Stumpfwaldbahn im Pfälzerwald (Foto: Eva Lippold)

Auf schmaler Spur durch den Stumpfwald

Eisenbahnromantik und Natur pur im Biosphärenreservat Pfälzerwald

Eva Lippold  

Natur pur und ein Reiseerlebnis, das die Herzen von Eisenbahnromantikern höher schlägen lässt - all das gibt es neben und auf der Schmalspurstrecke Eiswoog-Ramsen-Eiswoog im Biospährenreservat Pfälzerwald zu erleben. Mit der Stumpfwaldbahn lassen sich Tagesausflüge, Sonderfahrten, Kindergeburtstage und vieles mehr gestalten.



In Emir Kusturicas Film Das Leben ist ein Wunder spielt eine alte Feldeisenbahn die Hauptrolle. Die skurrilsten Fahrgestelle lässt der serbische Regisseur über die schmalen Gleise durch die traumhaft schöne serbische Landschaft rollen – vom Handwägelchen bis zum gleistüchtig umgebauten Au­to. Und immer wieder wird die kleine Bahn aufgehalten – von Hühnern, Schafen, betrunkenen Soldaten und nicht zuletzt von einer liebeskranken Eselin.

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Tour de Kultur 2017: Auf schmaler Spur durch den Stumpfwald
Audio [SR 3, Eva Lippold, 03.07.2017, Länge: 03:45 Min.]
Tour de Kultur 2017: Auf schmaler Spur durch den Stumpfwald

Mit der Stumpfwaldbahn durch den Pfälzerwald

Ganz so grotesk geht es auf den sechzig Zentimeter schmalen Gleisen der Stumpfwaldbahn im Pfälzerwald nicht zu. Kein liebestoller Esel weit und breit, dafür suhlen sich Wildschweine im „Saupfuhl“ neben den Gleisen. Auch Autos auf Schienen gibt es hier nicht – die Personenwagen hinter der kleinen Diesellok machen einen seriösen Eindruck, sind überdacht und mit schmalen Holzbänken ausgestattet. Aber die Menschen, die die Stumpfwaldbahn betreiben, haben etwas mit Kusturica gemeinsam: Auch ihnen sitzt der Schalk im Nacken, auch für sie ist die kleine Feldbahn eine große Spielwiese.

Stumpfwaldbahn im Pfälzerwald (Foto: Eva Lippold)

Von Mai bis Oktober fahren die Züge jeden Sonntag zu festen Zeiten durch den Stumpfwald, mitten im Biosphärenreservat Pfälzerwald gelegen. Schaffner Jörg Scherzer ist ausgerüstet mit einer alten Schaffnertasche der Reichsbahn, Münzwechsler und Lochzange. Die Fahrkarten kauft man direkt bei ihm im Zug. Der Schaffner pfeift, der Lokführer hupt, dann setzt sich die kleine Bahn in Bewegung. Schön ist das, mit sanftem Fahrtwind im Gesicht.

48 Kilometer Gleisnetz für Schmalspurbahnen gab es früher im Eistal, wo unter anderem der berühmte Eisenberger Klebsand (das heißt: die Verwitterungsprodukte von Sandsteinen) abgebaut wurde. Damals transportierten die Feldbahnen keine vergnügungssüchtigen Besucher, sondern Ton, Kies und Sand – sowohl über, als auch unter Tage. Auch viele der liebevoll restaurierten Fahrzeuge und Gleise der Stumpfwaldbahn stammen aus der Gegend.

Stumpfwaldbahn im Pfälzerwald (Foto: Eva Lippold)

In den „Postwagen“, der eigentlich für den Transport von Fahrrädern bestimmt ist, hat irgendein Spaßvogel einen Briefschlitz eingebaut. Lokführer, Schaffner, Gleispersonal – sie alle stecken in alten Reichsbahn-Uniformen, die nach der Wende günstig zu haben waren, erzählt der 70-jährige Volkmar Behnke. Er war von Anfang an dabei. Entstanden sei die Idee mit der Museumsbahn in Stammtischlaune, irgendjemand hatte eine alte Diesellok erstanden. Totaler Schrott, erzählt Behnke. Der Lok haben sie dann eine neue Karosserie verpasst. Und als frischgegründeter Verein Stumpfwaldbahn Ramsen e. V. nach und nach in Eigenarbeit einen ganzen Fuhrpark an alten Dieselloks und Waggons fahrtüchtig gemacht.

Schon Ende der 1980er Jahre gab’s eine erste Teststrecke in Ramsen, anschließend wurde in den letzten 20 Jahren in zwei Etappen die heutige Strecke zwischen dem Stausee Eiswoog und dem Ortseingang von Ramsen erbaut. Heute fährt die kleine Bahn druckluftgebremst und ist gut gefedert. Ein Fahrkomfort, den man bei Feldbahnen sonst eher nicht erwarten kann, sagt der Vereinsvorsitzende Joachim Merz.

