Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Christian Job  

Der TV-Mann Dieter Moor konnte vor zwei Jahren mit "Geschichten aus der arschlochfreien Zone" einen sensationellen Bucherfolg landen. Jetzt gibt es Nachschub: neue Anekdoten aus dem brandenburgischen Landleben.


Frisches aus arschlochfreien Zone. Abenteuer in Brandenburg

Dieter Moor

Rowohlt TB
ISBN 13: 9783499627620
Preis: 9,99 Euro


(19.12.2012) Dieter Moor ist ein Schweitzer Gottschalk. Mehr noch: Mit hohem Unterhaltungswert vermittelt er im Kulturmagazin "Titel, Thesen, Temperamente" im Ersten schwere Kulturkost mit der nötigen Prise Humor und Leichtigkeit und im Sommer ist er im grünen VW unterwegs und füllt die Reisedokumentation "Bauer sucht Kultur" mit Leben.

Der Medienmann agiert in Berlin, der private Dieter Moor ist mit seiner Frau schon vor Jahren nach Brandenburg an den vielzitierten Hintern des Universums gezogen - eine Autostunde von Berlin entfernt. In Amerika, so heißt das Dorf im Buch, laufen die Dinge nämlich herrlich langsam.

Die kauzig-schrulligen Brandenburger, die kein Wort zuviel reden aber das Herz am rechten Fleck haben, sind mittlerweile zu Freunden geworden und Moor und seine Frau Sonja auf ihrem Demeter-Hof heimisch. Und wenn man abseits des Großstadttrubels abschaltet, passiert nicht viel, außer, dass der Traktor kaputt geht... Dennoch sind es spannende und witzige Seiten, wenn beschreiben wird, wie Dieter Moor mit einem Schweizer Freund zusammen einen alten Hürlimann wieder zum Laufen bringt - ein eidgenössisches Meisterwerk der Arbeitstechnik.

Da wird zuerst unter dem kritischen Blick der Dorfgemeinschaft alles zerlegt, um eine neue Kupplungsscheibe einzubauen. Als wegen eines gebrochene Herzbolzens der antike Schlepper ein Schrottmodell zu werden droht, wird ein Dreher in einer nahegelegen Schiffswerft zum Retter und das Happy End erhält noch eine besondere Fräsung.

Es ist die Coolness, mit der Moor die Alltagsdramen beschreibt - zum Beispiel wie man ein frisch geborenes Kälbchen rettete. Aber die Landromantik ist nicht übertrieben. Das ist nicht unsere kleine Farm in Brandenburg, denn auch Moors Rinder sind zum Essen. Biofleisch wie es sein soll.

Zum Vieh menschelt es aber auch. Alice, ein Stadtkind, sucht sich Moor und seine Frau als Landeltern aus und kommt ständig zu Besuch. Der altgescheite Teeny erobert die Herzen der Bauersleute. Offene Gespräche mit viel Herzenswärme rühren an und sind zielbringender als mancher Erziehungsratgeber.

Moor kann mit noch ruhigeren Geschichten an den ersten Band anknüpfen. Die Beschreibung der balgenden Fuchsfamilie in der ungestörten Natur ist wie die heiße Tasse Tee zum Abschalten von der Hektik. Ruhe und Gelassenheit zählen. Lieber einmal mehr als mehrmals weniger .

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