Denkmal der Industriegeschichte - Denkmal in die Zukunft
Das Saarpolygon in Ensdorf
Seit September 2016 prägt das Saarpolygon in Ensdorf das Bild des Saarlandes - ein Denkmal mit sprichwörtlichem Weitblick und zugleich ein Blick in die Vergangenheit - die traditionsreiche Bergbaugeschichte an der Saar.
Es ist ein wunderschöner Frühlingsvormittag. Auf der Halde Duhamel, auf der weitläufigen Plattform, auf der das Saarpolygon steht, und auf dem begehbaren Denkmal selbst tummeln sich mehrere Schulklassen. Ein kühler Wind geht hier oben. Im Tal hat ein T-Shirt gereicht, und warm geworden vom Aufstieg ist mir auch nicht, da Volker Hagelstein, Vorstandsmitglied des Vereins BergBauErbeSaar e. V. mich hinauf chauffiert hat.
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Währenddessen konnten wir uns über das Saarpolygon unterhalten: Die Landmarke, das Tor in die Zukunft, das Zeichen für Wandlung, das Denkmal für das Ende der Bergbau-Ära an der Saar. Es hat viele Bedeutungen und prägt seit September 2016 das Bild des Saarlandes – denn man erkennt das Polygon von weitem, aus vielen Richtungen. Und vor allem – man sieht von der Aussichtstribüne des Polygons sehr, sehr weit. Bis zum Schaumberg nach Tholey bei klarer Sicht, über Saarlouis, Dillingen, die Saar, bis nach Frankreich … Die Dillinger Hütte ist schon zu sehen, wenn man am Fuße des Polygons steht. Rauch steigt aus den Schornsteinen, eine schöne Verbindung der Meilensteine in der Industriegeschichte des Saarlandes, sagt Volker Hagelstein. Er kommt aus dem Schwärmen nicht mehr raus.
Der Verein BergBauErbeSaar ist stolz auf sein Denkmal: Nun steht es endlich, nachdem die Baupläne noch einige Male überarbeitet wurden, um Kosten zu sparen. Zum Beispiel wurde statt der ursprünglich geplanten Schweißtechnik eine Schraubtechnik angewendet. Nach mehrjähriger Planung wurde im November 2015 mit dem Bau begonnen, Eröffnung war im September 2016: Da stehen wir nun auf der zugigen Plattform vor dem fertigen Saarpolygon. Apropos schöner Frühlingstag. Der leichte Wind fühlt sich kühl an, hier ist man dem Wetter voll ausgeliefert. Im Winter und bei mehr Wind hält man es hier kaum aus. Aber jetzt, wo es wärmer wird, ist der Zuspruch wirklich groß, erzählt Volker Hagelstein nicht ohne Stolz. Schüler, Wanderer, Touristen, Menschen, die sich dem Bergbau verbunden fühlen oder einfach ihrer Heimat, dem Saarland: Alle klettern hier hoch und genießen die Aussicht. Gut 30 Minuten dauert die Wanderung nach oben. Fotografen brächten hier oft Stunden zu, erzählt er, und machten Fotos von dem architektonisch faszinierenden Bauwerk.
Volker Hagelstein spricht ununterbrochen über das Polygon, beschreibt die Aussicht, erklärt mir genau, wie es gebaut wurde, und fragt die Schüler, die gerade auf der Halde unterwegs sind, interessiert, wo sie her kommen. Er ist gleichzeitig Mitförderer der Landmarke und einer seiner größten Fans: Lang hat es gedauert, aber jetzt steht das Saarpolygon endlich und gehört nun zu einem der spannendsten Ausflugsziele im Saarland. Und das behauptet nicht nur Volker Hagelstein.
Das Polygon verschlägt einem wirklich den Atem – in vielerlei Hinsicht. Bei unserer Anfahrt, hoch auf die Bergehalde Duhamel, sieht man es nur ganz klein, wie schon auf meinem Weg von Saarbrücken, von der Autobahn 620 aus. Als wir dann aus dem Auto aussteigen und direkt drauf zulaufen, wird es immer größer. 30 Meter hoch ragt das Gebilde mitten auf der Halde hoch in den Himmel, rund um das Polygon stehen nur ein paar Bänke zum Ausruhen und Aussicht genießen und einige Infotafeln. Dort oben befinden wir uns circa 150 Meter über dem Saartal. Zu der rund 35 Meter überspannenden Quertribüne führen von beiden Seiten Stufen in die Höhe. Die Aussichtsplattform wiegt rund 60 Tonnen. Wenn man dann um das Saarpolygon herumläuft, sieht man nach ein paar Schritten immer wieder eine andere Form: Der Grundriss des Polygons ist ein „Z“. Man kann einen rechteckigen Torbogen sehen, ein auf dem Kopf oder auf der langen Seite stehendes Dreieck oder es ist eher ein „X“ mit Querstrich oben.
