Der Mond riecht nach Schießpulver
Meteoritenschnuppern im Weltraum-Atelier Nohfelden
Wie tief sind schwarze Löcher? Und wie riecht eigentlich der Mond? Solche Fragen stellen vor allem Kinder – und die Erwachsenen wissen oft keine Antwort. Im Weltraum-Atelier in Nohfelden kann man seine Nase einfach in einen vier Milliarden Jahre alten Meteoriten stecken oder ertasten, wie sich Asteroiden und Mondsplitter anfühlen.
Acht Kilometer östlich vom Bostalsee, am Rand des Saar-Hunsrück-Parks, sagen sich Fuchs und Hase Gute Nacht. Hier steht eine große alte Scheune. Und hinter dem Scheunentor – fast acht Meter lang und zweieinhalb Meter breit – ein Raumschiff. Nicht irgendein Raumschiff, sondern die legendäre Unglückskapsel der Apollo 13. Na gut, nicht ganz, winkt der Adoptivpapa der Raumkapsel ab. In Wahrheit handelt sich nur um einen Nachbau, mit dem in den 1990ern für den US-Kinofilm mit Tom Hanks geworben wurde – aber immerhin.
Als die Kapsel vor Jahren in Sebastian Voltmers Hände fiel, stand fest: Mit ihr wollte er seinen Traum verwirklichen. Seinen Traum von einem Weltraum-Atelier, einem Ort, an dem Kinder und Erwachsene das Universum begreifen können – und zwar mit allen Sinnen.
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Das Universum mit allen Sinnen begreifen
Wie tief sind schwarze Löcher? Und wie riecht eigentlich der Mond? Solche Fragen stellen vor allem Kinder – und die Erwachsenen wissen oft keine Antwort. Im Weltraum-Atelier in Nohfelden kann man seine Nase einfach in einen vier Milliarden Jahre alten Meteoriten stecken oder ertasten, wie sich Asteroiden und Mondsplitter anfühlen. Man kann tagsüber im Teleskop entdecken, dass die Sonne Sommersprossen hat, und nachts den Sternenhimmel erforschen. Und natürlich kann man auch im Apollo-13-Cockpit Platz nehmen, auf dem Bildschirm die Bahn des Mondes verfolgen und – jedenfalls in der Fantasie – ungestört durchs Weltall reisen.
2012 hat Sebastian Voltmer das Weltraum-Atelier gegründet und es im vergangenen Jahr barrierefrei gemacht. Gemeinsam mit einem siebenköpfigen Team, mit Künstlern, Sternenforschern, Blinden und Gehörlosen. Heute können auch Blinde hier den Weltraum ertasten und zum Beispiel mit speziellen Planetenmodellen an über 40 Meter langen Seilen eine Vorstellung davon gewinnen, wie die Entfernungen und Größenverhältnisse im All wirklich sind. Mit einem 3D-Drucker kann Voltmer maßstabsgetreue Planetenmodelle anfertigen.
Manchmal aber ist es nicht ganz so leicht mit der Barrierefreiheit. So wurden in Zusammenarbeit mit dem gehörlosen Pantomimen JOMI Videoguides erstellt, die kosmische Phänomene für Gehörlose zugänglich machen sollen. Doch manchmal fehlten auch JOMI schlicht die Worte: „Da mussten wir teilweise neue Gebärden erfinden, zum Beispiel für den Begriff Galaxie.“ Zwar gibt es in der Deutschen Gehörlosensprache übergeordnete Gebärden für das Weltall, differenzierte Begriffe aber fehlen – noch.
Der 35-jährige Sebastian Voltmer ist weder gelernter Astronom noch Pädagoge, sondern Astrofotograf und Filmemacher. Seit seiner Kindheit erforscht er autodidaktisch das Himmelszelt, hat mehrere Filme rund ums Thema Weltall gedreht. Etwa die preisgekrönte Doku über die Wiederkehr des Mars. Darin sind spannende kosmische Konstellationen des roten Planeten dokumentiert, die Voltmer über Jahre hinweg beobachtet hat. In der alten Scheune, direkt neben der Leinwand, steht ein Klavier. Denn Voltmer komponiert die Musik zu seinen Filmen selbst – und spielt sie manchmal, wie zu Stummfilm-Zeiten, live bei der Filmvorführung.
Der Duft von Mondgestein
Im Weltraum-Atelier zeigt er auch einen Kurzfilm, in dem er Astronauten wie Neil Armstrong und Charlie Duke zu ihren Erlebnissen im All interviewt. Und da fragt er Charlie Duke tatsächlich, wie es eigentlich auf dem Mond gerochen hat. Blöde Frage, denn wie soll man unter dem Raumanzug noch irgendetwas riechen? Duke wusste trotzdem eine Antwort. Denn als die Astronauten zurück im Raumschiff das frischgesammelte Mondgestein untersuchten, stellten sie einen eigenartigen Geruch fest – es roch nach Schießpulver.
