Nicht nur gucken, auch anfassen
Die Sammlung religiöser Hüte in St. Ingbert
Mit einem rotem Kardinalsbirett aus Rom begann für Dieter Philippi 1989 seine Sammelleidenschaft für religiöse Hüte. In den "Katakomben" seines Firmengebäudes in St. Ingbert sind heute mehr als 600 Exemplare zu bestaunen und sogar zu berühren - ein Erlebnis, das über gewöhnliche Ausstellungen hinaus geht.
Am Anfang hielt sie ihn für bekloppt. „Die verkaufen dir doch niemals diesen Hut“, hatte sie gesagt. „Du bist doch kein Kardinal.“ Dieter Philippis Frau hatte natürlich recht. Ihr Mann ist kein Kardinal. Doch als er im Jahr 1989 ins Schaufenster der Schneiderei Gammarelli in Rom blickte, musste er das rote Kardinalsbirett einfach haben. Also betrat er den Laden der Papstschneiderei und fragte, ob er solch einen viereckigen Bommelhut als Souvenir mit nach Hause nehmen dürfe. Er durfte. 40 Mark kostete das Stück und begründete eine Sammlung, die anders ist, als viele andere.
Audio
Denn wer die inzwischen auf knapp 600 Ausstellungsstücke angewachsene Sammlung religiöser Hüte sehen will, muss sich erst seinen Weg durch Katakomben bahnen. Durch die Eingangshalle der Herweck AG, deren Geschäftsführer Dieter Philippi gemeinsam mit seinem Geschäftspartner ist, geht es in verwinkelten Gassen bis tief hinein in den Keller des Firmengebäudes. Die schwere Metalltür knallt ins Schloss und der Besucher fühlt sich fast, als befinde er sich tief unter dem Vatikan. Denn dort, in den heiligen Hallen der Hutsammlung, zeigt sich dem Besucher ein beeindruckendes Bild, nachdem der Türöffner mit einem Piep den Zugang freigegeben hat.
Stahlregale türmen sich in dem etwa wohnzimmergroßen Raum. Ein undefinierbarer Duft, der sich als künstlicher Leinengeruch entpuppt, liegt in der Luft, die das ganze Jahr über gleichbleibend 20 Grad warm ist und auf 40 Prozent Feuchtigkeit gehalten wird. Das sei wichtig, sagt der selbst in der Kirche aktive Hutsammler, denn die Schmuckstücke aus Pappe und Stoff würden einen ständigen Wechsel der Luftverhältnisse nur schwer ertragen. Viele der Ausstellungsstücke lagern deshalb auch gut verschlossen in Papiertüten – was nicht bedeutet, dass man sie nicht zu sehen bekommt. Im Gegenteil.
Mehr als ein Museum
Bei Dieter Philippi bekommt der Besucher mehr, als in den meisten Museen. Denn hier im Keller des Unternehmens genehmigt er seinen Besuchern, seine besten Stücke auch mal anzufassen. Wie sieht der Hut von innen aus, wie fühlt er sich an, samtig, geschmeidig, ledrig? All das erfahren die Gäste nach einer rund einstündigen Powerpointpräsentation, bei der Philippi zunächst Bilder zeigt und erklärt, wie er an den einen oder anderen Hut gekommen ist.
Die Geschichten sind mitunter abenteuerlich. Etwa die des Armeehuts mit eingesticktem Kreuz. Ein katholischer Militärkaplan der US-Streitkräfte trug ihn während des Irakkriegs an vorderster Front. Als er später in Ramstein stationiert war, hörte er von der Hutsammlung und bot Dieter Philippi seine Kopfbedeckung an, mit den Worten, es sei eine Ehre, ihn in der Sammlung zu wissen. Oder die Kopfbedeckung des armenischen Bischofs in Köln, die Dieter Philippi nur bekam, weil der koptisch-orthodoxe Bischof in Deutschland ein gutes Wort für ihn eingelegt hatte. Viele Würdenträger fürchten, dass die Hüte bei Fastnachts-Umzügen zum Einsatz kommen oder gar als Tarnkleidung für Terroristen während eines Anschlags dienen könnten. Bislang gelang es Philippi jedoch immer, sich glaubwürdig als ein seriöser Sammler darzustellen. Und so summierten sich seine Sammlerstücke über die Jahre.
Heute ist die Sammlung nach Religionen aufgeteilt. Da finden sich die römisch-katholischen Hüte direkt am Eingang, von der nach Bommelmütze aussehenden Kopfbedeckung bis zum Pendant der jüdischen Kippa, die ein Regal weiter in vielfacher Ausführung und in dutzenden Farben neben Nerz-Hüten in Tortenform liegen. Da gesellen sich zu farbenfrohen Hüten der äthiopisch-orthodoxen Kirche ebenso farbenfrohe Exemplare des Caodaismus, einer Offenbarungsreligion aus Vietnam, deren Symbol ein allsehendes Auge ist, das dem Betrachter von den Hüten im Regal entgegenblickt. Spitzhüte, Hüte mit Schleiern, Kopftücher und Pelzhüte.
Es gibt kaum ein Exemplar, das Dieter Philippi noch nicht in seiner Sammlung hat. Ist das nicht eigentlich viel zu schade, um selten gesehen in einem Kellerraum zu liegen? Ja, findet auch Philippi selbst, weshalb er plant, irgendwann ein echtes Museum zu eröffnen. Doch wer weiß, ob all die bunten religiösen Hüte dann noch aus nächster Nähe nicht nur zu besichtigen, sondern auch fühlbar sein werden. Es lohnt sich also, schon jetzt den Weg durch die Katakomben von Dieter Philippis Unternehmen zu wagen. Er verspricht ein Museumserlebnis, das viele andere Ausstellungen nicht bieten können.
Christian Ignatzi
Kontakt
Sammlung Philippi
Herweck Park
Geistkircher Str. 18
66386 St. Ingbert-Rohrbach
Tel.: (06894) 38 830
E-Mail: Kontaktformular auf der Webseite.
www.dieter-philippi.de
Öffnungszeiten
Nach Vereinbarung.
Eintritt
Der Eintritt ist frei.
Anfahrt
Von Saarbrücken über die A 620 auf die A 6 Richtung Kaiserslautern. Bei der Ausfahrt 7-Rohrbach auf die B 40 Richtung Rohrbach/Blieskastel/ Kirkel fahren, rechts abbiegen und im Kreisverkehr auf das Firmengelände fahren.