Kommentar: "Mehr Diskussionen - aber an echten Orten"

"Mehr Diskussionen - aber an echten Orten"

Markus Person   23.11.2023 | 17:00 Uhr

Extremistische Tendenzen machen sich immer mehr breit. Sie gefährden unsere Gesellschaft, unsere Demokratie. Und die sozialen Medien wirken dabei wie Brandbeschleuniger. Höchste Zeit, wieder "offline" ins Gespräch miteinander zu kommen. Ein Kommentar von Markus Person.

Vor mittlerweile über 20 Jahren - mit dem Start in ein neues Jahrtausend - dachte ich: Die ganze Welt wird besser. Europa wächst zusammen und wird größer, die Gesellschaft wird offener und vielfältiger, die Welt ist zu Gast bei Freunden und so. Und dann noch dieses Internet mit seinen ersten sozialen Netzwerken - toll! Jetzt wachsen wir auch noch global digital zusammen, können uns in Echtzeit austauschen, auch über tausende Kilometer entfernt. Das muss doch auch der Demokratie gut tun und unter die Arme greifen.. Mehr Kommunikation, mehr Beteiligung, mehr Austausch.

Die Demokratie - massiv unter Druck

Jetzt - kein Vierteljahrhundert später - ist von dieser Hoffnung bei mir gefühlt nichts mehr übrig. Und die Demokratie steht weltweit - und auch in Deutschland - massiv unter Druck. Extreme Ansichten und damit auch der Extremismus sind en vogue.

Laut einer großen Studie aus dem Herbst werden auch die Menschen in Deutschland immer empfänglicher für menschenfeindliche, extremistische, Positionen. Mehr als acht Prozent wird gar ein rechtsextremes Weltbild zugeschrieben.

Natürlich, die Krisen der vergangenen Jahre haben bei uns allen Spuren hinterlassen: Coronapandemie, Ukrainekrieg, Energiekrise, Inflation, Nahost. Das vermeintlich sichere Gefühl der Vergangenheit ist weg. Viele befürchten, dass es noch schlimmer kommt.

„Die“ anderen sind schuld

In unserer globalisierten Welt voller Abhängigkeiten voneinander gibt es für vieles leider keine einfachen Antworten - auch das wiederum macht Extremismus attraktiv: „Die“ anderen sind schuld, dass es uns schlechter geht.

Die Politik sollte es eigentlich besser wissen - aber auch hier haben polarisierende, spaltende Aussagen Hochkonjunktur. Politikerinnen und Politiker mit extremen Ansichten - weltweit - reiben sich die Hände. Dass sie keine Lösungen für die Probleme der Welt anbieten, geschweige denn haben - geschenkt. Wahlen gewinnen sie trotzdem: Ganz aktuell in den Niederlanden zu beobachten. Und die Demokratie? Die ist auf dem Rückzug!

Brandbeschleuniger Soziale Netzwerke

Das auch wegen eines Brandbeschleunigers: die sozialen Netzwerken. Von wegen „kommt zusammen“ und „vernetzt euch“. Die Wahrheit heißt: Abgrenzung und Diffamierung. Ungeprüft und unmoderiert wird behauptet, getobt und gehetzt, über „den oder die anderen“ hergezogen. Das Ganze auch noch gerne unter dem Deckmantel falsch verstandener Meinungsfreiheit.

Wir brauchen wieder den Dialog von Angesicht zu Angesicht

Dabei bräuchten wir gerade jetzt mehr Diskussionen - aber an echten Orten. Der direkte Austausch, das Gespräch miteinander, ist gerade jetzt wichtiger denn je. Im Dialog können wir Vorurteile ausräumen, das Gegenüber als Mensch kennenlernen - und feststellen, dass der andere vielleicht gar nicht so anders tickt. Das geht überall: im Verein, in der Kneipe, unter Nachbarn auf der Straße. Nur so bleiben wir eine offene, demokratische Gesellschaft. Politik und die Internet-Konzerne können da gerne mithelfen.


SR 3-Thementag "Extremismus"


SR 3-Thementag am Donnerstag, 23. November
"Extremismus"
Wo verläuft die Trennlinie zwischen Meinungsfreiheit und Extremismus? Und wie kann man im Sinne der Demokratie dagegenhalten? Der Thementag auf SR 3 Saarlandwelle am 23. November.

Ein Thema in "Der Feierabend" am 23.11.2023 auf SR 3 Saarlandwelle.

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