Warum die Pläne für eine Ostertalgemeinde scheiterten

Keine eigene Gemeinde für das 'rote Ostertal'

50 Jahre Gebietsreform im Saarland

Reporter: Florian Decker/Onlinefassung: Corinna Kern   03.01.2024 | 12:15 Uhr

Seit der Gebietsreform gehört das Ostertal, ganz im Nordosten des Saarlandes, zur Stadt St. Wendel. Und das war eigentlich ganz anders geplant. Denn mit St. Wendel hatten die Ostertaler Anfang der Siebziger nichts zu tun. Die Empörung war groß, denn eigentlich war eine eigene Ostertalgemeinde angedacht.

Wenn Rudi Ecker mit der Ostertalbahn fährt, hat er für die schöne Landschaft oft keinen Blick. Er ist ehrenamtlicher Schaffner bei der Museumsbahn.

"Die Ostertaler fuhren nach Neunkirchen"

Zehn Jahre lang war er früher Ortsvorsteher, für die SPD. Wäre die Geschichte anders verlaufen, wäre er Bürgermeister geworden – Bürgermeister der Gemeinde Ostertal. Doch es kam anders: Denn die Landesregierung teilte das Ostertal bei der Gebietsreform vor 50 Jahren der nächstgrößeren Stadt zu - St. Wendel.

Dabei hätten die Ostertaler immer mehr Verbindung zu Neunkirchen und Ottweiler gehabt, sagt Ecker. Auch bedingt durch die Ostertalbahn. "Die Ostertaler Leute, die fuhren nach Neunkirchen, Ottweiler einkaufen. Weniger nach St. Wendel." Und dann habe es plötzlich geheißen: "Das Ostertal soll mit St. Wendel eine Gemeinde bilden."

Eigene Ortsgemeinde vorgesehen

Doch der Anschluss an St. Wendel war zunächst gar nicht vorgesehen. Die Expertenkommission zur Gebietsreform hatte eigentlich eine eigene Ostertalgemeinde mit zehn Ortsteilen entworfen: Fast von Ottweiler bis fast nach Freisen, entlang der Grenze zur Pfalz. Die Ostertaler wollten sich das nicht nehmen lassen, erzählt Armin Lang – er war damals frisch in der SPD und sollte später einmal im Landtag sitzen.

"Es gab einen großen Autokorso aus dem Ostertal, mit vielen, vielen Autos. Und es gab auch sehr viel individuellen Protest", sagt Lang. Die Ortsbürgermeister seien unter Druck gesetzt worden. Doch letztendlich habe man einsehen müssen, dass der Kampf folgenlos sein werde.

Die Rede vom 'roten Ostertal'

Lang hat eine Vermutung, warum die Landesregierung, damals CDU-geführt, sich scheute, das Ostertal zu einer eigenen Gemeinde zu machen. Denn im Ostertal hatten alle Ortsteile sozialdemokratische Bürgermeister gehabt. Landesweit sei die Rede vom ‚roten Ostertal‘ gewesen.

"Dass da von vorne herein eine Gemeinde konstruiert wird, wo ganz sicher die SPD die Mehrheit hat", habe dazu geführt, dass sich vielfach Gedanken gemacht worden seien, wie man an dieser Einheitsgemeinde vorbeikommen kann, sagt Lang.

50 Jahre später: Ostertal wählt weiter rot

Heute gehört das Ostertal zu St. Wendel. Und noch immer wählt es lieber die SPD, während der Rest der Stadt CDU wählt. Rudi Ecker, der ehrenamtliche Eisenbahner, findet die Eingliederung in die CDU-Stadt, 50 Jahre nach der Gebietsreform, gar nicht mehr so schlimm.

Das Ostertal profitiere von der starken Wirtschaftskraft St. Wendels. "Und mittlerweile sind 50 Jahre her. Man hat sich damit abgefunden, man lebt zusammen", sagt Ecker. Auch den einen oder anderen Ostertaler verschlage es heute mal nach St. Wendel zum Einkaufen und nicht mehr nach Neunkirchen.


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