Fledermausexpedition (Foto: Markus Trennheuser)

Safari

Flugshow mal anders

Markus Trennheuser  

Eine Safari-Tour der ganz besonderen Art gibt es in Gisingen im Naturpark Saar Hunsrück zu erleben. Hier können Groß und Klein unter fachkundiger Führung auf Fledermausexpedition gehen.



Nicht nur in Afrika kann man auf Safari gehen, sondern auch im Saarland. Nur dass einem dabei keine Elefanten, sondern Fledermäuse begegnen. Im Auftrag des Naturparks Saar Hunsrück bietet der Biogeologe Rolf Klein regelmäßig Fledermausexpeditionen für Kinder und Erwachsene im Naturparkdorf Gisingen an. Dabei verrät er sehr anschaulich, was man alles über die kleinen nachtaktiven Flug-Säugetiere wissen muss.

Audio

Tour de Kultur 2017: Fledermaus-Safari
Audio [SR 3, Markus Trennheuser, 03.07.2017, Länge: 03:15 Min.]
Tour de Kultur 2017: Fledermaus-Safari

Fledermaus-Vorurteile sind unberechtigt

Fledermäuse haben nicht unbedingt den besten Ruf. Viele verbinden mit den Flattermäusen kleine blutsaugende Ungeheuer, die sich ab und zu in Vampire verwandeln und nach Einbruch der Dunkelheit ihr unchristliches Unwesen treiben. Dabei haben Fledermäuse kaum etwas mit Dracula gemein. Denn ihren Blutsauger-Ruf haben sie einer absoluten Minderheit zu verdanken. Von den ungefähr 900 bekannten Fledermausarten weltweit haben nur drei Arten aus Südamerika Durst auf Blut. „Da müsst ihr keine Angst haben, dass da irgendwann ein Vampir vor euch steht“, verspricht Fledermausexperte Rolf Klein den Kindern, mit denen er sich in Gisingen getroffen hat, um gleich auf Fledermaus-Safari zu gehen. „Das sind ganz kleine Fledermäuse, die auch nur ein paar Tropfen Blut zu sich nehmen, und das meistens von Tieren. Außerdem gibt es die nur in Südamerika.“ Bevor die Wanderung durchs Dorf in den Wald beginnt, bekommt die 15-köpfige Safari-Truppe noch ein wenig Fledermausgrundwissen verpasst. „Seht ihr? Zum Beispiel da oben in dem Kirchturm, da halten sich Fledermäuse gerne auf, weil sie so weit oben sicher sind vor ihren Fressfeinden“, erklärt Klein.

Fledermausexpedition (Foto: Markus Trennheuser)

Einzigartige Flugsäugetiere

Fledermäuse sind übrigens die einzigen fliegenden Säugetiere. Dafür müssen sie federleicht sein: „So eine Fledermaus wiegt ungefähr zehn Gramm je nach Art. Das sind nur fünf Bierdeckel“, bemerkt Fledermaus-Guide Rolf Klein. Wieder haben sich einige Erwachsene und Kinder mit ihm kurz vor Einbruch der Dunkelheit getroffen, um sich auf die Suche nach den kleinen Jägern zu machen.

