In vollen Zügen genießen
Der Ferienbahnhof Reichenbach
Urlaub heißt ja angeblich, die Welt in vollen Zügen zu genießen. Nun, im Ferienbahnhof Reichenbach sind die Waggons nicht ganz so voll, vier Personen können einen Waggon ganz für sich alleine buchen mit allem Komfort. Und das kam so …
„Die Welt braucht ein paar Verrückte, schaut Euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben“, hat George Bernard Shaw einmal gesagt. In diesem Sinn ist Matthäus Burkart ein Verrückter. Der gelernte Koch betreibt seit vielen Jahren das Restaurant Altes Bahnhöf’l in Reichenbach, einem Vorort des südpfälzischen Dahn.
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Wie der Name verrät, ist das ein umgenutzter Bahnhof. Das sieht man ihm nicht auf den ersten Blick an, denn er wurde 1913 als Fachwerkhaus gebaut. Nur die Bahntrasse erinnert an die alte Eisenbahnzeit. Heute wird die Strecke an der Wieslauter allerdings nur noch an drei Tagen in der Woche befahren.
Doch dieser Bahnhof war Matthäus Burkhart nicht genug. Er beschloss, Eisenbahnwaggons zu kaufen und vor seinem Restaurant aufzustellen. Nun gibt es solche Waggons ja nicht im Supermarkt um die Ecke zu kaufen, also waren einige Verhandlungen mit der Deutschen Bahn und mit der Wutachtalbahn in der Schweiz nötig.
Investitionen von 450.000 Euro
Der Waggon der Deutschen Bahn kam aus Karlsruhe über die Schiene, die anderen beiden Wagen mussten – weil sie nicht mehr fahrtauglich waren – von 40 Meter langen Schwerlasttransportern über die Straße herangeschafft werden.
Das ganze Projekt kostete 450.000 Euro! Schienen wurden gelegt, eigens ein ICE-taugliches Gleisbett geschaffen, Kanalisation, Stromversorgung, Transport und Renovierung der Waggons … Also ein bisschen verrückt muss man schon sein, um sich auf so ein Abenteuer einzulassen, aber nur so entsteht etwas Neues.
Jetzt stehen die ausrangierten Waggons vor dem Alten Bahnhöf’l auf den neuen Schienen und sind kaum wiederzuerkennen. Frisch gestrichen in rot und gelb, innen komplett ausgekernt und zu gemütlichen Ferienwohnungen umgebaut.
"Nicht hinauslehnen"
Vor jedem Waggon ist ein kleiner Garten mit einer Hecke eingefasst, eine Terrasse bietet Platz für Gartenmöbel und einen Grill. Drinnen hat sich Matthäus Burkhart für ein ganz ungewöhnliches Design entschieden. Die Fenster sind original erhalten – „nicht hinauslehnen“ – und die rot bezogenen Sitze, mit Gepäckablage aufs Schönste restauriert, dienen als Sitzgruppe.
Im Kontrast zu diesem Eisenbahnstil stehen Weichholzmöbel, Parkettboden und Flachbildfernseher, eine moderne Kochnische und ein topmodernes Badezimmer. Weil aber die Waggons aus den 1950er Jahren stammen, hängt im Schlafzimmer eine Lampe aus dieser Zeit.
Im Restaurant gibts Pfälzer Spezialitäten
Die fünf Ferienwohnungen sind klimatisiert und bieten Platz für zwei bis vier Personen. Eine ist in einem ehemaligen Werkstattwagen eingerichtet, ein anderer Waggon diente früher als Bar. Tagsüber hört man den Verkehr der Bundesstraße, und auch der Baustoffhandel in der Nähe erinnert uns daran, dass wir nicht in einer Modelleisenbahn gelandet sind, aber abends kehrt Ruhe ein, und es wird urgemütlich im romantischen Wieslautertal.
Wer nicht selbst in seinem Waggon kochen möchte, kann sich im Alten Bahnhöf’l natürlich auch bedienen lassen. Neben Pfälzer Spezialitäten gibt es da zum Beispiel vorzügliche Steaks vom Angusrind.
Der Ferienbahnhof ist die perfekte Kombination von Reisen und Ankommen. Eigentlich fühlt man sich hier zu Hause und hat trotzdem das Gefühl, unterwegs zu sein. Die Umgebung von Dahn bietet sich für Ausflüge an.
Von Wanderungen zu den wunderschönen Bundsandsteinfelsen und Burgen der Umgebung bis hin zum Baumwipfelpfad oder dem Erzbergwerk Nothweiler gibt es viel zu entdecken.
Anreise mit dem Zug möglich
Besonders stilecht ist die Anreise zu diesen ungewöhnlichen Ferienwohnungen mit der Bahn. Dank der Initiative der Eisenbahnfreunde Dahn wurde die stillgelegte Strecke durchs Wieslautertal 1997 nämlich wiederbelebt. So kann man jetzt von Anfang Mai bis Ende Oktober mittwochs, samstags und an Sonn- und Feiertagen mit dem Zug direkt zum Ferienbahnhof Reichenbach fahren.
Achtung: Die Station heißt in manchen Fahrplänen der Deutschen Bahn auch Busenberg-Schindhard, das hat historische Gründe, davon sollte man sich nicht irritieren lassen.
Es bleibt nur eine Frage offen: Wann kauft Matthäus Burkard zu den drei Waggons auch noch eine Lokomotive dazu, um die Waggons durch das Tal zu ziehen? „Nein“, daran denke er nicht, „aber vielleicht an eine Rüttelplatte, um beim Schlafen das Gefühl des Fahrens zu erzeugen?“, überlegt er schmunzelnd, damit seine Gäste das Wohnen in vollen Zügen genießen können.
Stefan Miller
Auf einen Blick
Kontakt
Matthäus Burkhart
An der Reichenbach 6
66 994 Dahn-Reichenbach
Tel.: (0 63 91) 37 55
E-Mail: altes.bahnhoefl@t-online.de
Öffnungszeiten
Ganzjährig geöffnet.
Preise
Hauptsaison von 1. März - 31. Oktober:
89 Euro für zwei Personen pro Tag – jede weitere Person: 20 Euro pro Tag
Nebensaison von 1. Nov. - 28./29. Februar:
79 Euro für zwei Personen pro Tag – jede weitere Person: 20 Euro pro Tag
Vermietung mindestens drei Tage.
Anfahrt
Am besten mit der Bahn:
Von Saarbrücken nach Busenberg-Schindhard/Dahn-Reichenbach dauert die Fahrt mit zwei Mal Umsteigen knapp zwei Stunden.
Oder, wenn es doch das Auto sein soll:
Von Saarbrücken zum Beispiel über die A 623 und die A 8 nach Pirmasens. Von dort über die B 10 bis Hinterweidenthal und dann über die B 427 nach Dahn-Reichenbach. Die Strecke ist knapp 90 Kilometer lang und dauert ohne Staus – manchmal ist vor Hinterweidenthal Stau – etwas über eine Stunde.