Albert Weisgerbers St. Ingbert (Karin Mayer)  (Foto: Karin Mayer)

Die Wiederentdeckung eines Großen

Unterwegs in Albert Weisgerbers St. Ingbert

Karin Mayer  

Albert Weisgerber ist einer der berühmtesten Söhne St. Ingberts. 1878 geboren und viel in der Welt unterwegs, kehrte er immer wieder in seine Heimatstadt zurück. Die ist auch heute noch von dem großen Maler geprägt. Davon kann man sich bei einem Stadtspaziergang überzeugen.

Ein junger Mann, im weißen Hemd mit offenem Kragen vor einem Bergsee – so hat Albert Weisgerber sich selbst gemalt. Das Selbstporträt ist im Jahr 1911 am Attersee entstanden. Selbstbewusst und entschieden stellt sich der Maler dar. Einer, der ohne Angst in die Zukunft schaut und es mit allem aufnehmen kann.

Wo er herkommt, wie er aufgewachsen ist und wie er zu dieser Haltung kam, das kann man einem der bekanntesten Weisgerber-Bilder nicht entnehmen.

Geburtshaus in der Fußgängerzone

Ein Spaziergang durch die Stadt St. Ingbert dagegen gibt viele Einblicke in die Welt des Albert Weisgerber. Sein Geburtshaus steht in St. Ingbert in der Fußgängerzone. Vier Geschwister hatte Albert schon, als er am 21. April 1878 geboren wurde.

Eine Gedenktafel am Café Times erinnert an ihn. Der Vater war Bäcker, später Gastwirt. Ein Beruf alleine reichte eben nicht aus, um fünf Kinder durchzubringen. Die Verhältnisse waren einfach, aber es gab Aufstiegschancen. Albert wird in eine Handwerkerfamilie geboren und in eine boomende Stadt. Das Eisenwerk Die Alte Schmelz ist größter Arbeitgeber. Es gibt ein Bergwerk, eine Baumwollspinnerei und viele kleine Handwerksbetriebe.

Los geht's am Rathaus

Wo Ende des 19. Jahrhunderts das industrielle Zentrum war, steht jetzt das Rathaus, und hier startet der Stadtrundgang auf den Spuren von Albert Weisgerber. Klaus Friedrich trifft sich hier samstags mit seinen Gruppen, nicht nur weil viele Jahre im Landratsamt gegenüber das Weisgerber-Museum untergebracht war.

In der Stadthalle gleich neben dem Rathaus wird der Albert-Weisgerber-Preis vergeben. Einer der wichtigsten Kunstpreise im Saarland. Klaus Friedrich, ein Weisgerber-Bewunderer und leidenschaftlicher Stadtführer, geht es aber um etwas anderes: Am Samstag ist Wochenmarkt. Es ist Leben auf der Straße – und genau so war es zu Zeiten Albert Weisgerbers.

Albert Weisgerbers St. Ingbert (Karin Mayer) (Foto: Karin Mayer )

Den Zeitgeist kann man zudem in vielen Straßen erspüren, denn viele Gebäude aus Weisgerbers Zeit sind noch erhalten. St. Ingbert – und das ist etwas Besonderes – wurde in keinem Krieg zerstört. In der Rickertstraße steht das Haus von Friedrich Weisgerber.

Ausbildung zum Dekorationsmaler

Der ältere Bruder war Schlosser, betrieb ein Haushaltswarengeschäft und hatte im Hinterhaus eine Werkstatt. Die Gründerzeit-Villa gibt einen Eindruck in gutbürgerliche Familienverhältnisse. Der allgemeine Lebensstandard verbesserte sich in dieser Zeit offenbar rasant.

Eine Karriere als großer Maler war Albert Weisgerber trotzdem nicht in die Wiege gelegt, aber das Talent. Er entdeckte es – vermutlich bei seiner Ausbildung zum Zimmer- und Dekorationsmaler und beim Zeichnen. Der Jugendliche lieferte eine so gute Porträtzeichnung ab, dass er in die Gewerbeschule nach München geschickt wurde.

Schon als 16-Jähriger verließ er die Kreisstadt. Zunächst zur Ausbildung nach Kaiserslautern. Dann nach München, wo er die meiste Zeit lebte. Aber er kehrte regelmäßig nach St. Ingbert zurück.

Logo für den Tabakladen

Zum Beispiel im Jahr 1903. Weisgerber ist inzwischen Schüler der Kunstakademie in München und Schüler von Frank von Stuck. Aber die Mutter ist krank. „Der Albert ist wieder da“ – wie die St. Ingberter sagen würden.

