„Die Zeit in Farbe sehen“

Bei Fotokunst denken wohl viele an die berühmten Schwarz-Weiß-Fotografien von Henri Cartier-Bresson oder Robert Doisneaus "Der Kuss". Spätestens seit den 1970er Jahren ist dann die Farbe in die Fotografie eingezogen. Eine umfangreiche Ausstellung im Centre Pompidou Metz widmet sich jetzt den technischen Entwicklungen in der Fotografie dem Thema "Zeit in Farbe sehen."

Farbfotografie? Echt jetzt? Empfangen wird man in dieser sehr umfangreichen und fundierten Fotografie-Ausstellung im Centre Pompidou Metz jedenfalls von klassischer Schwarz-Weiss-Fotografie. Das Weltall mit Sternen-Meer – schwarz-weiß. Eine Schattenfigur-Installation von Hans-Peter Feldmann – schwarz-weiß. J

Die großen Entwicklungsmomente der Fotokunst

Jede Menge Fotografien und Reproduktionen der berühmten Mona Lisa – ok, bisweilen auch in sepia. Aber Farbe?

"Ja, weil die Ausstellung „Die Zeit in Farbe sehen“ – nicht nur eine Ausstellung zur Geschichte der Farbfotografie ist, sondern anhand von drei großen Entwicklungsmomenten die Geschichte der Fotokunst erzählen möchte", sagt Sam Stourdzé, Kurator der Ausstellung. Es gehe zum einen darum, wie man das Foto auf Papier belichten konnte. Zum anderen, wie der Augenblick, die Zeit in das Foto gebannt werden konnte und wie die Farbe in die Fotografie kam. Dies seien drei wichtige Momente in der Entwicklung der Fotografie und die ersten beiden Entwicklungen hätten noch sozusagen in Schwarz-Weiß stattgefunden.

Der renommierte Foto-Kunsthistoriker, der zuvor Leiter des Foto-Festivals „rencontres“ in Arles war und heute die französische Kunstakademie Villa Medici in Rom leitet, hat eine Art enzyklopädischen Parcour durch die Geschichte der Fotografie in den Ausstellungs-Räumen geschaffen. "Es geht darum, wie die technischen Entwicklungen in der Fotografie die Ästhetik in der Kunst beeinflusst haben", sagt er.

Die Entwicklung eines eigenen Kunststils

Durch die Fotografie sei ein eigener Kunst-Stil entwickelt worden. "Es konnten Dinge sichtbar gemacht werden, die man vorher mit dem bloßen Augen nicht erkennen konnte", so Stourdzé. Die Fotokunst habe es ermöglicht, den Moment einzufangen, die Bewegung und dann später in der Filmkunst. "Ohne die technischen Entwicklungen würde es diese Ästhetik in der Kunst nicht geben." Ein Beispiel dafür: Constantin Brancusi, bekannt für seine abstrakten Skulpturen. Brancusi entdeckte sehr schnell, dass man mit der Fotografie zum einen seine Werke weltweit bekannt machen kann. Brancusi habe sehr früh die Fotografie für sich entdeckt - einfach um seine Skulpturen auch für ein großes Publikum zu publizieren, sagt Stourdzé. "Er hat sie aber nicht nur einfach abfotografiert, sondern entdeckt, dass man mittels der Fotografie diese Skulpturen noch mal in ein ganz anderes Licht setzen und eine andere Interpretation des Werkes schaffen kann."

Gerhard Richter - quasi die Klammer dieser Ausstellung

Bildhauer und Maler die sich der Fotografie bedienen  - und umgekehrt – Fotografen, die Gemälde fotografieren und daraus ein eigenes Kunstwerk schaffen. Die Grenzen sind längst fließend. Das zeigt diese Ausstellung eindrucksvoll mit den Gemälden von Gerhard Richter, die berühmte Kerze inklusive. Richter habe als Vorlage für seine berühmten Bilder Fotos benutzt, so Kurator Stourdzé. "Und er hat ja geradezu fotorealistische Gemälde geschaffen." Richter habe natürlich nicht einfach das Foto abgemalt, sondern diese berühmte Verschwommenheit in seine Bilder gezaubert. Ein Stilmittel, das im übrigen auch oft in der Fotokunst verwendet werde. Das Werk von Gerhard Richter bilde deshalb auch die Klammer dieser Ausstellung. "Wir beginnen mit Fotografien, die große Gemälde reproduzieren und enden mit Richter, der Fotografien gemalt hat."

Wie ein Spaziergang durch die Geschichte der Fotokunst

Neben den Arbeiten von Richter gibt es in der Ausstellung im Centre Pompidou in Metz auch Werke von Berenice Abbott und Hiroshi Sugimoto zu sehen, sowie Entdeckungen aus Archiven und Privat-Sammlungen, die der fotokundige Sam Stourdzé aus aller Welt zusammengetragen hat.

Es ist quasi ein Spaziergang durch die Geschichte der Fotokunst, der nur eine Antwort zulässt, trotz der jahrzehntelangen Debatten um die Frage, ob Abbildung als Kunst gelten kann. "Fotografie ist eine Kunstform. Eine Kunst, die reproduziert werden kann. Wie bei der Fotografie mittel Abzügen. Aber es konnten eben auch Gemälde reproduziert werden", so Stourdzé.

So gebe es Beispielsweise in der Ausstellung einen ganzen Raum voller Fotografien der Mona Lisa - aus den frühen Zeiten der Fotografie - und auch eine gemalte Reproduktion der Mona Lisa, eine Leihgabe des Louvre. Aber in dieser Ausstellung werde auch gezeigt, dass die Fotografen selbst großen Künstler waren und sind, "weil sie eben diesen ganz anderen Blick auf unsere Welt haben."

Auf eine Blick

13. Juli bis 18. November 2024
SEHEN / DIE ZEIT / IN FARBE
Die Herausforderungen der Fotografie

Centre Pompidou Metz
Galerie 2
1, Parvis des Droits de l'Homme
57000 METZ
centrepompidou-metz.fr

Öffnungszeiten
Dienstag Ruhetag
Montag bis Mittwoch: 10.00 - 18.00
Donnerstag bis Sonntag: 10.00 bis 19.00 Uhr

Ein Thema in der "Region am Nachmittag" am 11.07.2024 auf SR 3 Saarlandwelle

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