Argumentationstraining gegen Stammtischparolen
Die Situation haben vermutlich viele schon erlebt: Man sitzt gemütlich bei einem Bierchen in der Kneipe und am Nachbartisch startet eine Diskussion darüber, wer an welcher Misere Schuld trägt. Doch es ist gar keine Diskussion, sondern im Grunde nur Klischees, Vorurteile und Parolen. „Die Ausländer sind Schuld, die Arbeitslosen sind auch selbst Schuld an ihrer Situation, die Jugendlichen wollen alle nicht mehr arbeiten...“. Mit dem Workshop „Argumentationstraining gegen Stammtischparolen“ will das Adolf-Bender-Zentrum dabei helfen, plumpen Parolen Paroli zu bieten.
Im Kultur- und Werkhof Nauwieser 19 e.V. in Saarbrücken herrscht an diesem Abend Hochbetrieb. Die Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt hat zum Argumentationstraining des Adolf-Bender-Zentrums eingeladen: Am Schluss mussten sie sogar Absagen erteilen. Es gab zu viele Anmeldungen.
Die Teilnehmer versuchen sich im Stammtisch-Rollenspiel. Uwe Albrecht, Projektleiter beim Adolf-Bender-Zentrum, gibt die Richtung vor. Er leitet die Diskussion mit einem pauschalen Vorwurf gegen Flüchtlinge ein, dann wird am Tisch diskutiert. Zwei übernehmen die Rolle der Parolen-Trommler, zwei versuchen gegen diese anzuargumentieren. Ziel des Workshops, sagt Uwe Albrecht, sei es, dass die Teilnehmer Handlungsmöglichkeiten gegen Stammtischparolen lernen - und für die nächste Diskussion vorbereiteter sind.
Gegenfragen, Körpersprache, Humor
Handlungsmöglichkeiten gibt es viele: Mit Gegenfragen zu Pauschalurteilen, mit einer offenen Haltung zum Gegenüber, auch Humor in harte Debatten einzustreuen kann eine hitzige Diskussion wieder in vernünftigere und weniger polarisierende Richtungen lenken.
Auch dem Anderen zu signalisieren, ihm wirklich zuzuhören und ihn ernst zu nehmen, hilft beim Gespräch.
Was die Teilnehmer aber auch merken: Es ist gar nicht einfach, gegen Vorurteile zu argumentieren. Kommen auch noch "gefühlte Meinungen" ins Spiel, wird es besonders schwierig. Und hat das Gegenüber ein gefestigtes extremes Weltbild, nutzen auch die besten Argumente nichts mehr.
Oft verhärtete Fronten
Das Interesse an den Workshops des Adolf-Bender-Zentrums steigt momentan stetig an. Nach Ansicht von Uwe Albrecht liegt das vor allem daran, dass sich die Fronten bei Diskussionen heute viel schneller verhärten, der Diskussionsspielraum immer kleiner wird. Dabei sei der Austausch untereinander grundlegend für eine demokratische Gesellschaft und die Demokratie im Allgmeinen, betont der Workshop-Leiter.
Zum Austausch mit den „Anderen“ will Albrecht mit den Workshop weiter ermutigen - und damit auch zur Zivilcourage. Die Hoffnung ist, dass falschen Behauptungen nicht einfach Raum gegeben wird, sondern sich die Menschen künftig aktiv dagegen stellen.
SR 3-Thementag "Extremismus"
Über dieses Thema wurde in der Sendung Bunte Funkminuten auf SR 3-Saarlandwelle am 23.11.2023 berichtet.