Ein biologisches Insektenbekämpfungsmittel

Für Menschen sind Fledermäuse ungefährlich. Dafür sind sie ein echter Fliegenschreck. Die kleinen Flattermänner fressen in nur einer Nacht bis zu einem Drittel ihres Körpergewichts. Auf dem Speiseplan stehen Fliegen, Stechmücken, Motten und alles was sonst noch in der Luft herumschwirrt. Fledermäuse sind also ein wirksames biologisches Insektenbekämpfungsmittel, das dem Menschen so manche Plage vom Hals hält. Mittlerweile gibt es jedoch Regionen in der Welt, in denen Fledermäuse aufgrund verschiedener Faktoren extrem selten geworden sind – vor allem in Südamerika und den USA. „Diese Regionen haben enorme Probleme mit bestimmten Schädlingen in der Landwirtschaft. Da werden Millionen von Dollar ausgegeben, um das wieder in die Reihe zu bekommen. Oftmals merkt der Mensch erst die Nützlichkeit von bestimmten Tieren, wenn es zu spät ist“, bemerkt Klein. Langsam nähert sich die Expeditionstruppe dem Waldrand, wo besonders viele alte Bäume stehen. Denn dort ist die Wahrscheinlichkeit, Fledermäuse zu sehen, besonders groß. „In Waldstücken mit älterem Holzbestand gibt es mehr Fledermäuse, weil alte Bäume beispielsweise mehr Hohlräume aufweisen, in denen Fledermäuse leben können. Hier sehen wir eher welche“, kündigt der Fledermausflüsterer an.

„Wisst Ihr eigentlich, warum Fledermäuse an der Decke hängen?“, fragt er sein Expeditionskorps. „Damit sie mehr Blut in den Kopf bekommen zum Denken“, lautet die Antwort der elfjährigen Charlotte: kreativ, aber leider falsch. Fledermäuse hängen an der Decke, damit sie besser vor ihren Fressfeinden wie zum Beispiel vor Madern geschützt sind. Die kommen dann nämlich nicht an die Fledermäuse ran. Daher gehören Höhlen, alte Eisenbahntunnel oder Kirchtürme zu ihren bevorzugten Winterquartieren, wo sie dann Winterschlaf halten.

Fledermausexpedition (Foto: SR)

Im Saarland sind ungefähr 20 Fledermausarten zu Hause. Die größten unserer Region haben eine Flügelspannweite von circa 30 bis 35 Zentimetern. „Das ist zum Beispiel der Große Abendsegler oder das Große Mausohr und die Große Hufeisennase“, verrät Geobiologe Klein. Daraufhin zückt er einen kleinen Schaukasten mit einer ausgestopften Fledermaus darin. Alle Kinder beugen ihre Köpfe mit staunenden Augen darüber. Bei dem Ausstellungstier handelt es sich um eine Hufeisennasen-Fledermaus. Und wie der Name schon vermuten lässt – die Nase hat die Form eines umgedrehten Hufeisens. Das weckt die Kinderfantasie: „Es heißt ja, dass das Glück im Hufeisen steckt. Bei der Fledermaus steht das Hufeisen aber auf dem Kopf. Fällt da eigentlich jetzt das Glück raus aus dem Hufeisen?“ Es folgt lautes Gelächter. „Das könnte sogar sein. Diese Art ist insgesamt auch ganz schön selten geworden“, scherzt Rolf Klein schlagfertig. Im Saarland gebe es sie aber noch. Daher sei sie also doch noch mit etwas Glück gesegnet, fügt er noch spaßeshalber hinzu.

Fledermaus-Männchen müssen ins Exil

Unter Fledermäusen herrscht zudem echte Geschlechtertrennung. Denn im Sommer dürfen die Männchen nicht in den sogenannten „Wochenstuben“ bei den Weibchen bleiben, wo die Jungtiere geboren und aufgezogen werden. Die von der Erziehung ausgeschlossenen Männchen tun sich dann in Kleingruppen zusammen oder sind sogar einzeln unterwegs – ein trautes Familienleben wie unter Menschen existiert in der Welt der Fledermäuse also nicht.

Fledermäuse sind echte Ultraschall-Tenöre

Fledermausexpedition (Foto: Markus Trennheuser)

