Andrew O'Hagan „Caledonian Road“

Der Brite Andrew O'Hagan mit „Caledonian Road“ sein erzählerisches Hauptwerk vorgelegt: Einen knapp achthundertseitigen Roman über den Aufstieg und Fall eines klassischen Selfmademan, der in den bisweilen eisigen Höhen der britischen Upper Class schmerzvoll an seine Grenzen stößt.

Mit seinem Roman „Leuchten über Blackpool“ (2018) und dem Sachbuch „Das geheime Leben“ (2017), in welchem er am Beispiel von drei Fällen die gefahrvollen Tiefen des Darknets beschrieb, wurde der 1968 in Glasgow geborene Andrew O’Hagan hierzulande bekannt.

Per Heirat gutbetucht

Nun hat der Brite mit „Caledonian Road“ sein erzählerisches Hauptwerk vorgelegt: Einen knapp achthundertseitigen Roman über den Aufstieg und Fall eines klassischen Selfmademan, der in den bisweilen eisigen Höhen der britischen Upper Class schmerzvoll an seine Grenzen stößt.

Für die meisten Londoner ist die Caledonian Road eine unter Tausenden in Englands Hauptstadt – für den Protagonist in Andrew O’ Hagans gleichnamigem Riesenroman aber bedeutet sie die Welt. Denn seit Campbell Flynn, der seine Jugend in schottischen Mietskasernen zubrachte, mit der mit reichlich „unsichtbarem“ Geld gesegneten Psychotherapeutin Elizabeth verheiratet ist, zählt er zu jenen Gutbetuchten, die in der „Cally“ zuhause sind, wie die Einheimischen die Straße nennen.

Klassischer Selfmademann

Der für seine in den großen Londoner Tagezeitungen publizierten Aufsätzen geschätzte Kunsthistoriker repräsentiert den klassischen Selfmademan: er lehrt am University College,  verfasst vielbeachtete Bücher über das Goldene Zeitalter der Niederlande - und bewegt sich in den allerhöchsten gesellschaftlichen Kreisen. Eine Bilderbuch-Erscheinung, über die es heißt:

„Campbell Flynn, groß und elegant und zweiundfünfzig, war eine Sprengladung im Savile-Row-Anzug. Und wenn er nun auf seiner Taxifahrt zum Fenster hinaus schaute sah er St. Paul´s im strahlenden Sonnenlicht oben auf Ludgate Hill, und die Engel von London standen an seiner Seite.“

Aufstieg und Fall

Tatsächlich könnte alles so schön sein im Leben des Campbell Flynn, wäre da nicht das leidige Thema „Geld“. So breiten sich alsbald erste Schatten über das Dasein des umtriebigen Emporkömmlings.

Lange hat man den Aufstieg und Fall eines Parvenüs, dessen Weg ihn bis in die allerhöchsten gesellschaftlichen Kreise führt, nicht mehr ähnlich unterhaltsam beschrieben gefunden. Und man muss wohl bis zu John Lancasters gewaltiger Erzählung über Geld und Status und Schulden aus dem Jahr 2012, dem Roman „Kapital“, zurückgehen, um etwas ähnlich Entlarvendes aus der Feder eines britischen Romanciers anzuführen.

Anspruch und Unterhaltungsliteratur

Das Resultat ist ein mitreißendes Buch von wahrhaft Tom Wolfe-hafter Anmaßung und Größe, dem es trotz der bisweilen allzu breitbeinigen Attitüde überzeugend gelingt, künstlerischen Anspruch mit dem Besten aus guter Unterhaltungsliteratur zu vereinen.

Andrew O'Hagan: Caledonian Road
Roman
Aus dem Englischen übersetzt von Manfred Allié und Gabriele Kampf-Allié
Ullstein Verlag
Berlin 2024
782 Seiten
30 Euro.

Ein Thema in der Sendung Canapé“ am 04.08.2024 auf SR 2 KulturRadio. Das Bild ganz oben zeigt das Buchcover von Andrew O‘Hagans "Caledonian Road" (Bildquelle: Ullstein)

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