Graffiti-Museum in Bitche (Foto: Stephanie Prochnow)

Work in progress

Das Graffiti-Museum "MAUSA on the Bitche"

Stephanie Prochnow   15.07.2024 | 06:00 Uhr

Es ist ein Lost Place – wie geschaffen für Sprayer. Nur, dass hier jetzt legal gesprüht wird und auf hohem Niveau! Die ehemalige Kaserne des 4. Kürassier-Regiments im lothringischen Bitche stand seit 1997 leer – nachdem die Soldaten ausgezogen waren. Im Juli 2023 zog in eines der verlassenen Gebäude das Museum für Urban Art und Street Art ein – kurz MAUSA. Genauer gesagt: MAUSA on the Bitche.

MAUSA on the Bitche ist eine Filiale des schon seit einigen Jahren bestehenden Graffiti-Museums im elsässischen Neubreisach. Wie auch sein großer Bruder ist das Museum in Bitche ein work in progress: Die Kunstwerke entstehen nach und nach. Dafür lädt der umtriebige Museumsgründer Stanislas Belhomme regelmäßig Urban Art Künstler ein. Bekannt Namen wie: Dotmasters aus Großbritannien oder Eddie Colla aus den USA.

Graffiti-Museum in Bitche (Foto: Stephanie Prochnow)

Auf der Internetseite des Museums steht, wer als nächstes einige Tage hier verbringen wird. Dann können Besucher vorbeikommen, den Künstlern bei der Arbeit über die Schulter schauen und Fragen stellen. Im ersten Jahr kamen elf internationale Künstler, um jeweils einen oder mehrere zusammenhängende Räume zu gestalten.

Kunstwerke inspiriert durch die Räume

Graffiti-Museum in Bitche (Foto: Stephanie Prochnow)

Wände und Decke des schwarz bemalten Eingangsbereichs sind über und über mit Punkten und Writings in rosa, gelb und orange bedeckt. Auch Schnullerfiguren sind darin versteckt – das Logo des spanischen Künstlers El Xupet Negre. Das Werk erinnert an Pop-Art. Eine von vielen verschiedenen Stilrichtungen, die man hier entdecken kann. Das Besondere: Die Künstler lassen sich von den Räumen inspirieren und passen ihre Kunstwerke an die Gegebenheiten an.

Lustige Szenen mit ernstem Hintergrund

Graffiti-Museum in Bitche (Foto: Stephanie Prochnow)

Der französische Künstler Levalet hat alte Heizungen aus der Kaserne in einem Raum zusammengetragen und an den Wänden aufgereiht. Auf ihnen lässt er einen Mann im Anzug und mit Aktenkoffer spazieren gehen. Allerdings verbrennt der sich dabei die Füße und verbiegt sich deshalb in ulkigen Verrenkungen. Was auf den ersten Blick lustig aussieht, hat bei Levalet meist einen ernsten Hintergrund: Die Heizungen stehen symbolisch für die Klimaerwärmung.

Graffiti-Museum in Bitche (Foto: Stephanie Prochnow)

So ähnlich bei dem brasilianischen Künstler Cranio – auch wenn Stil und Technik vollkommen unterschiedlich sind. Er hat einen immersiven Raum geschaffen, mit grünem Kunstrasen und Sternenhimmel über einem Regenwald. Darin tummeln sich blaue Indigene – sein Markenzeichen. Es sind lustige Kerlchen, die an Zeichentrickfiguren erinnern und Schabernack treiben: Auf Einhörnern reiten, von außen durch die bemalten Fenster spähen oder mit Smartphones Selfies machen. Doch so fröhlich das Paradies von Cranio auch scheint – es will die Betrachter zum Nachdenken anregen – über das Konsumverhalten in unserer Gesellschaft.

Führungen und Workshops

Bedrückend, geradezu dystopisch wird die Atmosphäre im hinteren Teil des Erdgeschosses, den der britische Künstler Guy Denning gestaltet hat. Seine Chimären – riesenhafte, menschliche Figuren mit Hörnern – bevölkern die Wände. Wer mehr erfahren möchte, kann mit einer Gruppe ab zehn Personen eine Führung reservieren – auch auf Deutsch.

Außerdem werden für Schulklassen und andere Gruppen Workshops zur Graffiti-Technik angeboten. Aber auch ohne vorherige Anleitung kann man sich als Graffiti-Künstler oder Vandale versuchen: In den Toilettenräumen darf jedermann nach Herzenslust sprayen. Dementsprechend bunt sieht es hier aus.

Graffiti - weit mehr als Straßenkunst

Graffiti-Museum in Bitche (Foto: Stephanie Prochnow)

Graffiti und Street Art sind schon lange mehr als Straßenkunst. Die Künstler jetten rund um die Welt und werden von Hotels, Galerien, Unternehmen oder Museen angefragt. Die Kunstform hat sich etabliert, ist Mainstream geworden.

Die Dauer der Bewegung, die weltweite Verbreitung und die Anzahl der Künstler sei so groß wie bei keiner anderen aktuellen Kunstströmung, sagt Museumsgründer Stanislas Belhomme. Er ist ein umtriebiger Geschäftsmann, Kunstagent, Kunstsammler und schon lange begeistert von Graffiti: „Ich fand es interessant mit Künstlern zu arbeiten, die außerhalb des Gesetzes stehen, die von der Polizei aufgegriffen werden – früher.“ Daraus sei eine Passion geworden.

Aus einem Ort des Krieges wird Kultur

Graffiti-Museum in Bitche (Foto: Stephanie Prochnow)

Stanislas Belhomme gefällt die Idee, die alte Kaserne – also einen Ort des Krieges – in einen der Kultur zu verwandeln. Aber der eigentliche Grund, warum er eine Filiale seines MAUSA in Bitche eröffnet hat, ist viel banaler: Er fand den Ortsnamen einfach cool!

Im Museumsshop gibt es mittlerweile Souvenirs, die der Künstler INKIE entworfen hat: T-Shirts bedruckt mit „Palm Bitche“, „Miami Bitche“ oder „Son of a Bitche“. Selbst mit ihrer Kommerzialisierung bleibt Urban Art provokant und ironisch!

Stephanie Prochnow


Auf einen Blick


Kontakt
MAUSA on the Bitche
Rue Colonel Teyssier
F-57230 Bitche
Tel: (0033 7) 49 64 13 39
E-Mail: bitche@mausa.fr
www.mausa.fr/museum/mausa-on-the-bitche/

Öffnungszeiten
Di. – So. 11.00 – 19.00 Uhr
Mi. 14.00 – 19.00 Uhr
im Januar geschlossen.

Eintritt:
Erwachsene 10,- €, Jugendliche 8,- €, Kinder unter zehn Jahren kostenlos.
Gruppen mit Führung (eine Stunde) 12,- €, bzw. 9,- € (Schulklassen) pro Person.
Führung und Workshop 17,- € bzw. 15,- € (Schulklassen) pro Person.


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