Er trifft alte Freunde, mal im Biergarten Zur Luschd, wo später seine berühmten Biergarten-Gemälde entstehen, mal im Tabakladen schräg gegenüber seinem Elternhaus. Hier findet man noch heute ein Original-Werk. Über der Eingangstür hat Albert Weisgerber drei rauchende Mohrenköpfe als Logo für den Tabakladen Bennung entworfen. Beim Stadtrundgang mit Karl Friedrich gehören das Tabakgeschäft und ein Blick auf die Gebrauchsgrafik von Weisgerber zum Programm.

Aber Albert Weisgerber ist schon kurze Zeit später ein Mann von Welt. In München und Paris studiert er gemeinsam mit Paul Klee und Wassily Kandinsky, in Paris lernt er Henri Matisse kennen, bekommt Impulse von Toulouse-Lautrec. Er heiratet die Bankiers-Tochter Margarete Pohl, organisiert Ausstellungen und gründet die Künstlergruppe Münchener Erste Secession.

Eindrücke aus Paris

Aber in St. Ingbert bleibt er weiter „der Albert“. Zwar bringt ihm der Männergesangverein Frohsinn ein Ständchen, wenn er in St. Ingbert im Hotel übernachtet, und viele können mit der Kunst von Albert Weisgerber nichts anfangen, aber gerade hier gelingt ihm Großes.

Die neuen Eindrücke aus Paris – hier in St. Ingbert kann er sie verarbeiten. Zum Beispiel in seiner Jahrmarktszene in der Kaiserstraße. Und weil so vieles aus dieser Zeit erhalten ist, erkennt der Besucher auf dem Gemälde nicht nur die Fassaden und Häuser wieder.

Albert Weisgerbers St. Ingbert (Albert Weisgerber Stiftung) (Foto: Albert Weisgerber Stiftung)

Der Spaziergang führt direkt in die Kulissen, die Albert Weisgerber für seine Bilder gewählt hat. Diesen Blick in die Kulissen hat Stadtführer Klaus Friedrich inzwischen ausgebaut. Er bietet zusätzlich zum Stadtrundgang auf Weisgerbers Spuren auch noch einen Themenrundgang an.

Bei Weisgerber à la carte besucht er Gasthäuser, die von Weisgerber gemalt wurden oder die in seinem Leben eine Rolle gespielt haben.

Tod mit 37 Jahren

Albert Weisgerber starb in Frankreich als Soldat im Ersten Weltkrieg. Er war einer jener Künstler, die bereitwillig für Deutschland in den Krieg zogen. Er wurde 37 Jahre alt und hinterließ ein vielfältiges Werk, das schwer einzuordnen ist.

Durch einen Zufall konnte die Stadt St. Ingbert einen großen Teil des Werks von Albert Weisgerber aufkaufen. Es soll seit vielen Jahren ein eigenes Museum bekommen und in der Alten Baumwollspinnerei gezeigt werden.

Wenn es so weit ist, wird Klaus Friedrich den Besuch sicher in seine Rundgänge mit aufnehmen. Der Rundgang auf Weisgerbers Spuren ist aber schon jetzt ein Geheimtipp.

Karin Mayer


Auf einen Blick


Kontakt
Stadt St. Ingbert
Melanie Fritsch
Am Markt 12
66 386 St. Ingbert
Tel.: (0 68 94) 1 37 30
E-Mail: tourismus@st-ingbert.de

Öffnungszeiten/Führungen
Der Stadtrundgang „Auf Albert Weisgerbers Spuren …“ findet einmal im Monat am Samstag Vormittag statt.
Start: 10.30 Uhr
Dauer: circa 2 Stunden,
Treffpunkt: Rathaus St. Ingbert.

Die Stadtführung kann auch individuell als Gruppenarrangement angefragt werden.

Preise
Die Teilnahme am Rundgang ist kostenfrei.
Nächste Termine: 2.7., 6.8., 27.8., 5.11., 17.12.2016

„Weisgerber à la carte“ inklusive 3 Gänge Menu kostet 40 Euro.
Termine: 5.8. und 4.11.2016

Anfahrt
Von Saarbrücken aus fahren Sie von der A 620 auf die A 6 Richtung Mannheim zur L 126 St. Ingbert. Nehmen Sie die Ausfahrt St. Ingbert-West Richtung St. Ingbert/Sulzbach/ Dudweiler/Flughafen Saarbrücken. Biegen Sie dann rechts auf die L 126 Richtung St. Ingbert City/Sulzbach ab.

Von der Weststraße biegen Sie nach rechts auf die Saarbrücker Straße ab und folgen dieser bis zur Kreuzung Saarbrücker Straße/Neue Bahnhofstraße, Kaiserstraße und Schlachthofstraße. An der Kreuzung geht’s nach rechts in die Schlachthofstraße und nach 200 Metern wieder rechts in die Poststraße.

Von der Poststraße circa 150 Meter links in die Rickertstraße abbiegen. Das Rathaus am Marktplatz befindet sich im Carré der Rickertstraße.



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