Im Juni 2012 endete nach über 250 Jahren der Steinkohlenbergbau an der Saar. Unterhalb der Halde kann man dazu eine Dauerausstellung besuchen. Hier ist unter anderem auch das letzte Stück Kohle, das an der Saar gefördert wurde, ausgestellt. Vorbild für das Polygon sind ähnliche Landmarken im Bergbaugebiet an der Ruhr. Eine begehbare Stahlkonstruktion, die je nach Perspektive ihre Gestalt verändert und neben der Erinnerung an den Bergbau auch den Wandel und die Veränderungen in der Zukunft symbolisiert: „Eine geniale Idee!“, sagt Volker Hagelstein. Diesen Einfall hatten die Berliner Architekten Pfeiffer und Sachse, die als Sieger aus dem von der RAG Aktiengesellschaft im Jahr 2011 europaweit ausgeschriebenen Ideenwettbewerb hervorgegangen waren. 147 Entwürfe wurden eingereicht. Als Partner für den Stahlbau wurde das Unternehmen Claus Queck aus Düren gewonnen.
Saarbergbau im kollektiven Bewusstsein halten
Und wie kam es überhaupt zu der Idee, dieses Denkmal zu errichten? Nach dem Ende des Bergbaus an der Saar gründete sich der Verein BergBauErbeSaar e. V. „Mit der Errichtung einer Landmarke als Identifikationspunkt sollen die technischen und sozialen Leistungen des Saarbergbaus und seiner Beschäftigten, die das Saarland im besonderen Maße geprägt haben, im kollektiven Bewusstsein gehalten werden.“ So wird der Verein zitiert. Mitte September letzten Jahres wurde das Polygon offiziell eröffnet und der Verein hat sein Ziel erreicht: mit vereinten Kräften.
Die rund zwei Millionen Euro Baukosten hat sich der Förderverein BergBauErbeSaar e. V. mit der RAG AG, der RAG-Stiftung und der saarländischen Landesregierung geteilt. Außerdem wurde das Polygon durch Spenden finanziert: Für 1.000 Euro konnte man eine Treppenstufe im Inneren des Polygons kaufen. Auf den Stufen wurde jeweils eine Plakette mit den Namen des Spenders angebracht. Übrigens: 132 Stufen geht es auf der einen Seite hinauf und 133 Stufen auf der anderen Seite hinunter. Warum eine mehr? Volker Hagelstein erklärt: „Das Plateau ist ganz leicht geneigt, die Neigung musste ausgeglichen werden, deshalb ist der eine Turm eine Stufe höher.“ Das Polygon ist aus Stahlträgern nach einer Fachwerk-Technik gebaut worden. „Das Trägergerüst erinnert an den Eiffel-Turm in Paris“, sagt Volker Hagelstein. Oben dann rücken alle Fakten, der Aufstieg und Vergleiche mit anderen weltberühmten Bauwerken in den Hintergrund: Der Ausblick über das ganze Saarland ist wunderschön. Bei blauem Himmel und freier Sicht schlägt das Herz eines jeden Saarländers höher und das Rätseln beginnt: „Das dahinten ist doch …?“ Hier kann man sich lange aufhalten und einfach genießen.
Das Saarpolygon in Ensdorf auf der Bergehalde Duhamel ist wirklich einen Ausflug wert. Packen Sie sich eine Flasche Wasser ein und marschieren Sie entspannt den Berg hinauf! Eine echte Saarland-Genießer-Tour ohne Eintritt, mit viel geschichtlichem Hintergrund, Erinnerungen an die Bergbauzeit, freiem Blick in die Zukunft und ins Land und der Erkenntnis: Das Saarpolygon bietet zwar vor allem von unten viele Betrachtungsweisen und Perspektiven, aber am schönsten ist das „Erlebnis Polygon“, wenn man oben drauf steht.
Julia Becker
Kontakt
BergBauErbeSaar e. V.
Provinzialstraße 1
66806 Ensdorf
Tel.: (06831) 76 93 710
E-Mail: geschaeftsstelle@bergbauerbesaar.de
www.bergbauerbesaar.de
Öffnungszeiten
Täglich 8.00 - 18.00 Uhr
Eintritt
Der Eintritt ist frei.
Anfahrt
Sie erreichen das Saarpolygon über die A 620, nehmen Sie die Abfahrt 4b Ensdorf und folgen Sie den Schildern zum RAG-Gelände bzw. der Bergehalde Duhamel.
Tipps
Der Eintritt ist frei und die Aussichtsfläche ist immer frei zugänglich, aber Sie dürfen gerne für den Verein BergBauErbeSaar spenden. Gastronomie gibt es auf der Bergehalde Duhamel nicht. Auch die Möglichkeit nach oben gefahren zu werden, ist nur eingeschränkt möglich. Mit dem Privat-PKW ist das Polygon nicht erreichbar.
Unterhalb des Polygons gibt es eine Dauerausstellung zum Andenken an den Saarbergbau. Dort ist auch das letzte Stück Kohle, das im Saarland gefördert wurde, ausgestellt.