Causa Breitz: Point of no return?!

Die Geschichte um die Künstlerin Candice Breitz und ihre abgesagte Ausstellung im Saarlandmuseum hat mittlerweile viele Kapitel und ist längst ein Teil eines großen Dramas geworden. Was bedeutet das für die Institution Museum und sein Publikum? Ein Kommentar von Kulturredakteurin Barbara Renno.

Ob in der Geschichtswissenschaft, der Luft- und Raumfahrt, der Klimaforschung, im Alpinismus, in der Physik und auch in der Sexualforschung – der Begriff des "Point of no return" bezeichnet in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen den Zeitpunkt innerhalb eines Vorgangs oder Ablaufs, von dem aus es keine Rückkehr zum Anfangs- oder Ausgangspunkt geben kann.

Das Deutsche kennt dafür den Begriff des Umkehrgrenzpunktes. Und der ist im Saarland längst überschritten. Die nicht enden wollenden gegenseitigen Beschuldigungen aller Akteure und Akteurinnen, wer was wann zu wem, weshalb, wieso, warum gesagt oder wahlweise angstbesetzt nicht gesagt hat, sind zum "Point of no return" hiesiger Kulturpolitik und hiesigen Kulturschaffens geworden.

Welche Folgen für das Publikum

Für die juristischen und eventuellen vertrags- und arbeitsrechtlichen Folgen gibt es Gerichte, die solche Fragen zu klären haben und es gemeinhin auch sorgfältig und vor allem hinter verschlossenen Gerichtstüren tun.

Was aber bedeutet diese Schlammschlacht um Personalien, ums Rechthaben, um vorschnell getroffene Entscheidungen, um Vorwürfe, Abhängigkeiten, offensichtlich zerrüttete Dienst-, Arbeits- und Vertrauensverhältnisse und auch um versuchte Instrumentalisierungen für die Institution Museum und noch wichtiger für deren Publikum?

Moderne Galerie - noch kein kompletter Jahreskalender

Für die Moderne Galerie als Flaggschiff der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz bedeutet es derzeit, dass geneigte Besucher und willige Steuerzahler Mitte Februar immer noch keinen kompletten Jahreskalender mit Ausstellungsvorschau auf der Website des Hauses vorfinden.

Mehrere schriftliche Nachfragen warten seit Ende 2023 auf ihre Beantwortung. Stattdessen wird ein Ausstellungsprojekt angekündigt, das in knapp einem Jahr, Anfang Februar 2025, in Saarbrücken an den Start gehen wird und folgenden Titel trägt: "Radikal! Künstlerinnen und Moderne 1910 bis 1950".

Abgesehen davon, dass der Begriff "radikal" längst überstrapaziert ist und derzeit seltsam fehl am Platz wirkt, sollen Künstlerinnen präsentiert werden, die zweifelsohne längst ihren Platz in der Kunstgeschichte haben – auch unter feministischen Gesichtspunkten: Louise Bourgeois etwa oder Käthe Kollwitz, der das Frankfurter Städel seine große Frühjahrseinzel-Ausstellung ab kommendem Monat widmet.

Oder auch Tamara de Lempicka, die dank Popstar Madonna und ihrer ambitionierten Kunstsammlung bereits vor 30 Jahren wieder entdeckt wurde und deren Motive mondäner Frauen als Seidenschals, Poster oder Kühlschrankmagneten längst für gute Umsätze in den Museumsshops sorgen. On verra – sagen unsere französischen Nachbarn lässig neugierig bei solchen Gelegenheiten gerne.

Überfällig: Frage nach Aufgaben und Möglichkeiten

Vielleicht ist die große Überraschung in einem Jahr dann endlich ein fundiertes Begleitprogramm ganz auf der Höhe der Zeit – mit angeregten Debatten über die Situation von Künstlerinnen im aktuellen Kunstbetrieb und über die Frage, was heutige Feministinnen-Generationen antreibt.

Und längst überfällig sind auch die Fragen nach den Aufgaben, Möglichkeiten und vor allem nach dem Selbstverständnis von Museen im 21. Jahrhundert: Warum sie neben Bibliotheken und öffentlichen Plätzen und Räumen wichtige Orte des gesellschaftlichen, meinungsfreudigen und auch kontroversen Austauschs sind – ganzjährig und selbstverständlich.

So wie es das Publikum beim Betreten und Verlassen des Hauses versprochen bekommt und nicht gleich wieder auf dem Absatz kehrtmachen muss. Crémant kann ich auch zu Hause trinken.

      

Ein Thema in der Sendung "Der Morgen" am 15.02.2024 auf SR 2 KulturRadio.

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