Agrarökonom: „Die Landwirte stehen unter großem Druck“
Im Saarland und anderen Bundesländern protestieren derzeit die Landwirte gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung und die Pläne, Subventionen für die Branche zu streichen. Der Protest sei nachvollziehbar, sagt der Agrarökonom Stephan von Cramon-Taubadel im SR-Gespräch. Allerdings sei die derzeitige Form der Subventionen nicht mehr zeitgemäß.
Die Stimmung ist gereizt, die Gemüter der Landwirte sind erhitzt. In dieser Woche demonstrieren sie erneut gegen die Sparpläne der Ampel-Koalition bei klimaschädlichen Agrarsubventionen. Im Saarland und anderen Bundesländern haben Bauern mit Traktoren großteilig den Verkehr lahmgelegt.
Während etwa Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die Blockadepläne der Landwirte als unverhältnismäßig kritisierte, kann der Agrarökonom Professor Stephan von Cramon-Taubadel von der Universtät Göttingen den Unmut der Bauern nachvollziehen. Denn die Situation in der Landwirtschaft sei heikel, die Branche stehe unter enormem Druck.
„Landwirte stehen unter Druck“
„Die Erwartungen an die Landwirte sind hoch: Dass sie unsere Lebensmittel produzieren, dass sie die umweltschonend sind, dass sie schöne Kulturlandschaften für uns aufrechterhalten. Und nun steht eine Kürzung der Subventionen zur Debatte, die die Landwirtschaft deutlich stärker trifft als andere Sektoren“, sagte Cramon-Taubadel im SR-Interview.
Gleichzeitig gebe es ein großes Nachwuchsproblem. Fast die Hälfte aller Betriebsleiter in Deutschland seien über 55 Jahre alt und stünden vor einer Hofübergabe. Das Problem: Bei sehr vielen dieser Betriebe gebe es keine gesicherte Hofnachfolge. „Die Kinder sind zurückhaltend, weil sie sich fragen, ob dieser Betrieb dann für die nächsten 30 Jahre auch wirklich genug Gewinn abwerfen wird.“
„Subventionen sind überholt“
Allerdings sei die Art der Subventionen für die Landwirtschaft möglicherweise nicht mehr zeitgemäß. „Viele von den Subventionen, die wir jetzt haben, sind sind vor 30, 40 oder sogar 50 Jahren in irgendwelchen anderen Zusammenhängen entstanden und sind jetzt einfach daher so ein bisschen überholt“, sagt der Agrar-Ökonom.
Die Diesel-Subvention sei etwa eine Maßnahme, die man vor dem Hintergrund des Klimawandels überdenken sollte. Denn das reduziere letztlich die Anreize, fossile Brennstoffe einzusparen.
„Einfach aus der Zeit gefallen“
„Es wird jetzt argumentiert, dass die Trecker halt da sind. Und wenn diese Subvention jetzt reduziert wird, wird trotzdem natürlich genauso viel getankt, weil man keine Alternative hat“, so Cramon-Taubadel. „Das stimmt zwar ganz kurzfristig. Aber es geht hier um Anreize, damit diejenigen, die die Trecker entwickeln vielleicht ein bisschen mehr über Sparsamkeit diesbezüglich nachdenken. Und deswegen ist es einfach aus der Zeit gefallen, auf diese Art und Weise die Landwirtschaft zu unterstützen.“
Sinnvoller sei es, Landwirte zielgerichteter zu subventionieren. „Wenn es um Einkommensstützung für Betriebe geht, dann muss man doch diejenigen Betriebe identifizieren, die bedürftig sind und diesen dann gezielt helfen.“ Zudem müsse man die Subventionen anders gestalten, wenn man Landwirte anregen wolle, auf einem Acker etwa mehr Umweltgüter umweltschonend zu produzieren. „Da muss man letztlich gesellschaftlich gewünschte Leistungen auf dem Acker oder im Stall gezielt fördern“, so Cramon-Taubadel.
Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 08.01.2023 berichtet.