Kürzungen bei Freiwilligendiensten: "Falsches Zeichen der Bundesregierung!"

Bundesregierung plant Kürzungen für Freiwilligendienste

Hannah Stumpf/ Onlinefassung: Nadja Schmieding   29.09.2023 | 16:00 Uhr

Junge Menschen engagieren sich zu wenig für die Gesellschaft! So lautet oft der Vorwurf. Deshalb wurde vor kurzem sogar darüber diskutiert, ob man eine soziale Pflichtzeit einführen sollte. Zeitgleich sind bei den schon bestehenden Freiwilligendiensten Einsparungen in Millionhöhe geplant. Das könnte große Auswirkungen haben.

Im Haushaltsentwurf der Bundesregierung sind für die Freiwilligendienste in den nächsten Jahren weniger Mittel vorgesehen. Was bedeutet das für die sozialen Einrichtungen, wie die DRK-Rettungswache in Saarlouis?

Beispiel Rettungsdienst

Rouven Kneip vom DRK, Saarlouis (Foto: SR)

Wenn der Rettungswagen ausrückt, ist meistens auch ein FSJ-ler mit dabei. In diesem Jahr starten dort 14 junge Menschen in ihr Freiwilliges Soziales Jahr beim Deutschen Roten Kreuz.

FSJ-ler sind wichtige Hilfe

Rouven Kneip ist Notfallsanitäter und lernt die Freiwilligen an: "Von Blutdruckmessen bis hin zu EKG-Schreiben: Die FSJler werden bei uns zu vollwertigen Rettungssanitätern ausgebildet. Und werden dann auch so eingesetzt. Jeder Krankentransportwagen wird von mindestens einem FSJ-ler bedient. Und das nimmt uns sehr, sehr viel Arbeit ab."

Rouven Kneip hat selbst ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der Saarlouiser Rettungswache gemacht und ist danach geblieben – so ist es hier bei etwa 90 Prozent der Freiwilligendienstler.

Beispiel Seniorenheim

FSJ-ler Noah Ferber  (Foto: SR)

Auch im AWO-Seniorenheim in Saarlouis gibt es mit Noah zurzeit einen FSJ-ler. Er hat ein Jahr lang bei der Pflege der Menschen geholfen und hat einen guten Draht zu ihnen: "Ich wollt schon immer was Soziales machen. Ich find’s sehr wichtig, um sich zu orientieren und Erfahrungen zu sammeln."

FSJ-ler Noah Ferber  (Foto: SR)

Wichtige Vorbereitung für soziale Berufe

Für Noah steht schon fest: Er startet im Oktober eine Pflegeausbildung. Durch Freiwilligendienste finden viele junge Menschen Gefallen an sozialen Berufen – und dort werden sie dringend gebraucht.

Einsparungen treffen soziale Dienste sehr hart

Trotzdem will die Bundesregierung bei den Freiwilligendiensten sparen. Das hätte große Auswirkungen auf viele soziale Einrichtungen, sagt Jürgen Nieser, Landesgeschäftsführer der AWO: "Das ist dann schon ein ganz harter Bruch, den man dann darstellen muss. Für die Arbeiterwohlfahrt kann sich das in der Größenordnung zwischen 30 und 40 Plätzen bewegen, die wir nicht mehr besetzen können, weil sie nicht ausfinanziert sind."

Jürgern Nieser, Landesgeschäftsführer der AWO Saarland  (Foto: SR)

Andere Träger haben noch keine genauen Zahlen, dort würde es aber ähnlich aussehen. Im nächsten Jahr sieht der Entwurf für den Bundeshaushalt 78 Millionen Euro weniger für Freiwilligendienste vor. Im Jahr darauf 113 Millionen weniger.

"Bundesregierung setzt falsches Signal"

Seit der Corona-Pandemie haben deutlich weniger junge Menschen ein FSJ gemacht. Jürgen Nieser findet, gerade deswegen bräuchte es jetzt mehr Anreize: "Die Freiwilligen waren während der Corona-Pandemie im Dienst. Sie haben unsere Einrichtungen unterstützt. Das finden wir wertvoll und dafür sind wir sehr dankbar. Aber die Politik setzt jetzt hier das falsche Zeichen, wenn sie nach der Pandemie den Anreiz für ein freiwilliges Engagement heruntersetzt und damit sagt, so viel ist uns das als Gesellschaft eigentlich nicht wert."

Petition gestartet

Junge Freiwilligendienst-Leistende haben eine Petition gegen die Einsparungen gestartet: 100.000 Menschen haben unterschrieben. Ob die Kürzungen wirklich kommen, entscheidet sich Ende des Jahres, wenn der Bundestag über den Haushalt abstimmt.

Ein Thema in der "Region am Nachmittag" am 29.09.2023 auf SR 3 Saarlandwelle.

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