Faszination Licht
Mit solchen Fragen sieht sich auch Voltmer in seinem Weltraum-Atelier konfrontiert. „Kinder trauen sich einfach oft, die spannenderen Fragen zu stellen“, sagt er. Auf die Frage, was ihn am Weltraum so fasziniert, antwortet er: Das Licht. Die Faszination von Licht und All lägen aber nah beieinander. „Denn bei der Entstehung des Universums hat Licht eine bedeutende Rolle gespielt. Teilweise hat sich Materie aus Licht bilden können – und umgekehrt.“ Seine Faszination für das Licht ist auch seinen großformatigen Fotografien anzumerken, die im Atelier ausgestellt sind. Mit teilweise unsäglich langen Belichtungszeiten, manchmal über mehrere Tage, zeigen sie Galaxien oder einzelne Planeten in allen Farben des Regenbogens.
Selbst mal ins Weltall reisen will der Sternenfreak aber nicht. „Astronauten geben öfter so Sätze von sich wie: Jeder sollte einmal die Erde aus dem Weltall gesehen haben, damit er sieht, wie klein und verletzlich sie doch ist“, sagt Voltmer. „Aber wenn da jeder mit einer Rakete hochfliegt, wäre die Erde ziemlich schnell kaputt. Also ich bleibe mal lieber hier unten.“
Sterne beobachten
Für Sternenbeobachter ist das Weltraum-Atelier der perfekte Ort: Denn hier, im nördlichen Saarland, ist die Lichtverschmutzung für mitteleuropäische Verhältnisse sehr gering. Von dem alten Bauernhof in Mosberg-Richweiler aus kann man sehr gut Galaxien und die Milchstraße beobachten. Oft kommen Sternengucker vorbei und bleiben über Nacht. Auf einem Dachboden, auf dem sich auch ein paar Fledermäuse häuslich eingerichtet haben, liegen Teleskope, Decken und Matratzen bereit. „Das ist eher was für Leute, die es rustikal mögen“, sagt Voltmer. „Wir sind weniger die technikverliebten Trekkies. Wir Sternenfreunde lieben es, in der Nacht zu stehen und die Natur hautnah mitzuerleben.“
Führungen
Führungen im Weltraum-Atelier sind ab sechs Personen möglich – Termine gibt’s auf Anfrage. Denn die Apollo-13-Kapsel geht öfter mal auf Reisen. In Kürze besucht sie etwa ein Schülerforschungszentrum in Kassel. Und jedes Mal ist es ein Abenteuer, das unhandliche Luftgefährt – im Maßstab 2:3 mit der Original-Kapsel erbaut – über deutsche Autobahnen zu transportieren.
Lange bleibt auch Sebastian Voltmer nie in seiner Scheune. Immer wieder reist er kosmischen Ereignissen hinterher. In diesem Jahr soll es in die USA gehen, zur totalen Sonnenfinsternis. Es ist nicht irgendeine Sonnenfinsternis: Am 21. August 2017 herrscht eine ähnliche Konstellation wie bei einer Sonnenfinsternis im Jahr 1919, die damals Einsteins Relativitätstheorie belegt haben soll. Und dieses Experiment will Voltmer mit hochauflösenden Digitalkameras nachstellen.
Am Ende gibt’s dann aber doch noch ein paar Special Effects. Auf Knopfdruck nämlich lässt die Apollo 13 hinten Dampf ab. Das sieht nicht nur toll aus, es riecht auch gut. Zwar nicht nach Schießpulver. Aber nach Disco und Vanille.
Eva Lippold
Kontakt
Weltraum-Atelier Nohfelden
Bornwiesstr. 1
66625 Nohfelden-Mosberg-Richweiler
Tel.: (0172) 65 46 719
E-Mail: info@apollo-13.eu
www.apollo-13.eu
Treffpunkt
Naturpark-Infostelle Haus Saargau Wallerfangen
Zum Scheidberg 11
66798 Wallerfangen
Witterungsangepasste Kleidung und festes Schuhwerk sowie Taschenlampe werden empfohlen.
Termine/Eintritt
Für Gruppen ab 6 Personen auf Anfrage an info@apollo-13.de.
Eintritt:
Erwachsene: 14,- Euro, Kinder: 7,- Euro.
Anfahrt
Mit dem Auto: Von der A 1 kommend die Ausfahrt 138-Nonnweiler-Primstal nehmen. Rechts auf die L 147 abbiegen, nach 1,8 Kilometern rechts auf die L 134 fahren. Nach 4 Kilometern links auf die Birkenfelder Straße abbiegen. Dann etwa 5 Kilometer geradeaus über die Nahestraße/L 135/ Nahetalstraße/Saarbrücker Straße. Hinter Gonnesweiler rechts auf die L 319 abbiegen, und nach 2 Kilometern links auf die L 322/Brunnenstraße abbiegen. Nach 2 Kilometern rechts abbiegen, um auf der L 322 zu bleiben. Am Ortseingang Mosberg-Richweiler rechts halten. Das Weltraum-Atelier liegt auf der rechten Seite.
Über dieses Thema wurde in der Sendung "Region" vom 11.07.2017 auf SR 3 Saarlandwelle berichtet.