Abofalle Deutschlandticket? Wie sich Fahrgäste wehren können

Das Abo gekündigt, aber trotzdem wurde weiter abgebucht. Der Bestellvorgang abgebrochen, aber trotzdem wurde abgebucht. Das Ticket bestellt, aber nie erhalten, und trotzdem wurde abgebucht. Solche Fälle gibt es immer wieder im Zusammenhang mit dem Deutschlandticket. Aber wie kann das sein und was kann man tun?

Das Deutschlandticket macht für viele Menschen das Bus- und Bahnfahren einfacher und auch günstiger. Aber immer mehr Verbraucher beklagen Probleme. Ein Dauerärgernis ist offensichtlich der Kundenservice, aber auch die Technik. Was man wissen sollte und was man tun kann.

"Keine Vorteile, nur Probleme"

Helga und Hartmut Schlang sitzen in ihrem Garten. Es ist ein sonniger Sommertag, knapp ein Jahr nach ihrer Reise in die Lüneburger Heide. Sie erinnern sich noch gut, aber nicht gerne. Zwar war der Urlaub schön, erzählen sie, aber sie verbinden ihn leider mehr mit Ärger als mit Entspannung. Auslöser des Übels ist die Deutsche Bahn.

Genauer genommen das im Urlaub wegen Zugverspätungen wenig genutzte Deutschlandticket: „Wir wollten das mal ausprobieren mit dem 49-Euro-Ticket“, erinnert sich der Rentner. "Auch um etwas ökologischer unterwegs zu sein. Was aber keine Vorteile, sondern nur Probleme gebracht hat. Bis jetzt."

Noch vor Reiseantritt hat Herr Schlang das Ticket online gebucht und nur zwei Tage später das Abo fristgerecht gekündigt. "Wir haben das auf unsere Mobilfunkgeräte gekriegt. Und auch die Kündigung wurde von der Bahn direkt bestätigt. Und insofern dachten wir eigentlich, wir wären auf der sicheren Seite."

Mahnungen und Inkassoverfahren

Weit gefehlt. Noch im Urlaub erhalten sie das Ticket für den nächsten Monat und der Betrag wird ebenfalls abgebucht – trotz der fristgerechten Kündigung.

"Problematisch wurde das Ganze, als die ersten Mahnungen kamen. Dann habe ich den Bankeinzug widerrufen und habe das Geld, das nicht rechtmäßig abgebucht wurde, wieder zurückgebucht. Und dann ging natürlich ein extremes Mahnverfahren los, was ich versucht habe über die Verbraucherzentrale des Saarlandes zu regulieren."

Kontaktaufnahme mit der DB unmöglich

Denn bei der Bahn habe niemand reagiert, weder auf E-Mails, Briefe noch auf Anrufe, dort wurde Familie Schlang immer wieder vertröstet und an andere Stellen verwiesen. "Es gab keine Möglichkeit, Kontakt aufzunehmen zum Aboservice. Die stellen sich tot", kritisiert Hartmut Schlang.

Kein Einzelfall

Geendet wurde das Mahnverfahren per Post von einem Inkassobüro. Kein Einzelfall, wie der Fahrgastverband Pro Bahn dem SR auf Anfrage bestätigt. Noah Wand, Landesvorsitzender vom Fahrgastverband Pro Bahn in Rheinland-Pfalz und dem Saarland: "Die Beschwerden nehmen wir jetzt seit über einem Jahr entgegen und ich bin ehrlicherweise schockiert, dass immer noch keine Besserung passiert ist."

Ticket 17-mal abgebucht

Hinzu komme, dass viele sich eine mehrfache Abbuchung der 49 Euro nicht leisten können. "Wir haben dort echte Verzweiflung gehört. Da wurde eben nicht nur die Kündigung nicht bearbeitet, sondern teilweise auch ein Ticket bis zu 17-mal am Ende abgebucht“, beschreibt Wand einen Fall ungläubig.

"Das kann sich nicht unbedingt jeder mal eben so leisten, gerade bei Familien, wo dann auf einmal das Konto leer ist, guckt man dann, sage ich mal, in die Röhre."