Fledermäuse kommunizieren und orientieren sich über das sogenannte Echo-Ortungssystem, um sich im Dunkeln zurechtzufinden und zu jagen. Sie stoßen dabei Ultraschall-Wellen aus, die von den Zielobjekten zurückgeworfen werden. Die Fledermäuse sind in der Lage, diese hochdifferenzierten Echos exakt zu interpretieren. „Die merken dann sogar, ob ein Gegenstand fest ist oder nicht. Fledermäuse können auch erkennen, ob sich das geortete Objekt bewegt und wie groß es ist. Manche Art merkt so sogar im Flug, welche Beute oder Fliegenart sie gerade jagt“, erklärt der Geobiologe. Aber was ist eigentlich ein Echolot genau? Extrem hochfrequente Rufe oder Signale, welche die akustische Wahrnehmungsgrenze des menschlichen Gehörs von circa 16 bis 18 Kilohertz bei weitem übersteigen. Fledermäuse können enorm hohe Frequenzen bis zu 200 Kilohertz ausstoßen. Um diese Ultraschallrufe auch für den Menschen hörbar zu machen, braucht man ein Hilfsmittel, einen sogenannten Fledermausdetektor. Auch Rolf Klein hat einen solchen auf all seinen „Fledermaus-Safaris“ dabei. Dieser wandelt die Rufe in Schallwellen niedrigerer Frequenz um, die in den Hörbereich des Menschen fallen.

Fledermausexpedition (Foto: Markus Trennheuser)

Die Gruppe befindet sich immer noch am Waldrand, wo man in der Regel die meisten Fledermäuse antrifft. Als Rolf Klein das Gerät einschaltet, ertönt ein lautes „weißes Rauschen“. „Sobald das Gerät einen Fledermaus-Ruf ortet, hört man eine Art Plätschern“, kündigt Rolf Klein an. Die Wahrscheinlichkeit, heute eine Fledermaus zu entdecken, sei aber eher gering, weil es geregnet habe. Denn nach Regen tummeln sich weniger Insekten in der Luft, sodass sich die Jagd für die Fledermäuse weniger lohnt. Aber die Expeditions-Teilnehmer haben Glück. Nach wenigen Minuten schon tauchen am Himmel über ihren Köpfen mehrere Fledermäuse auf. Die Kinder sind begeistert: „Wahnsinn, wie hoch die mit der Stimme kommen und dass der Mensch die gar nicht wahrnehmen kann“, sagt die zwöfjährige Anna. Das sind schließlich richtige „Tenöre“, diese Fledermäuse. Langsam geht es vom Wald wieder in Richtung Dorfmitte. Die Kinder lassen ihr frisch erworbenes Fledermauswissen noch einmal Revue passieren. Sie haben nicht nur etwas gelernt, sondern dazu auch erlebt. Und wenn beides zusammen kommt wie bei der Fledermaus-Safari, lernt es sich besonders leicht.

Markus Trennheuser


Kontakt

Naturpark Saar-Hunsrück e. V.
Trierer Str. 51
D-54411 Hermeskeil

Tel.:     (06503) 92 14-0
Fax:     (06503) 92 14-14

E-Mail:
naturerlebnis@naturpark.org
Rolf.klein@gmx.de (Fledermaus-Guide)

www.naturpark.org

Treffpunkt

Naturpark-Infostelle Haus Saargau Wallerfangen
Zum Scheidberg 11
66798 Wallerfangen

Witterungsangepasste Kleidung und festes Schuhwerk sowie Taschenlampe werden empfohlen.

Öffnungszeiten

Start der der Fledermaus-Safari wird bei Anmeldung bekannt gegeben.
Ansonsten sind die Wanderwege ganzjährig begehbar.
Sondertermin für 2017: Fledermaus-Safari-Termin während der saarländischen Sommerferien am 4. August.

Eintritt

Erwachsene: 6,- €,
Kinder: 4,- €,
Familien: 12,- €.

Anfahrt

Über A 620 bis zur A 620-Ausfahrt 2-Wallerfangen, Ausfahrt nehmen und dann auf Wallerfangerstraße Richtung Wallerfangen. Danach über die Hauptstraße, die Lothringerstraße und die Schlossbergstraße bis zum Scheidberg in Wallerfangen weiterfahren.



Über dieses Thema wurde auch in der Sendung "Region" am 25.07.2017 auf SR 3 Saarlandwelle berichtet.

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