Dieser Superheld kennt keine (Comic-) Grenzen
Pascal Jousselins "Unschlagbar" ist durch schwarze Linien nicht zu halten
Man stelle sich vor, ein Bösewicht kann die Farben der ganzen Welt verändern - oder sogar auf Schwarz stellen. Definitiv ein Gegner von Unschlagbar und seine Freunde in ihren Abenteuern, die für Kleine und Große ein reines Vergnügen sind - die Alltags-Justice-League unseres Vertrauens.
Es gibt Comic-Helden, die waren weder bei Marvel, noch bei DC angestellt. „Invincible“ – Mark Grayson – war so einer, Sohn von Omni-Man, Retter und Nachfolger der Guardians of the Globe. Man weiß nicht, ob Paul Jousselin ihn im Sinn hatte, als er „Imbattable“, „Unschlagbar“ erschuf (er sagt, er beziehe sich eher auf die franko-belgische Tradition). Dass SEIN „Unschlagbar“ inzwischen eine Referenz im Comic geworden ist, liegt an seinen einzigartigen Fähigkeiten, die bisher nur einzelne Figuren von Tex Avery hatten (und mal ab und zu die von ihn imitierenden Zeichnern): „Unschlagbar“ hält sich nicht an seine natürlichen Grenzen, er springt von Bild zu Bild, von Reihe zu Reihe, von Panel zu Panel, von Seite zu Seite.
Die Virtuosität, mit der er das tut, hat mit dem – man darf es so sagen – Genie seines Autors Pascal Jousselin zu tun. Der Mann aus der bretonischen Hauptstadt Rennes (nein, es ist nicht Nantes) muss mit den Genen eines Logikgenies auf die Welt gekommen sein. Nur so lässt sich erklären, wie er es seit über zehn Jahren schafft, im Magazin „Spirou“ einen kleinen Helden herumtoben zu lassen, bei dem man hals- und neuronenbrechende Gehirnverrenkungen machen muss, unter denen es einem schwindlig werden kann. Wie schafft es „Unschlagbar“, vom obersten Rand der Seite ganz unten einzugreifen, und dennoch am Ende schlüssig und ohne Anschlussfehler dort anzukommen? Wie schafft es sein Sidekick, in der Ferne Dinge zu greifen und in die Nähe zu holen - leider größenverändert? Wie schafft es ein Bösewicht, tatsächlich durch die Seiten zu schlüpfen? Mysterium. Aber ein geniales. Das noch dazu in einem sehr demokratischen Umfeld angesiedelt ist – einer Alltagswelt mit vielen liebevoll beobachteten Figuren. Und absolut abgefahrenen Geschichten.
Carlsen hat die ersten drei Bände in einem Schuber herausgebracht (nur in Deutschland). Wer nur ein bisschen Comicfan ist, braucht diesen Schuber – als Genuss- und Studienobjekt. Denn mehr kann man aus einem Genre, das eigentlich auf Panels und Strips begrenzt ist, nicht herausholen. Kein Wunder, dass Jousselin auch in Schulen oder in Kunstakademien gelehrt wird. Seinen Erfolg auch über Landesgrenzen hinaus findet er cool. Dem SR sagte Jousselin (übersetzt): „Ich bin erstaunt, dass „Imbattable“ in so vielen Ländern übersetzt wurde. Dieses Projekt bezieht sich ja unter anderem auf die frankobelgischen Comics einer bestimmten Epoche mit ziemlich speziellen Anspielungen, ich hätte nicht erwartet, dass das die Grenzen überquert. Deutschland ist dabei ein besonderer Fall, ich glaube zu wissen, dass das frankophone Comic bei Euch immer gut aufgenommen wurde. Ihr seid übrigens das ERSTE Land, das die Abenteuer meines kleinen Superhelden übersetzt hat.“ Und Jousselin fügt auf Deutsch hinzu: „Vielen Dank, liebe Nachbarn!“
Pascal Jousselin Unschlagbar
Carlsen Verlag Hamburg ab 2018
ISBN978-3-551-80486-0
Pascal Jousselin Imbattable
Editions Dupuis und im Magazin Spirou
Die bisherigen Artikel von sr.de/bd
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