Staatenlos in Deutschland - ein Fallbeispiel aus Kaiserslautern

Staatenlos in Deutschland - ein Fallbeispiel aus Kaiserslautern

Reporterin: Lea Kiehlneker / Onlinefassung: Raphael Klein   11.09.2023 | 16:00 Uhr

398 Staatenlose gibt es im Saarland, deutschlandweit rund 125.000. Sie müssen mit großen Einschränkungen leben und kämpfen oft jahrelang um einen Pass - so wie Ashi Kali aus Kaiserslautern.

Keine Staatsangehörigkeit haben – wie geht das denn? Beispielsweise, wenn man als Jeside aus Syrien nach Deutschland kommt. Denn Syrien erkennt die meisten Jesiden nicht als Staatsbürger an, deswegen bekommen sie vom syrischen Staat keine offiziellen Papiere – in Deutschland gelten die Betroffenen dann als "staatenlos".

Auf sie wartet dann ein langwieriger Behördenkreislauf. Rund 125.000 Staatenlose leben in Deutschland, manche werden jahrzehntelang keine deutschen Staatsbürger. SR-Reporterin Lea Kiehlneker hat mit einem Betroffenen gesprochen.

Seit zehn Jahren ohne Pass

Ashi Kali hängt seit fast zehn Jahren komplett in der Luft: Denn kein Staat der Welt erkennt ihn als Staatsbürger an. Er ist staatenlos. Kali ist 2014 von Syrien nach Kaiserslautern gekommen. Als Jeside ist er Teil einer vom IS verfolgten religiösen Minderheit.

"Ich habe keinen syrischen Reisepass. Aber ich war drei-, viermal bei der Botschaft in Berlin, 800 km hin und zurück", erzählt Kali. Ohne Erfolg. "Das letzte Mal bin ich mit meinem Anwalt hingegangen", aber in der syrischen Botschaft habe man ihm nicht helfen wollen, "weil wir sind Jesiden, das ist das Problem."

Das Problem: Damit Kali eingebürgert werden kann, muss seine Identität geklärt werden. Dafür will die Ausländerbehörde aber einen Pass sehen, den er eben nicht hat.

Leben mit großen Einschränkungen

Deshalb muss der 40-Jährige mit großen Einschränkungen leben: Er darf weder wählen, noch ins Ausland reisen oder aus Rheinland-Pfalz wegziehen. Immerhin hat er es mittlerweile geschafft, ein Bankkonto zu eröffnen. Auch das führt bei Menschen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit oft zu Problemen.

398 Staatenlose im Saarland

Staatenlose wie Ashi Kali in Kaiserslautern gibt es auch im Saarland. 398 Menschen ohne Staatsangehörigkeit sind derzeit hier registriert. Eine genaue Statistik gibt es nicht, schätzungsweise stammen die meisten dieser Menschen aber laut dem Innenministerium aus dem Libanon und Syrien.

Flüchtlingsrat fordert Verbesserungen

Der Saarländische Flüchtlingsrat fordert von der Politik, dass sich ihre Situation verbessert - insbesondere Kindern von staatenlose Eltern sollte die deutsche Staatsangehörigkeit verliehen werden. Auch die Anerkennung der Staatsangehörigkeit aufgrund von Urkunden oder glaubwürdigen Aussagen sollte verbessert beziehungsweise ermöglicht werden, so die Forderung.

Das Innenministerium hält sich, was diese Forderungen angeht, allerdings bedeckt. Nur so viel: Laut Gesetz können Staatenlose leichter eingebürgert werden als andere Menschen. Dafür müssen sie aber eben erstmal beweisen, dass sie keine Staatsangehörigkeit haben. Rund zwei Drittel der Staatenlosen in Deutschland haben das noch nicht geschafft.

Ungewisse Zukunft

Auch Ashi Kali aus Kaiserslautern scheitert daran bislang. Seine Zukunft ist damit ungewiss: Über die sozialen Medien versuche er, Hilfe zu bekommen. Möglicherweise aus der Heimat, um so seine Staatszugehörigkeit nachweisen zu können.

So lange seine Situation so bleibt, hängt Ashi Kali weiter in der Luft: Er kann nicht abgeschoben werden, erfüllt aber auch nicht die Voraussetzungen für eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis in Deutschland.

Sollte er diese aber eines Tages bekommen, könnte er sich gut vorstellen, ins Saarland zu ziehen.

Ein Thema in der Sendung "Region am Nachmittag" am 11.09.2023 auf SR 3 Saarlandwelle.

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