Krieg ist nur vorne Scheiße, hinten geht’s

Barbara Grech  

Gregor Weber ist hier im Saarland kein Unbekannter, ob als Tatort-Kommissar Deiniger wurde oder auch als Koch und Autor. Nun ließ er sich Reservist der Bundeswehr reaktivieren und ging mit der Truppe nach Afghanistan. Darüber hat er ein Buch geschrieben. Barbara Grech hat es gelesen.


Gregor Weber

Krieg ist nur vorne Scheiße,
hinten geht's!
Ein Selbstversuch.

Droemer Knaur
ISBN: 978-3-426-27610-5
18.- Euro

(30.04.2014) Ehrlich gesagt, das Buch hätte ich wahrscheinlich gar nicht in die Hand genommen, wäre nicht dieser wunderbare Titel: "Krieg ist nur vorne Scheiße, hinten gehts!" Dieser trockene Humor ließ mich dann doch neugierig werden und ich war überrascht, wie ehrlich und analytisch Gregor Weber seinen Afghanistan-Tripp beschreibt.

"Routinefahrt! Was immer auch das heißen mag in Afghanistan. Die Augen werden wie gehetzt hin und her flitzen, die Landschaft absuchen nach Hinweisen. Man wird dauernd an der Sicherung seiner Waffe herumdoktern, sich vergewissern. Vor der Abfahrt wird man zehnmal nachsehen, ob Gewehr und Pistole wirklich geladen und bereit sind. Dann sagt man abends am telefon zu seiner Frau: ist nur eine Routinefahrt morgen. Weil man weiß, dass die zu Hause erst recht keine Panik kriegen dürfen"

Es geht mehr als nur um eine narzistische Attitude eines Schauspielers, der mal die Grenzerfahrung in Afghanistan sucht. Gregor Weber stellt sich viel mehr die Frage was der Einzelne tun kann um sich für Demokratie und Freiheit zu engangieren, ja zu kämpfen.

"Weil ich in einem Land lebe, das mich als normaler Bürger nicht zwingt, in seine Kriege zu ziehen. Dessen Verteidgung ich sogar mit Hinweis auf mein Gewissen verweigern darf. Ein Land, das es - zumindest nach den Buchstaben seiner Verfassung - selbst in größter Not hinnimmt, dass mir als seinem Bewohner die Reinheit des eigenen Gewissens wertvoller ist als die Freiheit aller."

Ok, das klingt jetzt ein bißchen nach falschem Pathos, doch Weber begründet mit Beispielen und Schilderungen seiner Reaktivierung in der Bundeswehr, warum er diese Institution für wichtig hält und stellt sich die Frage ob und wieviel Gewalt im Spiel sein muss um Demokratie und Freiheit zu verteidigen. Dies schildert er oftmals mit einem zwinkernden Auge und glaskarem Verstand. Auch seinen Alltag in Afghanistan, wo er als Presseoffizier Dienst tat und mehr Zeit hinter den Mauern des Bundeswehrlagers als im Land verbrachte, beschreibt Weber klar und ehrlich, ohne die Distanz zu verlieren.

"Der Einsatz liegt jetzt ein halbes Jahr hinter mir. Und ich denke immer wieder an das Land. An die Menschen. Manche Gesicher kann ich mir nicht vor Augen rufen, ohne Angst und Trauer zu spüren. Weil ich nicht weiß, ob sie ihr feines, offenes afghanisches Lächeln noch zeigen. Ich wünsche mir, so naiv es klingen mag, dass am Ende alles gut wird in Afghanistan. Ich will immer noch daran glauben, dass unser Einsatz dort einen Unterschied macht. Alles andere wäre schrecklich. Schrecklich traurig."

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