Wie aus Dillinger Stahl große Kunstwerke wurden

Wie aus Dillinger Stahl große Kunstwerke wurden

Reporterin: Barbara Grech/Onlinefassung: Dagmar Scherer   17.06.2024 | 16:00 Uhr

Zum 85. Geburtstag des im März verstorbenen weltberühmten Künstlers Richard Serra zeigt der Dillinger Kunstverein 100 Fotografien über die Entstehungsprozesse der großen Stahlskulpturen. Die Bleche für die Kunstwerke ließ er in großen Teilen in der Dillinger Hütte fertigen.

Ende März ist der weltberühmte Bildhauer Richard Serra mit 85 Jahren verstorben. Auch hier im Saarland wurde um den Künstler getrauert.

Serra hatte viele seiner großen, rostigen Kolosse in der Dillinger Hütte fertigen lassen. Zwei Exemplare von Serras Kunstwerken stehen auch hier: auf dem Uni-Campus und in Dillingen selbst, im Kreisverkehr vor der Hütte.

Der Dillinger Kunstverein hat nun eine Ausstellung über die Entstehung der Werke von Serra gestaltet, mit Fotografien von Dirk Reinertz, der den technischen Prozess mit der Kamera begleitet hat.

Ein Perfektionist - unerbittlich in seinen Anforderungen

Richard Serra (Foto: IMAGO / Newscom / El Pais)
Richard Serra

Zur Eröffnung am 16. Juni platzte der Ausstellungsraum des Kunstvereins in der Dillinger Innenstadt fast aus allen Nähten. Fans und Kunstliebhaber waren gekommen, ebenso wie diejenigen, die in den Hallen der Dillinger Hütte um die Perfektion der großen Stahlskulpturen mit dem Künstler gerungen hatten - so wie Otmar Nalbach oder Klaus Pape. "Er war bescheiden, aber Smalltalk konnte man mit Richard Serra nicht machen. Und er war unerbittlich in seinen Anforderungen. Wenn er ebene Bleche haben wollte mussten sie wirklich eben sein. Der Ruf nach Präzision, der war bei diesen Aufträgen immer dabei", so Pape.

Druckgrafiken und Fotografien über die Enstehungsprozesse

Der Diplomingenieur Klaus Pape, der inzwischen in Rente ist, hat Serra und die Produktion der Stahl-Kolosse betreut. Da es eben oftmals bei Serra riesige Skulpturen sind, kann man die natürlich, bis auf ein Modell von "view point", das im Dillinger Verkehrskreisel in Originalgröße steht, in der Ausstellung nicht zeigen.

Stattdessen gibt es exzellente Druckgrafiken von Serra zu sehen, die aus einer saarländischen, privaten Kunstsammlung stammen. Und Fotos von Dirk Reinertz - einem Schüler von Otto Steinert, der das Schaffen von Richard Serra über Jahre begleitet hat und auch die technischen Prozesse in schwarz-weiss Fotografien festgehalten hat. Darauf könne man jedes Detail des Produktionsprozesses sehen - so der Vorsitzende des Kunstvereins Dillingen, Wolfgang Birk. "Vom Gießen des Stahls über die Bramme, das Walzen und das Brennschneiden in Dillingen."

Immer wieder die Grenzen des Machbaren verschieben

Serra habe, auch in der Dillinger Hütte, immer wieder die Grenzen des Machbaren verschoben, sagt Klaus Pape. "Er hat uns immer gefordert, das Unmögliche gefordert, und hat uns gezeigt, dass die Grenzen, die wir glaubten zu kennen, möglicherweise gar keine Grenzen sind."

Skulptur "Torque" von Richard Serra auf dem Campus der Universität in Saarbrücken (Foto: IMAGO / BeckerBredel)
Skulptur "Torque" von Richard Serra auf dem Campus der Universität in Saarbrücken

Und das sind auch die Botschaften dieser Skulpturen, die manche als globig und rostig ansehen. Die Einzigartigkeit von Serras Werken sei die Kompromisslosigkeit, sagt Wolfgang Birk. "Es geht immer um das Maximum." Es gebe eine Statik, die hält, obwohl man das nicht vermute.

Ein Gleichnis für unsere Zukunft

Und Birk sieht in den Skulpturen von Serra auch ein Gleichnis für die Zukunft. Wenn man durch eine Skulptur wie beispielsweise die in Sierra hindurchgehen wolle, müsse man seinen Weg ändern. "Ich muss mich dem anpassen, und da ist etwas Soziales, etwas Emotionales als Erfahrung. Und wer sich in Dillingen über den viel befahrenen Kreisverkehr hinüber traut und in die Serra-Skulptur "view point" hineingeht, der weiß, was das heißt.

Beim "view point" wurde in bisschen geschummelt

Richard Serra, Skulptur "View Point" in Dillingen (Foto: Stadt Dillingen/Heike Theobald)
Richard Serra, Skulptur "View Point" in Dillingen

Trotz aller technischer Hochleistung musste bei "view point" übrigens ein bisschen nachgeholfen werden, damit die Stahlskulptur bis heute so schön aufrecht steht, verrät Pape. Die Bauaufsicht habe Bedenken gehabt, ob die Skulptur auch starken Wind aushält, weshalb sie jetzt am Boden angeschweißt sei. Ein bisschen musste also geschummelt werden bei der Überwindung der Schwerkraft. Sei's drum...


Auf einen Blick


16.Juni bis 14. Juli 2024
Dirk Reinartz/ Richard Serra

Kunstverein Dillingen 
Zentrum August Clüsserath
Stummstraße 33
66763 Dillingen/Saar

Öffnungszeiten
Samstag und Sonntag, 14.00 bis 18.00 Uhr
Der Eintritt ist frei

Ein Thema in der "Region am Nachmittag" am 17.06.2024 auf SR 3 Saarlandwelle

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