Yeboah-Prozess gegen früheren Chef der Neonazi-Szene hat begonnen
Der Mord an Samuel Yeboah im Jahr 1991 beschäftigt seit Dienstag erneut das Koblenzer Oberlandesgericht. Angeklagt ist der frühere Chef der Saarlouiser Neonazi-Szene Peter St. Er bestreitet, der Anstifter gewesen zu sein.
Vor dem Oberlandesgericht Koblenz hat am Dienstag der zweite Prozess zum Mord an dem ghanaischen Flüchtling Samuel Yeboah vor mehr als 30 Jahren in Saarlouis begonnen. Nachdem der frühere Neonazi Peter S. im Oktober wegen Mordes und zwölffachen versuchten Mordes zu sechs Jahren und zehn Monaten Jugendstrafe verurteilt wurde, steht jetzt der damalige Anführer der Saarlouiser Neonaziszene Peter St. vor Gericht.
Geistiger Brandstifter?
Der Generalbundesanwalt wirft dem 55-Jährigen Beihilfe zum Mord vor. An der Brandlegung in der Asylbewerberunterkunft war St. laut Anklage zwar nicht direkt beteiligt, aber für die Bundesanwaltschaft ist er der geistige Brandstifter.
Bei einem Kneipenbesuch kurz vor der Tat habe er seinen Neonazi-Kumpel Peter S. nämlich nicht nur bestärkt, sondern möglicherweise gar den entscheidenden Tatimpuls gesetzt. St. sei die eindeutige Führungspersönlichkeit in der Szene gewesen, Peter S. ein besonders folgsamer Untergebener.
St. galt nach Zeugenaussagen als charismatischer Führer, aber auch als gewaltbereiter Mensch. Er war wegen mehrerer Gewaltdelikte verurteilt.
Verteidiger widerspricht
Entscheidend im Prozess dürfte die Aussage des dritten Teilnehmers der Kneipenrunde sein: Heiko S. Er war Mitte der Neunziger aus der Naziszene ausgestiegen und hatte im aktuellen Verfahren ausgesagt, Peter St. habe an jenem Abend in der Kneipe nicht nur die zeitgleich in Hoyerswerda laufenden Übergriffe auf Ausländer begrüßt, sondern auch gesagt, dass so etwas auch mal hier in Saarlouis brennen oder passieren müsse.
St. bestreitet, diesen Satz gesagt zu haben. Sein Verteidiger, der frühere Zschäpe-Anwalt Wolfgang Stahl, dürfte in Koblenz nun versuchen, die Glaubhaftigkeit der Aussage des Kronzeugen Heiko S. infrage zu stellen. Im Haftprüfungsverfahren hatte er die Vernehmungsmethoden der Polizei kritisiert. Die Aussage sei regelrecht in Heiko S. hineingefragt worden.
Bei dieser Linie blieb Stahl auch zum Prozessauftakt. Der entscheidende Satz soll bei dem Treffen gar nicht gefallen sein.
Droht weiteres Mammutverfahren?
Der Generalbundesanwalt hat in seiner 84-seitigen Anklage rund 70 Zeugen benannt, darunter damals und aktuell ermittelnde Polizeibeamte, Überlebende des Brandanschlags sowie zahlreiche Mitglieder der damaligen Saarlouiser Neonaziszene. Bis in den Juni sind bereits 17 Prozesstage terminiert. Am Dienstag wurde die Anklage verlesen, es waren keine Zeugen geladen.
Peter St. sitzt seit dem 6. Juni vergangenen Jahres in Untersuchungshaft. Ihm droht, anders als Peter S., eine Verurteilung nach Erwachsenenstrafrecht, da er zur Tatzeit älter als 21 Jahre war. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt die Unschuldsvermutung.
So geht der Prozess weiter
Am kommenden Montag sollen die Polizeibeamten vernommen werden. Entscheidend könnte dann schon der Dienstag werden. Dann soll der Kronzeuge Heiko S. aussagen, insbesondere zu dem Treffen unmittelbar vor dem Anschlag. Nur wenn Peter St. die Anstiftung nachgewiesen werden kann, ist die Tat noch verfolgbar. Alle anderen Tatbestände wären verjährt.
Über dieses Thema hat auch die SR info Rundschau am 27.02.2024 berichtet.