Tilla Fuchs zu Claire de Oliveira: "Sie möchte Werke erklären und vermitteln"

Claire de Oliveira mit Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis ausgezeichnet

  30.08.2024 | 10:00 Uhr

Der mit 10.000 Euro dotierte Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis der Stiftung des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes (Stiftung ME Saar), der Stadt Sulzbach und des Saarländischen Rundfunks (SR) würdigt das Andenken des bedeutenden Sulzbacher Übersetzers und Autors. In diesem Jahr geht der Preis an die französische Übersetzerin Claire de Oliveira.

"Wörter werden umso geheimnisvoller, je tiefer man sie ergründet." Diese Erfahrung machte Claire de Oliveira bereits als Kind. Im Alter von zehn Jahren versuchte sie, das Libretto von Mozarts Zauberflöte ins Französische zu übertragen.

Neuübersetzung deutscher Klassiker

Mehr als 50 Jahre später hat Claire de Oliveira wichtige Klassiker der deutschsprachigen Literatur neu übersetzt, etwa Joseph Roth, Elias Canetti, Franz Kafka oder Thomas Manns "Zauberberg", den sie in einer vielfach preisgekrönten Übersetzung dem französischen Publikum völlig neu zugänglich macht - indem sie den Text "ohne Gefälligkeit und Anachronismus modernisiert, (…) das Süßliche ausmustert, die Wortspiele wiederherstellt, die der Mannschen Prosa ihren vollen Geschmack und ihre ganze Leichtigkeit, ja sogar ihren Humor zurückgeben - eine Sache, die in der ersten Version gar nicht erst wahrgenommen wurde," schrieb Le Monde.

Die Übersetzerin der Nobelpreisträger - Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis an Claire de Oliveira
Audio [SR 2, (c) SR, 29.08.2024, Länge: 12:59 Min.]
Die Übersetzerin der Nobelpreisträger - Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis an Claire de Oliveira
In diesem Jahr geht der mit 10.000 Euro dotierte Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis an die Übersetzerin Claire de Oliveira. SR 2-Literaturredakteurin Tilla Fuchs hat mit der 1961 geborenen Französin über ihre Auszeichnung gesprochen.

Vermittlerin rumänischer Literatur

Claire de Oliveira übersetzt außerdem prominente aktuelle Literatur aus Deutschland etwa von Iris Wolff, Botho Strauss oder Jenny Erpenbeck (International Bookerprize 2024). Seit 1996 übersetzt sie außerdem die Werke der Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller.

Darüber hinaus macht Claire de Oliveira, mit dem Land des ehemaligen Ostblocks vertraut, dem französischen Publikum auch rumänische Literatur zugänglich. In der Begründung der Jury des Eugen Helmlé Übersetzerpreises heißt es:

Claire de Oliveiras Übersetzungen zeichnen sich durch Kreativität, Texttreue und eine genaue Kenntnis des literarischen und historischen Kontexts aus, in denen die übertragenen Werke entstanden sind. Für de Oliveira sind Literaturwissenschaft und Übersetzung „kommunizierende Röhren, die einander bedingen“. Es sind ihre werktreuen und präzisen Übersetzungen, etwa von Herta Müllers Roman „Atemschaukel“, die die Jury überzeugt, ja teils verblüfft haben.

Am Montag, den 9. September, um 19.00 Uhr wird der Preis in der AULA in Sulzbach verliehen – verbunden mit einer Lesung aus Thomas Manns "Zauberberg". SR 2 KulturRadio sendet einen Mitschnitt der Veranstaltung am Mittwoch, 18. September, 19.15 Uhr in "Literatur im Gespräch".


Die Autorin

Claire de Oliveira, *1961, arbeitet als Übersetzerin und Literaturwissenschaftlerin. An der Pariser Université de la Sorbonne unterrichtet sie deutschsprachige Lyrik, Übersetzung und Übersetzungswissenschaft. Claire de Oliveira ist Vorsitzende der Jury des Nerval-Goethe-Preises und seit 2017 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.

Die Jury

Die Jurorinnen des Eugen Helmlé Übersetzerpreises 2024 waren die Berliner Journalistin Susanne von Schenck, die Literaturbeauftragte der Direction Régionale des Affaires Culturelles (DRAC) der Region Grand Est in Metz, Colette Gravier, und Tilla Fuchs, Literaturredakteurin (Saarländischer Rundfunk).

Der Preis

Der Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis ist längst Teil eines dichten Geflechts deutsch-französischer, kultureller Verbindungen unserer beiden Länder. Gerade Übersetzerinnen und Übersetzer leisten mit ihrer Arbeit hierfür einen wertvollen Beitrag und bringen uns unseren Nachbarn näher. Damit das gelingt, müssen sie tief in die Kultur des anderen eintauchen und nehmen die Leserinnen und Leser mit.

Bisherige Preisträger und Preisträgerinnen

Die bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger waren Tobias Scheffel (2005), Claude Riehl (2006), Andrea Spingler (2007), Nicole Bary (2008), Lis Künzli (2009), Olivier Le Lay (2010), Holger Fock und Sabine Müller (2011), Alain Lance und Renate Lance-Otterbein (2012), Jürgen Ritte (2013), Cécile Wajsbrot (2014), Hinrich Schmidt-Henkel (2015), Anne Weber (2016), Simon Werle (2017), Olivier Mannoni (2018), Sonja Finck (2019) Corinna Gepner (2020), Andreas Jandl (2021), Barbara Fontaine (2022) und Nicola Denis (2023).

Ein Thema in der Sendung "Der Morgen" am 30.08.2024 auf SR 2 KulturRadio.

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