Meeresgott mit Hirschgeweih?
Die Geheimnisse der Römerhalle Bad Kreuznach
Römische Gottheit oder doch eine Keltische - oder eine Mischung? Ein Mosaik in der Römerhalle Bad Kreuznach gibt seit Jahren den Archäologen Rätsel auf. Es zeigt ein Bildnis eines gehörnten Meeresgottes. Aber nicht nur für Archäologieinteressierte lohnt ein Besuch der Römerhalle einen Besuch wert. Ebenso gibt es ein Puppentheatermuseum, das Schlossparkmuseum für bildende Kunst und eine kleinen, aber attraktive Parkanlage zu entdecken.
Sein Haar fällt in langen Locken bis auf die Schulter. Um den Hals windet sich eine Schlange. Aus dem Kopf ragen die Spitzen eines Geweihs und kleine Äste mit Blättern. Um ihn herum tummeln sich Fische im Wasser. Dieses merkwürdige Bild stammt von einem der bedeutendsten römischen Mosaikfunde nördlich der Alpen – und einem der geheimnisvollsten.
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Denn das, was da abgebildet ist, deuten die einen als Oceanus, den Gott alles fließenden Wassers, der bei den Römern auch für schöpferischen Überfluss stand, die anderen sehen in ihm Cernunnos, eine keltische Waldgottheit. Wieder andere glauben an eine Verschmelzung der beiden Gottheiten. Merkwürdig das alles, aber diese Villa in Bad Kreuznach birgt ja noch weitere Geheimnisse.
Rätsel um Rätsel
Begonnen hat das Archäologenrätsel Ende des 19. Jahrhunderts. Damals war es sehr populär, sich mit den Resten der Antike zu beschäftigen. Ein Verein von interessierten Hobbyforschern stieß auf die Reste einer römischen Villa. 1894 wurde dann ein Fußbodenmosaik mit Szenen von Gladiatorenkämpfen und Tierhatz ausgegraben, ähnlich dem, das im saarländischen Nennig freigelegt wurde. Die verschiedenen Galdiatorentypen werden hier sehr präzise in Aktion gezeigt, der schwer bewaffnete Thraex oder der Retiarius mit dem Wurfnetz und dem Dreizack beispielsweise.
Der luxuriöse Boden war Teil einer sehr großen und prächtig ausgestatteten Villa mit fließendem Wasser und Kanalisation, Wandmalereien und teilweise mit Marmor verkleideten Wänden. Fußbodenheizung und mehr als 50 Zimmer allein im Erdgeschoß, dem untersten von drei Stockwerken, lassen den Reichtum der Besitzer ahnen. Dieses Anwesen mit 5.600 Quadratmetern Grundfläche war mehr als ein gepflegtes Landhaus, es war eine Palastvilla. Eine Säulenhalle zog sich repräsentativ über die gesamte Nordseite, eine Wasserleitung, von einer unterirdischen Quelle gespeist, umfloss den Vorratsraum, der so gekühlt wurde. Ein antikes Wasserspiel unterhielt Gäste wie Besucher. Wer hier wohnte, konnte sich den Luxus der römischen Oberschicht leisten.
Wer war der Besitzer dieses Palastes. Die Spekulationen reichen von einem wohlhabenden römischen Händler bis zu einem hohen Offizier der Streitkräfte. Oder vielleicht ein Veteran des Militärstützpunktes im nahegelegenen Mainz? Der Stützpunkt war per Schiff über die Nahe leicht zu erreichen und doch weit genug weg, um nicht den Angriffen der Germanen gegen die römische Rheingrenze unmittelbar ausgeliefert zu sein. Vielleicht war er aber auch ein reicher Fischhändler? Dafür sprechen die Szenen von Fischern auf dem zweiten großen Mosaik, das in Bad Kreuznach entdeckt wurde, das Oceanusmosaik.
Oceanus oder Cernunnos?
Das Merkwürdige an diesem Mosaik ist die Vermischung von Oceanus-Symbolen und denen des keltischen Gottes Cernunnos. Der römische Wassergott hat normalerweise Korallenäste oder Krebsscheren im Haar, der keltische Gott dagegen ein Geweih und Äste von Bäumen. Dieser hier ist zwar mit Geweih und Laub geschmückt, aber er schwimmt im Wasser und ist von Fischen umgeben. So, wie sich die Kulturen der Kelten und der Römer damals vermischten, scheint das auch bei diesen Göttern der Fall gewesen zu sein.
Das Oceanusmosaik wurde erst 1966 entdeckt. Seine Freilegung führte dazu, dass in den 1970er Jahren weitere Grabungen stattfanden. Deren Funde werden neben den Mosaiken in der sehr ansprechend gestalteten Römerhalle präsentiert. In dem lichtdurchfluteten Klinkerbau sind bemalte Wände der Villa rekonstruiert und die Mosaiken harmonisch in den Raum eingefügt.
Da gibt es etwa sehenswerte Glasgefäße und römische Grabsteine. Diese stammen jedoch von einer Hilfstruppe, die in Bingerbrück stationiert war. Die Soldaten wurden, wie damals üblich, entlang der Landstraße beerdigt, ihre Grabstelen fanden später Verwendung bei der Uferbefestigung und wurden erst mit dem Bau des Bahnhofs wieder entdeckt. Auf verschlungenen Wegen gelangten sie erst in die Privathaushalte interessierter Bad Kreuznacher, bevor sie dauerhaft im Museum untergebracht wurden.
Neben dem Museum finden sich noch Mauerreste der Palastvilla, die ahnen lassen, welche Ausmaße dieser Bau ehedem hatte, obwohl die Hälfte heute unter der Straße und moderner Bebauung versteckt ist.
Puppentheater, Kunst, Spaziergänge
Nicht nur für Archäologieinteressierte ist die Römerhalle einen Besuch wert. Eingebettet in die ansprechende Architektur des ehemaligen Ritterguts Bangert liegt sie in der unmittelbaren Nachbarschaft zu einem Puppentheatermuseum, dem Schlossparkmuseum für bildende Kunst und einer kleinen, aber attraktiven Parkanlage, die einen Spaziergang lohnen. Während eines Bummels um den Weiher des Parks, kann man dann über die Frage nachdenken, wie es einen Ozeangott tief in das Festland der römischen Provinz verschlagen hat.
Stefan Miller
Kontakt
Römerhalle Bad Kreuznach
Hüffelsheimer Str. 11
55545 Bad Kreuznach
Nähe Schlossparkmuseum und Museum für Puppentheaterkultur
Verwaltung: Erika Breckheimer
Tel.: (0671) 92 07 782
E-Mail: museumsinfo@bad-kreuznach.de
Öffnungszeiten
Di. 10.00 - 13.00 Uhr,
Mi. - Fr. 10.00 - 16.00 Uhr,
Sa., So. 10.00 - 17.00 Uhr.
Eintritt
Einzelkarte: 4,- €,
Ermäßigt: 3,- €,
Familie I (1 Erw., 1 Kind): 5,- €,
Familie II (Eltern mit Kindern) 7,- €.
Anfahrt
Mit dem Auto: A 6, A 63 und A 61 bis B 48 in Bretzenheim folgen, auf B 41 Ausfahrt B 48 nehmen B 48 folgen, bis Hüffelsheimer Straße in Bad Kreuznach fahren (circa 1,5 Sunden, 150 Kilometer). Mit dem Bus ist das Museum über die Linie 203 Richtung Agnesienberg (Haltestelle Schlossparkmuseum) zu erreichen.
Über dieses Thema wurde auch in der Sendung "Region" am 14.07.2017 auf SR 3 Saarlandwelle berichtet.