„Es ist eigentlich wie Schweden, nur ohne das Meer"

Mit etwa zehn Stundenkilometern schiebt sich die kleine 45-PS-Lok den Berg hoch. Es geht durch den dichten Wald, vorbei am Eisbach, an Blaubeerdickicht und hohen Fichten. Die Landschaft hat einen rauen Charme. Joachim und Doris Merz haben eine Zeitlang in Schweden gelebt, haben sich, als sie in die Pfalz zogen, sofort ins Eistal verliebt. „Es ist eigentlich wie Schweden, nur ohne das Meer“, sagt Merz.

Einst waren die kleinen Feldbahnen überall in Europa allgegenwärtig, wurden etwa beim Torfabbau, in Steinbrüchen, Berg-, Kies- und Sägewerken eingesetzt. Der Bau der Autobahnen wäre ohne sie kaum möglich gewesen, und auch in den Weltkriegen galten sie für den Transport von Munition und Waffen als strategisch entscheidend. Eine herausragende Rolle kam ihnen dann nach Kriegsende zu, als sie als Trümmerbahnen des Kriegsschutts Herr werden mussten.

Heute sind die Feldeisenbahnen weitgehend von Lastwagen abgelöst worden, geraten immer mehr in Vergessenheit. Die Betreiber der Stumpfwaldbahn wollen die Erinnerung an diese alte Technik erhalten. Jeder, vom Fahrkartenknipser bis zum Weichensteller, macht seinen Job ehrenamtlich. Oft jedes Wochenende, oft den ganzen Sommer über, mit viel Liebe eben. Joachim Merz hat Glück, seine Frau Doris teilt seine Begeisterung für Eisenbahnen, macht gerade ihren Lokführerschein. Andere haben es da schwerer. „Ich sage immer: einen Orden für die Männer, die sich hier engagieren, und zwei für die Ehefrauen, die das ertragen“, sagt Doris Merz.

Die etwa 20-minütige Eisenbahnfahrt nach Ramsen vergeht wie im Flug, dabei gibt es unterwegs eigentlich gar nicht so viel zu sehen. Der Eisbach, die Bäume, der Saupfuhl, eine Kuhwiese, zwischendurch passieren wir zwei kleine Brücken über den Bockbach. Natur pur, sonst nichts. Das Eistal macht seinem Namen alle Ehre: Auch an warmen Tagen empfiehlt es sich, für den Ausflug auf 340 Metern Höhe einen Anorak einzupacken. Bei Bedarf hält Doris Merz auch mal Decken oder Kissen bereit – es soll sich ja kein Besucher verkühlen.

Wandern im Bockbachtal

Wer mag, kann nach Absprache mit dem Schaffner am Zwischenhaltepunkt Bockbachtal aussteigen und zu Fuß weiter gehen. Für die ganze Strecke zwischen Eiswoog und Ramsen brauchen Wanderer eine halbe bis zu einer Dreiviertelstunde – mit Kindern dauert es etwas länger. Im Sommer gibt’s Blaubeeren satt, im Herbst wachsen hier Pfifferlinge, ein fleißiger Ramsener hat an den Wegrand einen ganzen Park aus Holz-Skulpturen gestellt.

Und wer beim Wandern müde wird, kann zu einem späteren Zeitpunkt an einem der drei Haltepunkte wieder in die Bahn steigen. Das Zugpersonal ist flexibel, die Stumpfwaldbahn fährt den ganzen Sonntag über im Stundentakt – außer um die Mittagszeit, da wird pausiert. An der Endstation am Ortseingang Ramsen wird die Lok abgehängt, rangiert, in entgegengesetzter Richtung wieder angehängt und tritt anschließend ihren Rückweg an.

Zielort Ramsen

In der kleinen Gemeinde Ramsen können die Bahnreisenden auch ihren Hunger stillen, dort gibt es zahlreiche Gasthöfe mit einfacher Hausmannskost. Gediegener speist man am entgegensetzten Ende der Bahnstrecke im Seehaus Forelle. Das Restaurant wartet mit frischen regionalen Produkten, gehobener Küche, eigener Forellenzucht und mehreren Terrassen direkt am Seeufer auf Gäste.

Entspannen am Stausee Eiswoog

See an der Stumpfwaldbahnstrecke im Pfälzerwald (Foto: Eva Lippold)

Den Stausee Eiswoog, der nur 150 Meter hinter der Bahnstation Eiswoog idyllisch im Wald liegt, darf man bei dem Ausflug auf keinen Fall links liegen lassen. Gerade mit Kindern kann man hier prima einen ganzen Tag verbringen, im klaren Wasser schwimmen, auf dem Waldspielplatz toben und im Ruderboot über den See schippern. Der Seezugang ist übrigens barrierefrei.

