Felsenkeller in Honzrath (Foto: Oliver Buchholz/ SR)

Stall, Kühlschrank und Schutzraum in einem

Die Felsenkeller in Honzrath

Oliver Buchholz   15.07.2024 | 06:00 Uhr

Sie sind einzigartig im Saarland: die über 100 Felsenkeller in Honzrath. In den Berg gehauene kleine Höhlen entlang der Merchinger Straße des Beckinger Ortsteils. Schon vom Auto aus einfach etwas Besonderes. Und dahinter verbirgt sich eine rund zweihundertjährige Geschichte, die es so im Saarland eben nur in Honzrath gibt.

Wann genau die ersten Keller entstanden sind, kann nicht mehr exakt ermittelt werden. Eine frühe schriftliche Erwähnung der Höhlen stammt aus dem April 1847. Damals stellte der Gemeinderat fest, dass die Keller ohne Erlaubnis der Gemeinde in den Fels gehauen wurden und noch nicht einmal etwas für die Nutzung der Keller bezahlt wurde.

Keller als Natur-Kühlschränke

Eingang Felsenkeller in Honzrath (Foto: SR/Oliver Buchholz)

Der Untergrund von Honzrath war nicht geeignet für den Bau herkömmlicher Keller. Dennoch brauchten die Einwohner, meist Bauern, einen Lagerort. So wurden die ersten Keller Zentimeter für Zentimeter mit Spitzhacken in den Kappberg getrieben, um darin zum Beispiel Vieh zu halten. Zum Teil wohnten sogar Menschen in den Höhlen, die oft nur zwei Meter breit und keine fünf Meter lang sind. Das war aber eher die Ausnahme.

Deutlich beliebter waren die Felsenkeller als Natur-Kühlschränke, denn darin herrschen konstant zehn Grad Celsius. Wein, Viez, Rüben, Kartoffeln oder andere Lebensmittel wurden darin gelagert.

140 Felsenkeller, einer neben dem anderen, sind so im Laufe der Zeit entstanden. Tür an Tür reihen sie sich von der Kathreinenkapelle Richtung Merchingen durch den Ort.

Bis heute in Gebrauch

Werner Schäfer vor seinem Felsenkeller in Honzrath (Foto: Oliver Buchholz/ SR)

Dabei werden längst nicht mehr alle Felskeller genutzt. Viele sind im Lauf der Zeit baufällig geworden, unter anderem wegen der Bäume, vor allem Akazien, darüber, denn die treiben ihre Wurzeln langsam voran, der Fels spaltet sich dadurch an manchen Stellen. Andere sind aber noch gut in Schuss und seit Generationen in Familienhand. Sie dienen heute noch als Abstellfläche zum Beispiel für Gartengeräte.

Der Honzrather Werner Schäfer etwa hat schräg gegenüber seinem Haus zwei solcher Keller. Einen davon haben seine Vorfahren vermutlich selbst in den Fels getrieben. Er berichtet, dass in den Kellern Wein und Viez nicht nur gelagert, sondern so manches mal bei kleinen Kellerfesten auch getrunken wurde.

Er selbst ist wie viele andere Honzrather eng mit den Kellern verbunden. Als Kind hat er mit Freunden viel in den Kellern gespielt, als Jugendlicher ist er über die Keller auf den Kappberg geklettert und hat dort seine erste Zigarette geraucht. Auch heute noch zeugen Einbuchtungen im Fels zwischen den Kellertüren von Kletterpartien.

Mini-Museum im Felsenkeller

Mini-Museum im Felsenkeller in Honzrath (Foto: Oliver Buchholz/ SR)

Um dem Verfall entgegenzuwirken, hat sich 2022 der Heimatverein Honzrath zur Aufgabe gemacht, zwei Keller exemplarisch auf Vordermann zu bringen und daraus ein Mini-Museum zu machen. Direkt hinter der Kathreinenkapelle in der Ortsmitte gibt es seitdem den Schaufelskeller. Dort demonstrieren Heugabeln, Obst, Weinballons, Werkzeug und eine Holzziege Besucherinnen und Besuchern, wie die Felsenkeller im Lauf der Zeit genutzt wurden und zum Teil noch heute werden. In ehrenamtlicher Arbeit hat der Verein außerdem eine kleine Show mit Licht und Ton in der feucht-kühlen Höhle installiert. Einheimische erzählen dort auf Knopfdruck die Entstehungsgeschichte und von der Verwendung der Keller.

Erinnerung an die Bombadierung 1944

Stein mit Aufschrift Honzer Felsenkeller (Foto: Oliver Buchholz/ SR)

Die Vorführung geht auch auf die besondere Bedeutung der Felskeller im Zweiten Weltkrieg ein. Während der Bombardierung 1944 dienten sie den Einwohnern nämlich auch als Bunker. So konnte gut die Hälfte der Honzrather dort Schutz finden und sich eine Flucht oder Evakuierung ersparen. Vier Monate lang haben die Felsenkeller so das Überleben vieler Honzrather gesichert. Eindrücklich erklärt die rund zehn minütige Show die Ereignisse dieser Zeit. Und das sogar kostenlos. Der Schaufelskeller ist zudem barrierefrei erreichbar und täglich von 10 .00– 20.00 Uhr geöffnet.

Felsenkeller in Honzrath (Foto: Oliver Buchholz/ SR)

Ein besonderes Bild gibt es im Winter zu bestaunen, wenn sich an den Eingängen zentimeterlange Eiszapfen bilden. Dann gibt es auch im Schaufelskeller ein anderes Bild. Jahr für Jahr dekoriert der Heimatverein dann nämlich um und richtet eine Felskellerkrippe ein.

Oliver Buchholz


Auf einen Blick


Kontakt
Heimatverein Honzrath e.V.
E-Mail: heimatvereinhonzrath@web.de
www.honzrath.info
Die Schaufelskeller befinden sich in der Kathreinenstraße
Parkplatz:
Merchinger Straße
66701 Beckingen

Öffnungszeiten
Mo. – So. 10.00 – 20.00 Uhr.

Eintritt
Der Eintritt ist frei

Tipp
In der Weihnachtszeit ist im Schaufelsenkeller eine „Felsenkrippe“ zu sehen.


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