Medizinstudenten üben die hygienische Händereinigung in der Waschstraße vor einem OP-Raum (Foto: picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte)

Wie die Gesundheitsversorgung im Saarland gelingen kann

Laszlo Mura   03.09.2023 | 08:31 Uhr

Um den Ärztemangel im Saarland in den Griff zu bekommen, braucht es auf jeden Fall mehr junge Ärztinnen und Ärzte. Die Arztausbildung dauert aber mindestens zwölf Jahre. Bis dahin könnten Übergangslösungen die Versorgungslücke halbwegs schließen.

Seit Jahren steckt das Saarland in der Gesundheitskrise. Leerstehende Arztpraxen, fehlende Nachfolger und eine immer älter werdende Gesellschaft stellen das Land vor Probleme. Probleme, die mit Einzelaktionen nach Ansicht der saarländischen Ärztekammer nicht zu lösen sind. Viel mehr müsse es ein "ganzes Paket an Lösungen" geben, sagt Präsident Josef Mischo.

Mehr Studienplätze für Humanmedizin

In diesem Jahr stehen der Universität des Saarlandes insgesamt 298 Studienplätze der Humanmedizin zur Verfügung. Das ist etwas mehr als in den vergangenen zehn Jahren und gemessen an der Einwohnerzahl des Saarlandes verhältnismäßig viel. Dennoch spricht sich die Ärztekammer für noch mehr Kapazitäten aus, im Saarland und in ganz Deutschland. "Die Kopfzahl geht zwar nach oben, die Arztstunden, die den Patienten zur Verfügung stehen, aber nicht", so Mischo. Das liegt auch an geänderten Lebensmodellen.

Zahl der Studienplätze an der Universität

Einer Studie aus dem Jahr 2019 zufolge beantragen nur rund 41 Prozent der Absolventinnen und Absolventen die Zulassung zur ärztlichen Tätigkeit im Saarland, also deutlich weniger als die Hälfte. Um die "Versorgung in hoher Qualität" sicherzustellen, hält die Kassenärztlichen Vereinigung (KV) es auf SR-Anfrage für wichtig, "junge Ärztinnen und Ärzte für das Saarland und die ambulante Versorgung zu gewinnen".

Dabei müssten auch die aktuellen Trends beachtet werden: "Die kommende Generation an Ärztinnen und Ärzten tendiert grundsätzlich mehr zur Tätigkeit in Anstellung als zur beruflichen Selbstständigkeit mit Praxisinhaberschaft." Außerdem seien sie "häufiger in Teilzeitmodellen tätig", als die ältere Generation. Deswegen geht die KV davon aus, dass langfristig mehr Ärztinnen und Ärzte benötigt werden, um ihre in den Ruhestand gehenden Kolleginnen und Kollegen zu ersetzen.

Junge Ärzte im Land halten

Im Saarland werden zwar verhältnismäßig viele Humanmediziner ausgebildet. Die kehren nach dem Studium aber häufig in ihre Heimat zurück, beispielsweise nach Rheinland-Pfalz. Um diese Leute zu halten, "braucht es attraktive Weiterbildungsangebote und perspektivische Einblicke in den Kommunen, die besonders vom Ärztemangel betroffen sind", sagt Kammerpräsident Mischo.

Abschlüsse im Medizinstudium an der Saar-Uni

Die KV spricht nach eigener Aussage Medizinstudierende bereits auf Infoveranstaltungen der UdS an und informiert sie über ihre späteren Möglichkeiten einer Tätigkeit im ambulanten Bereich. Außerdem veranstaltet die KV zusammen mit niedergelassenen Ärzten die sogenannte Autumn School, eine Veranstaltung mit Workshops zur Praxistätigkeit und Übernachtung in Saarbrücken.

Landarztquote an der UdS

Ein weiterer Ansatz gegen den Ärztemangel ist die "Landarztquote", die die Universität des Saarlandes vor drei Jahren eingeführt hat. Sie ermöglicht es jährlich bis zu 22 Abiturientinnen und Abiturienten, deren Notendurchschnitt für eine herkömmliche Zulassung nicht ausreicht, dennoch Medizin studieren zu können.

Der Gedanke dahinter: Man verpflichtet sich, nach der Ausbildung im Saarland zu bleiben. Die ersten Absolventinnen und Absolventen dieses Programms werden allerdings erst in neun Jahren fertig ausgebildet sein und haben damit "erst mal keinen unmittelbaren auf die aktuell freien Arztsitze", so die Kassenärztliche Vereinigung.

Weitere Mittel gegen den Ärztemangel

Mischo kann sich darüber hinaus noch weitere Ansätze vorstellen, wie die Versorgung effizienter gestaltet werden kann. "Man muss sich die Frage stellen, ob der Arzt wirklich alles machen muss." Es sei auch denkbar, dass "zusätzlich ausgebildete Fachangestellte" teilweise Aufgaben von Ärzten übernehmen könnten - beispielsweise bei unkritischen Außeneinsätzen.

Außerdem müsse die Gesellschaft mehr für das Thema Gesundheit sensibilisiert werden, damit unnötige Arztbesuche weniger werden. Die Vermittlung müsse am besten schon in der Schule beginnen. Damit könne die Situation auch längerfristig entspannt werden.


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