Ein Mann mit einem Kind auf dem Arm und einem an der Hand wirft einen Schatten auf eine mit bunten Handabdrücken bemalte Wand (Foto: picture alliance/Peter Kneffel/dpa)

Komplizierte Antragstellung erschwert es armen Familien

Lisa Christl/ Onlinefassung: Nadja Schmieding   04.08.2023 | 12:30 Uhr

Im Saarland ist jedes fünfte Kind von Armut betroffen. Hilfe durch den Staat wäre dringend nötig, doch viele Familien scheitern schon an der komplizierten Antragstellung. Unterstützung bieten Gemeinwesen-Einrichtungen an, die große Hoffnungen in die Kindergrundsicherung setzen.

Der Verein Pädsak in Saarbrücken unterstützt hilfebedürftigen Familien in allen Lebenslagen. Hier gibt es warmes Essen für Kinder und Jugendliche - und Kontakte mit anderen.

Manchen geht es finanziell gut, bei anderen ist es noch knapper als vorher, erklärt Eva Jung-Neumann vom Vorstand des Vereins. "Die Preissteigerungen und die Energiekrise, die damit auch einher ging, wird erst in diesem Jahr 2023 wirklich zu Buche schlagen. Vor allem sind Familien, die von Transferleistungen leben und Geringverdiener über die Maßen stark betroffen."

Kindergrundsicherung - auch für die Gesellschaft wichtig

Kinder halten Taschengeld in Händen (Foto: dpa/Patrick Seeger)

Kinderarmut hat nachweislich Folgen für junge Menschen. Sie führt etwa zu schlechterer Gesundheit, geringeren Bildungschancen und kleineren sozialen Netzwerken.

Antje Funcke von der Bertelsmann-Stiftung sieht in der finanziellen Unterstützung der Familien nur Vorteile: "Investitionen gegen Kinderarmut und damit eine Kindergrundsicherung sind tatsächlich nicht nur gut für die betroffenen Kinder im Hier und Heute. Sie sind auch langfristig eine gute Investition des Staates, weil die Kinder bessere Kompetenzen in der Schule und höhere Bildungsabschlüsse erwerben, dadurch nachher mehr Erwerbseinkommen erzielen, seltener arbeitslos sind, seltener Sozialleistungen in Anspruch nehmen. Und eben im Gesundheitssystem geringere Kosten anfallen."

Viele Antragsverfahren noch zu kompliziert

Einfachere Anträge, wie bei der Kindergrundsicherung geplant, hätten große Vorteile. Für die Antragssteller, aber auch für die Behörden und Kommunen, sagt Anne Fennel, die sozialwissenschaftliche Geschäftsführerin der Diakonie Saar.

Heute müssten Familien zu vielen unterschiedlichen Stellen, um an die Leistungen zu gelangen, die ihnen zustehen. Und das sei ist mit viel Aufwand verbunden und überfordere einige. Das hat Folgen.

Unterstützung wird kaum abgerufen

Ein Stempelkarussell neben einem Stapel Akten auf einem Schreibtisch (Foto: dpa/Patrick Pleul)

Nur 35 Prozent der für Familien vorgesehenen Hilfen werden tatsächlich abgerufen. Eva-Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbands, weiß, dass das schon einkalkuliert wird: "De facto werden im Bundeshaushalt tatsächlich Jahr für Jahr nur die Mittel eingestellt, die nötig sind, um den Kinderzuschlag für weniger als 50 Prozent der anspruchsberechtigten Familien auch auszahlen zu können. Von daher war es zwar nicht eingeplant, aber rein rechnerisch ist es inzwischen einkalkuliert. Das ist schon wichtig zu wissen, wenn man jetzt den Streit um den Bundeshaushalt vor Augen hat."

Ab 2025 will die Bundesregierung das ganze bisherige Durcheinander in der Kindergrundsicherung bündeln. Einfach, schnell und digital! So jedenfalls das Versprechen.

Ein Thema in der "Region am Mittag" am 04.08.2023 auf SR 3 Saarlandwelle.

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