Ein oft übersehener Kulturschatz
Tour de Kultur 2021: Das Museum unterm Trifels
Im südlichen Pfälzer Wald, dort wo sich das Tannendickicht schon fast der Rheinebene öffnet, liegt das kleine Städtchen Annweiler. Hoch oben über Annweiler thront die majestätische Burg Trifels auf dem gleichnamigen Buntsandsteinfelsen. Mit rund 60.000 – 70.000 Besuchern pro Jahr ist sie ein Touristen-Hotspot. Die Leute wollen den Ort sehen, wo einst das Adelsgeschlecht der Hohenstaufen regierte und der englische König Richard Löwenherz gefangen gehalten wurde.
Was kaum jemand weiß: Unten, in der Stadt Annweiler, können Besuchende wie ich im kleinen schnuckligen Museum unterm Trifels in die Zeit der Staufer und von Richard Löwenherz eintauchen. In drei alten Gerberhäusern, umflossen von einem kleinen Bach mit Mühlrad, wird die Geschichte der Stadt Annweiler, der Burg Trifels und der sie umgebenden Kulturlandschaft sehr anschaulich und lebendig erzählt.
Das Leben erwacht aus der Eiszeit
Die Ausstellung beginnt im Dunklen. Ich höre Tierstimmen und Naturgeräusche. Langsam gehen einzelne Spotlights an. Zeichnungen von Urpferden und Farnen kommen zum Vorschein. Lange vor den Staufern, Ende der letzten Eiszeit, sah die Gegend rund um Annweiler ganz anders aus: Es gab noch keine Bäume. Mit der Erderwärmung kamen erst langsam Kiefer und Birke zum Vorschein. Wenn ich durch ein kleines Guckloch spähe, sehe ich Miniaturmodelle von den heute noch genauso existierenden Sandsteinhöhlen.
Steinzeitmenschen lebten damals in ihnen. Wenig weiter kann ich selbst ausprobieren, wie es war, mit ihren Werkzeugen Feuer zu machen.
Während ich Texte lese, passieren vor meinem inneren Auge Handelskarawanen, mit Salz und anderen kostbaren Gütern beladen, den mittlerweile üppigen Wald. Dieser war früher noch dichter und dunkler als heute, denn es gab noch fast keine Wiesen oder lichte Flächen. Ich durchwandere einen selbst gebastelten Zauberwald, mit ausgestopften Eichhörnchen und Bildern von Hexen und Gnomen. Hier erfahre ich, wovor die Menschen früher Angst hatten und wie Mythos und Aberglaube neue Märchen entstehen ließen.
Alltag im frühen Mittelalter
An einer Wand sehe ich die lebensgroße Abbildung eines fränkischen Sippenführers. Anno oder Arno soll er geheißen haben. Auf seinen Namen geht wahrscheinlich die Gründung Annweilers zurück. Rund um sein Gehöft soll sich der Ort im 7. oder 8. Jahrhundert entwickelt haben.
Lebensgroße Puppen, gekleidet in zeigetreuen Gewändern, zeigen mir, wie die Menschen damals auf dem Hof gekocht und gearbeitet haben. Ich nehme mir das Kostüm einer Gutsherrin aus einer Verkleidungskiste und ziehe es an. An einem frischen, klaren Morgen vor rund 1.300 Jahren hätte ich darin gewandet wohl gerade die Hühner rausgelassen und mich dann ans Brot-Backen gemacht.
Das Museum ist vielleicht nicht mehr das modernste, aber durch die vielen Puppen-Ensembles, Modelle und Mitmach-Stationen funktioniert es für mich und meine Kinderseele wunderbar. Ich fühle mich in die jeweilige Zeit zurückversetzt, reise von Raum zu Raum und entdecke in jedem etwas Neues.
Im oberen Stockwerk drohnt der Kaiser
In den oberen Stockwerken stoße ich endlich auf die Staufer: In einem königlich-rot gestrichenen Raum blicke ich in die steinernen Augen von Kaiser Friedrich II. Seine lebensgroße Statue im römischen Stil wird oft und gerne von anderen Museen angefragt. Friedrich II. war es, der Annweiler 1219 die Stadtrechte verlieh. Der Staufer war berühmt für seine Toleranz und sein diplomatisches Geschick. Als er vom damaligen Papst auf einen Kreuzzug geschickt wurde, war er der einzige Herrscher, der Jerusalem für die Christen ohne einen Schwerthieb freimachen konnte, weil er das Vertrauen des ehemaligen islamischen Sultans von Jerusalem erlangt hatte.
Machtzentrum der Staufer
Die Staufer machten die Burg Trifels zu einem der wichtigsten Machtzentren des Hochmittelalters. Hier wurden die Reichskleinodien (Zepter, Krone, Schwert etc.) aufbewahrt und politische Gefangene wie Richard Löwenherz gefangen gehalten.
In einem Ausstellungsraum sehe ich ein Modell der Burganlage. „Wahnsinn, wie gut erhalten die Burg ist“, denke ich. Zu meiner Überraschung lese ich aber, dass die Burg, so wie sie heute zu sehen ist, nicht mehr original ist.
Die ehemalige Staufer-Festung war zur Ruine verkommen, als die Nationalsozialisten sie für ihre Zwecke entdeckten und von 1938 bis 1942 wieder aufbauten. Alte Fotografien zeigen Nazi-Funktionäre, die die Bauarbeiten begutachten. Sie wollten an die vermeintliche Größe vergangener Zeiten anknüpfen, als das Heilige Römische Reich Deutscher Nationen bis nach Italien und Frankreich reichte. Aus heutiger Sicht ist die Burg also nicht nur ein Relikt vergangener Machtansprüche, sondern auch ein Stück Erinnerungskultur.
Als ich nach mehreren Stunden aus dem Museum und seinen mit Geschichte gefüllten Räumen wieder auftauche, blinzle ich unwirklich und fast noch etwas benommen ins Sonnenlicht. Ich blicke hoch und sehe die Burg Trifels jetzt mit anderen Augen.
Auf einen Blick
Museum unterm Trifels
Am Schipkapass 4
76855 Annweiler am Trifels
Tel.: (06346) 96 59 760
E-Mail: museum@annweiler.de
www.vg-annweiler.de/tourismus/ museen/museum-unterm-trifels/
Öffnungszeiten
Mi. bis Sa. 13.00 - 17.00 Uhr, So. und Feiertage 10.00 - 17.00 Uhr
Gruppenführungen auch außerhalb der Öffnungszeiten nach Vereinbarung
Eintritt
Erwachsene: 3,50 €,
Gruppen ab 12 Personen: 3,- €,
Schüler, Studierende und Auszubildende: 2,50 €,
Kinder und Schüler bis 18 Jahre: 1,50 €,
Kinder unter 5 Jahren frei,
Familienkarte: 8,- €,
Gruppenführung bis max. 15 Personen: 15,- €.
Anfahrt
Von Saarbrücken fahren Sie auf die A8 in Richtung Pirmasens. Bei Ausfahrt 15-Pirmasens in B10 Richtung Pirmasens/Landau einfädeln. Folgen Sie der B48, Zweibrücker Straße bis Schipkapass. Das Museum ist ausgeschildert.