Extrem-Oper "Sancta" soll "nicht primär provozieren"
Ein Gespräch mit "Tanz"-Redakteur Falk Schreiber
18 Besucher, die nach der Vorführung medizinisch behandelt werden mussten, Blasphemie-Vorwürfe und große Diskussionen: Das ist die Bilanz der Inszenierung von „Sancta“ am Stuttgarter Opernhaus. Falk Schreiber ist Redakteur der Zetschrift „Tanz“, hat das Stück in Schwerin gesehen und ordnet es im Gespräch mit SR kultur ein.
Eins vorweg: Provozieren wollen habe Regisseurin Florentina Holzinger nicht, glaubt Schreiber. Zumindest nicht primär. Eher sei es ihr um den „Spaß am Exzess“ gegangen, um das Spektakel, das die katholische Kirche in ihren Messen zelebriert.
Tanzperformance mit nackter Haut und Blut
„Sancta“ besteht in dieser Inszenierung eigentlich aus zwei Stücken. Zuerst wird die halbstündige Oper „Sancta Susanna“ von Paul Hindemith von 1922 aufgeführt, die sich um das Thema Kirche und Sexualität dreht. Dann folgt eine etwa zweistündige Tanzperformance, die das Ritual des Gottesdienstes wörtlich auslegt, und das sehr freizügig und blutig
Weihrauch und herausgeschnittenes Fleisch
So wird etwa an einer Stelle einer Tänzerin ein Stück Fleisch herausgeschnitten, gut sichtbar für das Publikum dank einer Kamera, die die Szene filmt und auf größerer Leinwand zeigt. Schreiber mutmaßt, dass es an solchen Szenen gelegen haben werde, dass Zuschauern der Kreislauf wegkippte. Wobei bestimmt auch die stickige Luft voller Weihrauch dazu beigetragen habe. Er habe aber bei der beschriebenen Szene auch die Augen geschlossen.
Keine Blasphemie
Trotzdem: Für ihn hat Holzinger in dem Stück den Rausch der Kirche einfach extremer dargestellt, und zwar auf eine Art, die Spaß macht. Den Vorwurf der Blasphemie kann er nicht bestätigen.
Das Titelbild zeigt die Staatsoper Stuttgart, in der "Sancta" aktuell aufgeführt wird.
Ein Thema in der Sendung "Der Morgen" auf SR kultur am 11.10.2024.