Saar-Finanzbehörden beginnen mit Schätzungen zur Grundsteuer

Saar-Finanzbehörden beginnen mit Schätzungen zur Grundsteuer

Caroline Uhl / Onlinefassung: Axel Wagner   31.01.2024 | 06:00 Uhr

Nachdem im Saarland auch rund ein Jahr nach Ende der Abgabefrist noch fast ein Fünftel der Grundsteuererklärungen nicht abgegeben sind, beginnen die Behörden jetzt, den Wert von Grundstücken und Immobilien zu schätzen. Ob sich der Zeitplan einhalten lässt, ist fraglich.

Die Finanzbehörden im Saarland beginnen im Februar mit den Schätzungen zur Grundsteuer. Nach Angaben des Finanzministeriums betrifft das all jene Eigentümer von Immobilien und Grundstücken, die auch ein Jahr nach Ende der Abgabefrist immer noch keine neue Grundsteuererklärung abgegeben haben.

88.000 Erklärungen stehen noch aus

Rund 560.000 Grundsteuererklärungen mussten die Saarländerinnen und Saarländer für ihre Grundstücke oder Immobilien abgeben. Das war nötig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht 2018 die bisherigen Vorgaben zur Bewertung von Grundstücken für verfassungswidrig erklärt hatte. Deutschlandweit geht es um über 35 Millionen Erklärungen, die eigentlich schon seit einem Jahr hätten abgegeben sein müssen.

Doch in fast allen Bundesländern fehlen noch Grundsteuererklärungen, mindestens zwei Millionen insgesamt, das sind fünf Prozent aller abzugebenden Erklärungen. Das ergab eine Umfrage des SR unter den Finanzministerien.

Jager: „Haben sehr lange zugewartet“

Die meisten Bundesländer haben deshalb bereits im vergangenen Jahr mit den Schätzungen für die noch ausstehenden Grundstücke und Gebäude begonnen. Im Februar, so kündigt nun auch das saarländische Finanzministerium auf SR-Anfrage an, beginnen damit auch die hiesigen Finanzbeamten.

„Wir haben jetzt sehr lange zugewartet, und wir sind auch jedem dankbar, der bis jetzt seine Erklärung abgegeben hat. Aber zuletzt ist es in der Tat nur noch getröpfelt“, sagt der Leiter der Steuerabteilung im saarländischen Finanzministerium, Bernd Jager. Im Saarland stehen noch 88.000 Grundsteuererklärungen aus – rund 16 Prozent.

Video [aktueller bericht, 31.01.2024, Länge: 3:02 Min.]
Saarländische Finanzbehörden starten mit Schätzungen zur Grundsteuer

Haus & Grund warnt vor Schätzung

Wer seine Erklärung zur neuen Grundsteuer noch nicht abgegeben hat, sollte dies schleunigst nachholen, empfiehlt der Landesvorsitzende des Verbands Haus & Grund, Norbert Behle. „Es besteht die Gefahr, dass die Grundstücke sonst zu hoch geschätzt werden“, warnt Behle. Zudem könne die Finanzverwaltung Betroffene auch trotz Schätzung noch zur Abgabe einer Grundsteuererklärung zwingen.

Haus & Grund rät zudem grundsätzlich zum Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid, den die Finanzämter den Eigentümern zurückschicken. Der Verband zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit der neuen Bewertungen und beruft sich dabei auf ein entsprechendes Rechtsgutachten.

Nur zehn Prozent erheben Einspruch

Dieser Empfehlung ist bislang allerdings nur eine Minderheit der Saarländerinnen und Saarländer gefolgt. Laut Finanzministerium wurde gegen rund zehn Prozent der ausgestellten Bescheide Widerspruch eingelegt.

Die überwiegende Mehrheit davon beruft sich laut Ministerium tatsächlich auf Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit. Diese Frage soll in Musterverfahren beantwortet werden. Aktuell laufen deutschlandweit mehrere entsprechende Verfahren.

Kommunen entscheiden im Herbst

In den Amtsstuben geht die Arbeit an und mit der neuen Steuer indes unvermindert weiter, denn ab dem kommenden Jahr müssen die Kommunen für ihre Grundsteuer die neue Bewertung heranziehen.

Voraussichtlich ab Herbst, so die Schätzung des Saarländischen Städte- und Gemeindetages (SSGT), werden die hiesigen Kommunen ihre neuen Hebesätze festlegen. Erst dann wird klar sein, wie viel jeder Eigentümer zahlen muss.

Um die Hebesätze zu ermitteln, brauchen die Kommunen aber erst die Daten aus den Finanzämtern. Und die kommen mit der Arbeit aktuell offenbar kaum hinterher. Für mehr als ein Drittel der Immobilien und Grundstücke haben die Behörden noch keinen neuen Steuerbescheid verschickt.

Belegschaft am Limit

Die Deutsche Steuergewerkschaft Saar (DSTG Saar) beklagt eine enorme Überlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den zuständigen Finanzämtern. Zu einer sowieso schon vorhandenen Personalknappheit käme die Mehrbelastung durch die Grundsteuer noch hinzu, erklärt der stellvertretende Vorsitzende der DSTG Saar, Arndt Müller.

Zwar seien wegen der Mehrarbeit mit der Grundsteuer 50 Beschäftigte neu eingestellt worden, doch das reiche nicht aus. Personal aus anderen Abteilungen müsse hinzugezogen werden – was dort dann Lücken reiße.

Länger warten auf den Bescheid

Und jeder Steuerpflichtige bekomme dann die Personalnot im Finanzamt zu spüren, prognostiziert Müller, „indem auch die Erklärungen, Lohnsteuer- oder Einkommenssteuererklärungen immer später bearbeitet werden, die Bearbeitungszeit länger ist und das Geld, der Bescheid, auch immer später fließt“.

„Genau das wollen wir vermeiden“, verspricht hingegen Abteilungsleiter Jager. Zur Grundsteuerbearbeitung hinzuziehen wolle er vor allem „Außendienste“. Das heißt: Beamte aus der Betriebs- und der Sonderprüfung sollen nun für drei Monate überwiegend Grundsteuersachen erledigen.

Das sind jene Finanzbeamte, die normalerweise auch viel Geld eintreiben. Ein Sonderprüfer bringe im Jahr im Schnitt eine Million Euro, sagt Gewerkschafter Müller. „Das müssen wir in Kauf nehmen“, entgegnet Abteilungsleiter Jager.

Die Zeit für die Grundsteuer drängt. Und keiner weiß, was noch passieren wird, sollte am Ende wirklich das Bundesverfassungsgericht die neue Methode wieder für verfassungswidrig erklären.

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten vom 31.01.2024 berichtet.


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