Der Weg zum Anwalt

Rechtsanwältin Caroline Gebhart empfiehlt Geschädigten: "Wenn jemand Post vom Inkasso-Unternehmen bekommt, ist das der späteste Zeitpunkt, um zum Anwalt zu gehen. Man muss auch immer sehen, die haben ruck, zuck einen Schufa-Eintrag gemacht und bis ich den wieder weghabe, das ist nicht so einfach."

Sowohl die Rechtsanwältin als auch der Fahrgastverband raten deshalb dringend dazu, alle Unterlagen ab der Kündigung aufzubewahren, damit auch jederzeit nachgewiesen werden kann, dass man tatsächlich gekündigt hat. "Wenn Mahnungen kommen, kann man eventuell nochmal eine Kündigung schriftlich nachreichen, einfach um auf Nummer sicher zu gehen", so Wand.

Kein Ticket, aber Abbuchungen

Schwieriger ist die Situation, wenn man das Deutschland-Ticket gebucht und nicht bekommen hat. Auch solche Fälle sind bekannt.

"Wenn man es gebucht und nicht bekommen hat, sollte man sich sofort an den Service-Point der Deutschen Bahn wenden und die anschreiben. Zusätzlich an die Bank wenden und schauen, ob die Abbuchung, die ja dann wahrscheinlich erfolgt ist, ob man die noch rückgängig machen kann. Auf jeden Fall in irgendeiner Form tätig werden gegenüber der Deutschen Bahn", empfiehlt die Rechtsanwältin.

Aber die reagiert im Zweifel eben nicht. Ein Teufelskreis. Auch da rät die Expertin, den Weg zum Anwalt einzuschlagen. Alternativ können sich Betroffene auch an die Verbraucherzentrale oder an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr wenden.

Wie kommt das?

Auf die Frage, wie es dazu überhaupt kommen kann, wissen die Experten auch keine richtige Antwort. "Ich kann mir bei der Deutschen Bahn nicht vorstellen, dass es eine Masche ist. Ich habe den Eindruck, dass sie mit der Masse überfordert sind", meint Caroline Gebhardt.

"Das ist ein Phänomen, das beobachtet man überall bei der Deutschen Bahn, dass man wirklich behördenähnliche Strukturen hat und die teilweise auch selbst nicht wissen, wer für was zuständig ist. Wo das Problem ist oder wie man das lösen kann, kann ich nicht beantworten“, ergänzt Noah Wand.

Andere Anbieter nutzen

Um solchen Problemen künftig aus dem Weg zu gehen, empfiehlt der Fahrgastverband den Erwerb des Tickets bei einem regionalen Anbieter, wie beispielsweise den Verkehrsverbünden. Noah Wand: "Da sind uns tatsächlich ausnahmslos keine Beschwerden bekannt. Zumindest nicht, wo das Problem dann nicht innerhalb kürzester Zeit wieder gelöst wurde."

Denn auch die Wege zur Kundenunterstützung seien wesentlich kürzer: "Wahrscheinlich ist auch der Kundenservice in einer Hand gebündelt."

Emotionale und finanzielle Belastung

Für Helga und Hartmut Schlang ist es dafür aber schon zu spät. "Es ist jetzt langsam psychisch sehr belastend, das muss man einfach so sagen, wenn Sie in Ihrem Leben noch nie Schulden hatten und werden dann von einem Unternehmen so vorgeführt", beschreibt Hartmut Schlang die Situation. Seine Frau Helga Schlang kämpft mit den Tränen: "Ich wäre einfach froh, die Sache wäre erledigt. Ich sehe kein Weiterkommen."

Das Ehepaar wartet nun auf eine Rückmeldung des Inkassobüros. Bei der Verbraucherzentrale des Saarlandes fühlen sie sich gut beraten. Ob sie Erfolg mit ihrem Einspruch haben, wird sich noch zeigen. Falls nicht, wollen sie mit dem Thema vor Gericht ziehen, um das Geld geht es ihnen aber schon lange nicht mehr.

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