Cadolzburg  wurde allerdings nur seine vorletzte Ruhestätte.

Denn vergessen an der Saar war Fürst Heinrich damit nicht. Und auch nicht sein im Exil geschriebenes Testament. Darin hatte er in Erinnerung an seine schönen Kinderjahre auf Schloss Monplaisir den Wunsch vermerkt, auf dem Halberg beerdigt zu werden, falls der Fall eintrete, dass seine „Leiche dereinst kann ins Saarbrück‘sche gebracht werden“.

Obelisk für Erbprinz Heinrich Ludwig  (Foto: Anika Meyer )
Obelisk für Erbprinz Heinrich Ludwig am Rande des Rondells des Stumm’schen Schlosses auf dem Halberg.

Der private „Freundeskreis Erbprinz Heinrich“ sorgte dafür, dass ihm sein letzter Wunsch erfüllt wurde – allerdings erst,  als die linksrheinischen Territorien längst nicht mehr französisch besetzt waren. Rund 180 Jahre später wurden Heinrichs  sterbliche Überreste 1976  aus dem fränkischen Asyl feierlich auf den Saarbrücker Halberg umgebettet.

Seither erinnert dort ein Obelisk an ihn. Er steht nur ein paar Schritte von einer Stelle entfernt, an der Archäologen Überreste von Schloss Monplaisir freigelegt hatten. Und in die andere Richtung sind es nur wenige Meter bis zu einer Ecke des bis heute erhaltenen Stummschen Schlosses Halberg, mit dessen Bau 80 Jahre nach seinem Tod begonnen wurde. Und das auch wieder von einer prächtigen Parkanlage umgeben war.

*Die Autorin Anika Meyer ist studierte Kunsthistorikerin. Als Journalistin gibt sie das regionale Kulturmagazins „Sonah“ heraus. Darin ist ihr Text bereits in der Nummer 3-2024 in ähnlicher Form erschienen.

Die Autorin Anika Meyer (Foto: Anika Meyer )
Die Autorin Anika Meyer ist studierte Kunsthistorikerin. Als Journalistin gibt sie das regionale Kulturmagazins „Sonah“ heraus. Darin ist ihr Text bereits in der Nummer 3-2024 in ähnlicher Form erschienen.

Als Quellen dienten u.a.:
Dieter Heinz: Gärten der Barockresidenz Saarbrücken. In: Saarheimat, 1961
Roland Schmitt, Der Halberg: vom Mythen- zum Medienberg, Internetreihe Reihe „Fundstücke zur SR-Geschichte“, sr.de
Roland Schmitt , Historischer Halberg (Texte zu den Stationen des Rundwegs), sr.de
Claudia Stoll: Die Gärten auf dem Halberg im 18. Jahrhundert / Die Gartenanlage auf dem Halberg im 19. und 20. Jahrhundert, in: Christof Trepesch (Hrsg.): Gartenkunst in Saarbrücken, 1999

Überreste einstiger Garten- und Parkanlagen auf dem Halberg kann man am besten auf dem Rundweg „Historischer Halberg“ besuchen. Er verläuft auf gut drei Kilometern über den Berg – einen Plan gibt es am SR-Pförtnergebäude oder online. Auch bietet der SR Führungen zum Thema an. Weitere Infos: www.sr.de

Redaktion für den Arbeitskreis SR-Geschichte: Axel Buchholz; Redaktionelle Beratung: Förster Joachim Schneider; Illustration: Burkhard Döring, Magdalena Hell, Anika Meyer ; Layout und Gestaltung: Magdalena Hell; Standbilder: Sven Müller (Fernseh-Archiv).

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