Trotz Klimanotstand: Kritiker bemängeln zu wenig Klimaschutz in Saarbrücken
Knapp fünf Jahre nach der Erklärung des Klimanotstands für Saarbrücken ziehen Klimaschutz- und Umweltaktivisten eine kritische Bilanz. Seither werden alle Stadtratsentscheidungen zwar auf ihre Klimaschutzauswirkungen geprüft - dennoch würden aber zum Beispiel immer noch zu viele Bäume gefällt.
2019 rief Saarbrücken als bisher einzige Stadt im Saarland den Klimanotstand aus. Fast alle Fraktionen im Stadtrat folgten damit einem Antrag der Grünen-Fraktion. Damit verpflichtete sich die Landeshauptstadt, dass bei allen künftigen Stadtratsentscheidungen die Auswirkungen auf den Klimaschutz berücksichtigt werden müssen. Nach Ansicht des BUND bleibt die Stadt aber bisher hinter ihren eigenen Ansprüchen zurück.
Bäumfällungen sorgten jüngst für Kritik
Erst zuletzt hatte in Saarbrücken bei Umweltschützern für Ärger gesorgt, dass in der Trierer Straße mehr als 30 Bäume für die Umgestaltung des Bereichs um die Congresshalle gefällt werden mussten. Das ist auch einer der Hauptkritikpunkte des BUND in Saarbrücken: Auch nach fast fünf Jahren erklärtem Klimanotstand werde zu viel gerodet.
Saarbrücken brauche daher einen kompletten Stopp von Baumfällarbeiten wie in anderen europäischen Städten. Jeder einzelne Baum sei wichtig für das Stadtklima. Der BUND verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass Saarbrücken nach Angaben des Bundesumweltamtes die heißeste Stadt im Saarland ist.
Zustimmung für Tempo-30-Zonen
Positiv bewertet der BUND die Einführung der Tempo-30-Zonen in der Innenstadt. Gleichzeitig müssten aber komplett verkehrsfreie Viertel in Saarbrücken geschaffen und Parkplätze abgeschafft werden. Als Beispiel nennt der BUND Frankfurt, wo in diesen Tagen drei Innenstadtquartiere von der Stadt deutlich verkehrsberuhigt werden sollen.
Frankfurt ist für die Umweltschützer grundsätzlich ein Vorbild in Sachen Klimaschutz: Der BUND lobt, dass die Stadtverordneten dort 2022 ein Klimaschutzpaket mit konkreten Zielen beschlossen haben: Demnach soll Frankfurt bis zum Jahr 2035 klimaneutral werden, die Stadtverwaltung bereits bis 2030. Ein Ziel, das in Saarbrücken schwer zu erreichen sein dürfte.
Zuverlässige Daten für Saarbrücken fehlen
Laut BUND werden in der Landeshauptstadt keine zuverlässigen Datenmengen zu Energieverbrauch und CO2-Ausstoß erhoben. Die Stadtverwaltung verweist auf SR-Anfrage unter anderem darauf, dass sie im Jahr 2022 den Energieverbrauch bei der Wärmenutzung im Vergleich zum Vorjahr um rund 20 Prozent verringert habe - das entspräche acht Millionen Kilowattstunden.
Die Frage, ob es ein gezieltes Monitoring gibt, dass die Erfolge des erklärten Klimanotstands in konkreten Zahlen erfasst - etwa zum CO2-Ausstoß - hat die Stadt bisher nicht beantwortet.
Konkrete Klimaschutzmaßnahmen in Saarbrücken
Die Stadtverwaltung führt als wichtige Klimaschutzmaßnahmen neben der Einführung der Tempo-30-Zonen unter anderem die Erweiterung der Fußgängerzone, ein Aktionsprogramm zur Förderung der Solarenergienutzung in Saarbrücken und die Einrichtung einer Fahrradstraße in der Hohenzollernstraße an.
Als Beispiele für die Entsiegelung von Flächen und Pflanzung neuer Bäume nennt sie unter anderem die Aufwertung des Hambacher Platzes in Malstatt und die Renaturierung des Pulverbachs. Und fügt noch einen ernüchterten Ausblick hinzu: Die geplante Pflicht zur Errichtung von Photovoltaik-Anlagen auf Dächern von neuen und sanierten Bauten sei zurzeit wegen fehlender gesetzlicher Grundlage nicht umzusetzen. Man wolle das Thema aber in Zukunft wieder angehen.
Am Sonntag wollen Klimaaktivisten die Sperrung der Stadtautobahn A620 wegen der Montage der Werderbrücke für eine Protestaktion auf der Autobahn nutzen.
Über dieses Thema berichteten die SR info-Nachrichten im Radio am 29.02.2024