E ganz anneri Wärm!
Die ersten Anzeichen sind immer die Gleichen. Es beginnt damit, dass Hausherren suchend durchs Wohnzimmer oder Esszimmer laufen, den Blick an die Wände geheftet...
Ab und an treten sie an eine Wand etwas näher heran, ballen die Hand zu Faust und klopfen damit prüfend ans Mauerwerk. Dann fragt die Ehefrau im Hintergrund: „Unn?“ und der Gatte antwortet: „Hier könnt ´s eventuell gehen !“
Was der Gute sucht? Einen freien Kamin, der irgendwo an den Wohnbereich grenzt.
Lange war unklar, was nach dem Kaffeevollautomaten im 800-Euro-Segment kommt. Und nach dem perfekten Korkenzieher für 89 Euro. Oder nach der hauseigenen Sauna im kiefernholzvernagelten Keller.
Jetzt endlich steht fest, was das neue Statussymbol der in häuslicher Gemeinschaft lebenden Paare ist. So, wie Männer um die Vierzig davon überzeugt sind, dass sie nun reif und situiert genug für ein Leder-Jacket in Trachtenoptik sind, so glauben diese Paare, dass jetzt die Zeit gekommen ist, etwas Heimeligkeit in ihr Leben zu bringen: Ein Kaminofen muss her!
Wer heute neu baut, sorgt gleich dafür, dass im Wohnzimmer die Vorraussetzungen für einen späteren Ofenanschluss gegeben sind. Frei nach dem Motto: „Wenn ma´ mol aus em Gröbschde raus sinn, dun mir uns fier doo hin e Kaminofe kaafe !“Und wer ein älteres Haus hat, der ist halt mit dem Klopftest auf der Suche nach einer passenden Anschlussgelegenheit.
Sollte keiner der vorhandenen Kamine passen, greift Teil zwei der Statusdemonstration: ein Edelstahlrohr an der Außenwand. Hier gilt unter konkurrierenden Nachbarn das Prinzip: je dicker das Rohr, umso höher das Jahreseinkommen.
Vorbei sind übrigens die Zeiten, in denen man einen offenen Kamin haben wollte. Nee, das war aktuell so lange Blake Carrington seine Kristel auf dem Bärenfell noch zu einer glücklichen Frau machte.
Heute muss es ein Kaminofen sein. Das hat Stil! Also macht man sich an einem Sonntag auf zum Tag der offenen Tür bei irgendeinem Kaminofen-Spezialisten und informiert sich über die angebotene Produktpalette.
Wer sein Wohnzimmer ohnehin schon wie ein „Montafoner Stöbli“ eingerichtet hat, wird wohl zum Kachelofen greifen.
Das moderne Paar von heute wird aber das Birkenparkett oder die toskanischen Terrakotta-Fliesen eher mit einem tuffigen Stilofen aus Gussstahl oder Lavastein krönen. Auch Edelstahl macht ´nen schlanken Fuss.
Dazu dann noch dass passende Kaminbesteck sowie ein stilechter Funkenschutz für den Fußboden, und das mollig-warme Glück ist perfekt.
Auch das körperliche Wohlbefinden des Ofenbesitzers wird stark verbessert, muss er doch von nun an, nachdem er an einem Samstag Nachmittag eigenhändig einen Holzunterstand auf der Terrasse gebaut hat, jede Woche Holz hacken.
Es regiert eine neue Einsicht „Das is e ganz anneri Wärm!“
Und von nun an werden Freunde nicht mehr eingeladen, um lecker gemeinsam zu essen, sondern mit den Worten: „Wenn ihr dann komme, mache ma mol scheen de Ofe an !“
Michael Friemel
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Michael Friemels "Friemeleien"
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