Sieben unterirdische Quellen sprudeln in dem ursprünglich natürlichen Gewässer, an dessen Ufer sogar der seltene Eisvogel nistet. Im Mittelalter stauten die Nonnen des nahen Klosters Ramsen ihn für die Fischzucht. Und auch heute tummeln sich in dem See Forellen, Flusskrebse und Wasserschlangen.

Ausflugsziele in der Umgebung

In der nahen Umgebung locken weitere spannende Ausflugsziele. So lohnt sich ein Besuch im Römischen Vicus im etwa acht Kilometer entfernten Eisenberg, wo in Ausgrabungen Siedlungsspuren aus dem 1. bis 4. Jahrhundert nach Christus freigelegt wurden. Zu sehen gibt es unter anderem ein römisches Heizungssytem, Backöfen, Sarkophage und einen Weihestein.

Oder man macht einen Abstecher in die Erlebnislandschaft Erdekaut, wo bis 1996 Ton und Kies abgebaut wurden. Bei Führungen über das ehemalige Grubengelände erfahren Besucher mehr über die Industriekultur der Region. Mittlerweile ist hier aber wieder die Natur zurückgekehrt. Auf dem Gelände grast eine Ziegenherde, an den Gewässern der ehemaligen Tongrube nisten Eisvögel, hier leben Gelbbauchunke, Wendehals und zahlreiche weitere vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Auf Kinder wartet dort ein Wasserspielplatz mit Rutsche und Matschplatz.

Die Stumpfwaldbahn fährt zwar regulär nur im Sommer, doch das ganze Jahr über kann man sie für Sonderfahrten mieten, etwa für Schulausflüge oder Kindergeburtstage. „Wir hatten auch schon eine Scheidungsfahrt“, erzählt Joachim Merz. „Die haben natürlich vorher auch die Hochzeitsfahrt mit uns gemacht.“

Erreichen kann man den unterhalb des Eistalviadukts gelegenen Fachwerk-Bahnhof Eiswoog am besten mit dem Auto. Von der A 6 hinter Kaiserslautern kommend braucht man etwa eine Viertelstunde. Oder man nimmt die Deutsche Bahn: Immer sonntags fährt sie auch den Haltepunkt Eiswoog an. „Da sollte man allerdings ein wenig Vorlauf einplanen“, zwinkert Merz. „Wir fahren nämlich pünktlich ab.“

Eva Lippold


Kontakt

Stumpfwaldbahn Ramsen e. V.
Eiswoog 2
67305 Ramsen

Tel.: (06356) 80 35
E-Mail: info@stumpfwaldbahn.de
www.stumpfwaldbahn.de

Infos zu weiteren Ausflugszielen in der Region

Tourismusbüro der Verbandsgemeinde Eisenberg
Hauptstr. 86
67304 Eisenberg

Tel.: (06351) 407-440
www.vg-eisenberg.ionas3.de

Öffnungszeiten/Termine

Zwischen 30. April und 3. Okt. fährt die Stumpfwaldbahn jeden Sonn- und Feiertag, außer an Christi Himmelfahrt.
Am Bahnhof Eiswoog fährt der Zug 10.10 Uhr - 17.10 Uhr im Stundentakt – außer um 12.10 Uhr, dann ist nämlich Mittagspause.
Am Bahnhof Ramsen fährt die Bahn stündlich zwischen 10.30 Uhr und 17.30 Uhr ab (außer um 12.30 Uhr).

Eintritt

Für die komplette Rundfahrt (Eiswoog – Ramsen – Eiswoog) zahlen Erwachsene 4,50 €,
Kinder bis 14 Jahre 3,50 € und Kinder unter 3 Jahren sind frei.
Eine Familienkarte (2 Erwachsene und beliebig viele Kinder bis 14 Jahre) kostet 12,- €.

Anfahrt

Mit dem Auto: Von Saarbrücken aus dauert die Anreise etwa eine Stunde. Auf der A 6 in Richtung Mannheim die Ausfahrt 17 Enkenbach/Alsenborn/Neustadt Weinstraße nehmen. Links auf die A 48 fahren. Den Schildern nach Enkenbach-Alsenborn folgen. Nach 2 Kilometern rechts auf Rosenhofstraße. Hinter der Sparkasse in Enkenbach-Alsenborn links auf die Grünstädter Straße (Schildern nach Eisenberg folgen). Nach etwa 6 Kilometern liegt der Bahnhof Eiswoog auf der rechten Seite.

Mit der Bahn: Sonntags gibt es eine stündliche Verbindung an den Eiswoog. Von Kaiserslautern aus dauert die Fahrt 2 Stunden, umsteigen muss man in Neustadt an der Weinstraße und in Freinsheim.



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