Gebietsreform im Saarland feiert 50-jähriges Jubiläum
Zum Jahresbeginn 1974 wurden die saarländischen Gemeinden neu sortiert. Statt 345 gab es fortan nur noch 50. Die Gebietsreform brachte damals viele Herausforderungen mit sich.
Seit 50 Jahren besteht das Saarland aus deutlich weniger Gemeinden als zuvor: Am 1. Januar 1974 trat die Gebiets- und Verwaltungsreform in Kraft. Dadurch wurden aus ehemals 345 Gemeinden zunächst 50.
Aus sieben Landkreisen wurden fünf – ergänzt durch den neu geschaffenen Regionalverband. Von da an gehörte zum Beispiel Dudweiler zu Saarbrücken, Siersburg zu Rehlingen, Rohrbach zu St. Ingbert.
Der heutige saarländische Innenminister Reinhold Jost (SPD) ist davon überzeugt, dass die Reform richtig war. "Das, was wir haben, ist dem Grunde nach in Ordnung von der Struktur. Was uns aber fehlt, ist beispielsweise die Finanzkraft", sagte er dem SR.
Finanzielle Probleme
An Geld fehlte es auch damals. Von einer starken Wirtschaft konnten am 1. Januar 1974 viele saarländische Gemeinden nur träumen. Die Gebietsreform riss tiefe Löcher in die Kassen der neuen Kommunen. Das lag auch daran, wie die Orte mit dem Geld, das ihnen zur Verfügung stand, umgingen.
"Sie müssen sich vorstellen: Zahllose Dörfer, jeder hatte Eigenständigkeit. Und die sollten nun in größere Einheiten überführt werden. Da hat ja jeder Bürgermeister jedes Dorfes gedacht: ‚Wie bringe ich mich denn bestmöglich in diese Zukunft ein?‘
Und dann haben sie auch, das konnte man ja schon beobachten, alle noch geguckt: ‚Wie können wir das Geld, das wir haben, noch schnell zu unseren Gunsten verbraten?‘ Schwimmbäder wurden gebaut, Hallen wurden gebaut, Begegnungsstätten gebaut", erzählt Rita Waschbüsch (CDU), die zur Zeit der Gebietsreform einen Sitz im saarländischen Landtag hatte und Ende der 1970er Jahre Vizepräsidentin des Landtags wurde.
Allein in der Umgebung von Schwalbach entstanden so in kurzer Zeit sieben Neubauten, deren jährlicher Zuschussbedarf bei 1,6 Millionen Mark lag. Für die damaligen Bauten müssen die Kommunen teils weiter Geld zahlen. Denn viele der damals entstandenen Gebäude sind heute marode.
Wer gehört zu wem?
Der Zusammenschluss der Gemeinden lief nicht reibungslos ab. Einige Orte protestierten kräftig gegen die Reform. Ein Beispiel dafür ist Bayerisch Kohlhof. Der Ort wurde zum 1. Januar 1974 Teil von Neunkirchen.
Dadurch gehörten der Neunkircher Stadtteil Preußischer Kohlhof und der Bayerische Kohlhof zum ersten Mal seit dem frühen 19. Jahrhundert wieder zusammen. Nach der Neuordnung des Landes nach dem Wiener Kongress im Jahr 1815 war nämlich die Grenze zwischen Bayern und Preußen zwischen diesen beiden Ortsteilen verlaufen.
Doch die Einwohner von Bayerisch Kohlhof fühlten sich der Stadt Neunkirchen nicht zugehörig. Sie waren eher mit Limbach verbunden. "Ich bin nach Limbach zum Kaufen, ich bin zu den Ärzten, ich bin in die Kirche, ich bin in die Vereine, alles war in Limbach", berichtet die Zeitzeugin Gertrud Holzer.
Anfang der 1980er Jahre schlossen sich die Bewohnerinnen und Bewohner zu einer Bürgerinitiative zusammen – letztlich mit Erfolg. 1985 stimmte der Landtag nach vier Jahren Protest zu, dass Bayerisch Kohlhof wieder zur Gemeinde Kirkel-Limbach zurückkehren konnte.
Besonderheit Mandelbachtal
Zum 1. Januar 1974 wurden acht zuvor selbstständige Kommunen, die im Mandelbachtal liegen, zusammengefasst. Das Problem dabei: Welchen Namen soll die Gemeinde tragen? Kein Ortsteil hatte sich empfohlen, der namensgebende Ortsteil der Gemeinde zu werden.
In Ermangelung einer besseren Idee wurde die Gemeinde deshalb letztlich nach dem Mandelbach benannt, der sie von Nord nach Süd durchfließt. Die Gemeinde Mandelbachtal ist damit die einzige im Saarland, die nicht nach einem Ort benannt ist.
Seit den 80ern hat das Saarland seine heutigen 52 Kommunen: Damals spalteten sich Bous und Ensdorf wieder von Schwalbach ab.
Am 18. Januar 2024 zeigt der SR ein langes Feature zur saarländischen Gebietsreform im SR Fernsehen und in der Mediathek.